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# taz.de -- Folgen der Volkszählung: Bremerhaven: Wir sind größer
> Bremerhaven will den Zensus 2011 gerichtlich prüfen lassen. Die Stadt
> fürchtet finanzielle Einbußen, sollte es beim Befund des
> Einwohnerschwunds bleiben.
Bild: Wie viele seid ihr, Bremerhavener?
BREMEN taz | Die Stadt Bremerhaven will vor dem Bremer Verwaltungsgericht
gegen einen Feststellungsbescheid klagen: Danach sollen nach der vor vier
Wochen veröffentlichten Volkszählung „Zensus 2011“ nur 108.139 Menschen in
Bremens Schwesterstadt leben. Das wären rund 4.800 weniger als bisher
angenommen. „Wir glauben das nicht“, sagt Horst Keipke, der Leiter des
Bremerhavener Bürger- und Ordnungsamts. „Jedenfalls nicht an eine
Abweichung in dieser Größenordnung.“
Bestätigen soll den gefühlten Verdacht eine Auszählung der Ausländerakten,
die die Stadt vorgenommen hat. Laut Zensus leben 9.310 Menschen ohne
deutsche Staatsbürgerschaft in Bremerhaven. Keipke und seine
MitarbeiterInnen zählten 2.500 Akten mehr. Er räumt ein, dass sich darunter
auch einige Personen befinden könnten, die sich längst nicht mehr in
Deutschland aufhielten, weil sie ausgereist sind oder abgeschoben wurden.
„Aber der Unterschied bleibt gravierend“, sagt Keipke.
Noch erheblicher ist die Differenz auf Bundesebene: Nach dem Zensus 2011
sollen sich mit 1,1 Millionen 14,9 Prozent weniger AusländerInnen in
Deutschland aufgehalten haben als die Ämter in ihren Einwohnerberechnungen
angenommen hatten. Grundlage dafür waren die Volkszählungen 1987 im Westen
und 1981 im Osten. Deren Ergebnisse waren weiter fortgeschrieben worden und
wurden damit immer ungenauer. Neben den AusländerInnen „fehlten“ bei der
erneuten Zählung auch 400.000 Deutsche. Für den Bund ist das kein Problem,
wohl aber für Kommunen und Länder, die ihr Geld vom Bund aufgrund von
Einwohnerzahlen bekommen. Bremerhaven ist daher nicht die einzige Stadt,
die den Zensus gerichtlich anzweifeln lassen will (siehe Kasten).
Um wie viel Geld es im Fall von Bremerhaven geht, lässt sich nicht sagen.
Bremens Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) geht von „marginalen
Auswirkungen“ aus, wie ihr Referent Daniel Buscher sagt. Er begründet dies
damit, dass das Land Bremen insgesamt mehr Bundesmittel bekommen wird, weil
es nicht so stark geschrumpft ist wie andere Bundesländer – und damit auch
mehr Geld für Bremerhaven zur Verfügung stehen wird. Gleichzeitig würden im
kommunalen Finanzausgleich zwischen Bremen und Bremerhaven, der ebenfalls
die EinwohnerInnenzahl zur Grundlage hat, auch soziale Indikatoren wie
Einkommen und Bedürftigkeit der BürgerInnen berücksichtigt. Bremerhaven
bekommt deshalb pro Kopf 20 Prozent mehr als die Stadt Bremen. Bei
sinkender Bevölkerungszahl, sagt Buscher, steige der Anteil der
Hartz-IV-EmpfängerInnen – was sich für Bremerhaven positiv auswirke.
Das Verwaltungsgericht muss nun prüfen, ob die Klage Bremerhavens zulässig
ist und wie die Daten überprüft werden können. Amtsleiter Horst Keipke
wünscht sich zunächst einmal Informationen über die Methoden, mit denen
gezählt wurde.
5 Jul 2013
## AUTOREN
Eiken Bruhn
## TAGS
Zensus
Bremerhaven
Demografie
Zensus
Volkszählung
Haushalt
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