# taz.de -- Umzug der BBC: „Wir wollen Newsroom der Welt sein“ | |
> Die britische Rundfunkanstalt BBC ist nach 53 Jahren umgezogen. Richard | |
> Porter, Direktor bei BBC World News, erklärt warum. | |
Bild: Juchhu, die neue BBC! Mit neuem Chef Tony Hall. Vorgänger Entwistle fiel… | |
taz: Herr Porter, nach 53 Jahren ist die BBC Anfang April aus dem | |
Television Centre im Westen Londons in einen Neubau im Zentrum gezogen. | |
Wieso? | |
Richard Porter: Wir wollten Fernsehen-, Radio- und Onlineredaktionen | |
zusammenbringen. Neben dem neuen Blick, den neuen Studios, multiplen | |
Screens und vielen verschiedenen ästhetischen Möglichkeiten können wir | |
jetzt auch aus dem ganzen Gebäude senden. Zum Beispiel übertragen wir | |
Interviews aus dem 5. Stock, in dem unsere 27 Fremdsprachenbüros | |
angesiedelt sind. | |
Als Hugo Chávez gestorben ist, haben wir einen russischen, einen iranischen | |
und einen indischen Korrespondenten dort von ihren Schreibtischen | |
geschaltet. Das wirkte angenehm zwanglos, und diese Kollegen sind sofort | |
erreichbar. Es soll unsere Idee repräsentieren, der „World News Room“ zu | |
sein. | |
Was bedeutet diese Zentralisierung für die unterschiedlichen Formate? | |
Der Austausch von Informationen zwischen beispielsweise Radio und Online | |
wird leichter, wenn man tatsächlich nebeneinandersitzt und sieht und hört, | |
was der andere macht. | |
In Deutschland leiden die „alten“ Medien Print und Fernsehen unter der | |
stärkeren Konzentration auf den Onlinebereich. Stehen auch solche | |
Überlegungen hinter dem Umzug, der ja eine engere Verzahnung mit Online | |
bedeutet? | |
Davon sind wir jedenfalls nicht unberührt – außerhalb des UK werden unsere | |
Fernseh- und Webprogramme kommerziell geführt, der World News Channel | |
schaltet Anzeigen, die Website auch. Das war vor ein paar Jahren noch nicht | |
so, aber wir haben uns dazu entschieden, weil die Steuerzahler in der UK | |
sonst für einen Service bezahlten, der gar nicht innerhalb der UK genutzt | |
wird. Wir haben 70 Millionen Zuschauer in der Woche, 50 Millionen Klicks im | |
Monat. | |
Das ist also sehr profitabel, darum wird es auch keine Paywall für die | |
Website geben. Wir versuchen, die Kosten mit Werbung zu decken. Wir sind | |
zwar nicht immun gegen die aktuellen Entwicklungen, dennoch hat die BBC | |
gerade gemeinsam mit der Regierung beschlossen, die Rundfunkbeiträge nicht | |
zu erhöhen. | |
Die neuen Rundfunkbeiträge für das deutsche öffentlich-rechtliche Fernsehen | |
wird von vielen Bürgern als ungerecht empfunden. Jüngere Menschen | |
verzichten zum Teil ganz auf ARD und ZDF. Was können diese Sender von der | |
BBC lernen? | |
Unsere Probleme sind ähnlich: Auch in Großbritannien ist das jüngere | |
Publikum weniger interessiert. Aber die Situation ist anders: Die BBC | |
innerhalb der UK wird komplett durch Gebühren finanziert, ohne Werbung. Die | |
werbefinanzierten Sender finden das gut, sie wollen nicht noch einen | |
Konkurrenten – die BBC wäre allein durch ihre Größe ein starker Gegner. | |
Und die BBC selbst will das auch auf keinen Fall, weil diese Struktur die | |
Verpflichtung gegenüber dem zahlenden Publikum stärkt. Darum gibt es – | |
vielleicht im Gegensatz zu Deutschland – in Großbritanniens Bevölkerung | |
eine starke Unterstützung der Rundfunkgebühren. Die BBC ist immer noch das | |
populärste Programm in der UK. | |
Hier gibt es auch viele Fans, trotz Sprachbarriere … | |
Wir haben in Deutschland zwei Millionen deutsche Zuschauer pro Woche. Durch | |
Internet und Globalisierung wird eh immer mehr Englisch gesprochen. | |
International können wir zudem ein bisschen selektiver sein, was es | |
einfacher macht, die Leute zu erreichen, die wir erreichen wollen. Die | |
UK-interne BBC muss alle glücklich machen. | |
Kommt Deutschland durch seinen Status in der EU stärker in der | |
BBC-Berichterstattung vor als früher? | |
Ja, vor allem wegen der momentanen Eurokrise. In Großbritannien wird die | |
deutsche Meinung dazu sehr ernst genommen und viel darüber berichtet, zum | |
Beispiel in Bezug auf die Zypernkrise und die Hilfen dazu. Wirtschaftlich | |
bleibt Deutschland ebenfalls relevant. | |
Nach den Pädophilie-Vorwürfen gegen den mittlerweile verstorbenen Moderator | |
Jimmy Savile und dem Rücktritt von [1][Generaldirektor George Entwistle] im | |
November 2012 unkten einige, die BBC sei auf dem absteigenden Ast … | |
Stimmt, aber das muss man auch wieder national und international | |
unterscheiden: Viele internationale Zuschauer wissen von der ganzen Sache | |
mit Savile eher wenig, in Großbritannien haben die Menschen viel mehr | |
mitbekommen, kennen das ganze schreckliche menschliche Drama im | |
Hintergrund. Die Geschichte verursachte auf jeden Fall einen Einbruch in | |
der Wertschätzung, nach neuesten Umfragen erholt sich der Ruf der BBC aber | |
langsam wieder. | |
Gibt es einen Unterschied zwischen dem, was die Briten von ihren | |
Nachrichten erwarten, und dem Umgang mit News in anderen Ländern? | |
Na ja, große Unterschiede vielleicht nicht. Aber es hängt schon mit den | |
Strukturen zusammen: In Deutschland zeigen die vielen Sender der | |
verschiedenen Bundesländer ein unterschiedliches Programm, in | |
Großbritannien ist das zentralisiert. In den USA wird kaum über den Rest | |
der Welt berichtet, bei der BBC macht das den größten Teil aus. Das hängt | |
natürlich auch immer mit sinkenden Budgets zusammen. Aber wir glauben, dass | |
unser Publikum diese Art der Berichterstattung will. Also machen wir das, | |
optimistisch, wie wir sind. | |
23 May 2013 | |
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## AUTOREN | |
Jenni Zylka | |
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