# taz.de -- Präsidentenwahlen im Iran: Ahmadinedschad sieht sich als Opfer | |
> Der Wächterrat siebt die Kandidaten aus. Betroffen ist auch der Favorit | |
> des Amtsinhabers. Expräsident Rafsandschani wird ebenfalls abgelehnt. | |
Bild: Ebenfalls vom Wächterrat abgelehnt: Der Kandidat Rahim Maschaei. Er will… | |
BERLIN taz | Mit der Bekanntgabe der Kandidaten für die iranischen | |
Präsidentschaftswahlen am 14. Juni tritt der Wahlkampf in seine heiße | |
Phase. Von den 686 Bewerbern, darunter dreißig Frauen, fanden acht Männer | |
Gnade vor den Augen des Wächterrats, der für das Aussieben der Kandidaten | |
zuständig ist. | |
Abgelehnt wurden auch zwei aussichtsreiche Bewerber aus unterschiedlichen | |
Lagern: der Expräsident Ali Akhbar Haschemi Rafsandschani, ein | |
zentristischer Politiker, und Esfandiar Rahim Maschaie, Vertrauter von | |
Präsident Mahmud Ahmadinedschad, der nach zwei Amtsperioden nicht wieder | |
antreten kann. | |
Nun scheint Ärger programmiert. Ahmadinedschad schrieb auf seiner Website, | |
er sei ein „Opfer der Ungerechtigkeit“ geworden und kündigte an, gegen den | |
Ausschluss Maschaies vorzugehen. Er will bei Revolutionsführer Ali Chamenei | |
Einspruch einlegen. Dieser kann per Dekret den Ausschluss rückgängig | |
machen. Ahmadinedschad, dessen Wiederwahl 2009 eine breite Protestbewegung | |
ausgelöst hatte, liefert sich seither einen erbitterten Kampf mit der | |
traditionellen Geistlichkeit, zu der auch Chamenei gehört. | |
Die offene Frage ist, wie sich Ahmadinedschad verhält, wenn seine Eingabe | |
zurückgewiesen wird. Es wäre eine bemerkenswerte Volte in der jüngsten | |
Geschichte des Landes, wenn sich Unterstützer Rafsandschanis eventuellen | |
Protesten aus dem Präsidentenlager anschließen würden. | |
Maschaie selbst will nach Angaben seines Wahlbüros gerichtlich gegen die | |
Entscheidung vorgehen. „Wir werden mit allen rechtlichen Mitteln versuchen, | |
eine Aufklärung und Revision zu erzwingen“, hieß es. Einen derartigen Fall | |
gab es seit der Gründung der Islamischen Republik im Jahr 1979 noch nie. | |
## Kandidat des Reformlagers | |
Rafsandschani war einer der führenden Köpfe der islamischen Revolution und | |
ein Wegbegleiter von Ajatollah Ruhollah Chomeini. Neben der Präsidentschaft | |
1989 bis 1997 hatte er zahlreiche führende Positionen inne, ehe er 2009 auf | |
vorsichtige Distanz zum Regime ging. Daher galt er als möglicher Kandidat | |
des Reformlagers. Aus seinem Wahlbüro hieß es, er wolle sich als Kandidat | |
nicht aufdrängen. | |
Der Ausschluss des 78-jährigen Rafsandschani kam nicht unerwartet. Am | |
Montag sagte der Wächterratssprecher, wer ein hohes Amt anstrebe, aber nur | |
einige Stunden am Tag arbeiten könne, müsse abgelehnt werden. | |
Unter den zugelassenen Kandidaten sind mit Said Dschalili und Hassan Ruhani | |
zwei ehemalige Atomunterhändler, Exaußenminister Ali Akbar Velayati, der | |
Teheraner Bürgermeister Mohammed Bagher Kalibaf und Mohsen Rezaie. Der | |
58-Jährige war einst Oberbefehlshaber der Revolutionsgarde und führt den | |
Schlichtungsrat, der zwischen Parlament und Wächterrat vermittelt. | |
Ein Kandidat, Mohammed Reza Aref, war Stellvertreter des reformorientierten | |
Präsidenten Mohammed Chatami und könnte einige oppositionelle Stimmen auf | |
sich ziehen. Chatami selbst hatte sich für die Unterstützung Rafsandschanis | |
ausgesprochen. Die Führer der Protestbewegung von 2009 stehen unter | |
Hausarrest. | |
Die Entscheidung des Wächterrats bedeutet, dass das traditionelle religiöse | |
Establishment um Revolutionsführer Chamenei auf den Durchmarsch setzt. Zum | |
einen verbannte es mit Rafsandschani das zentristische Lager aus seinem | |
innerem Zirkel. Zum anderen soll Widersacher Ahmadinedschad, der einen | |
„iranischen Islam“ propagiert und sich neuerdings auf die altpersische | |
Kultur bezieht, in die Wüste geschickt werden. Dann wären alle | |
Institutionen in einer Hand. | |
22 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Beate Seel | |
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