# taz.de -- taz-Recherche „Rechte Retter“: Johanniter wollen Verhaltenskodex | |
> Nach taz-Recherchen über rassistische und extremistische Äußerungen von | |
> Mitarbeitern haben die Johanniter intern ermittelt. Jetzt will der | |
> christliche Verband „klare Kante“ zeigen. | |
BERLIN/KÖLN epd/dpa/taz | Die Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) will mit einem | |
umfangreichen Maßnahmenpaket künftiges Fehlverhalten von Haupt- und | |
Ehrenamtlichen vermeiden. So soll unter Einbindung der Mitarbeiter ein | |
Verhaltenskodex erarbeitet werden, sagte Jörg Lüssem vom Bundesvorstand der | |
christlichen Hilfsorganisation am Dienstag in Berlin. Es gehe darum, Werte | |
und Leitlinien des Verbandes in den Alltag zu übersetzen. | |
Die Johanniter reagieren damit auf eine [1][taz-Recherche über | |
Rechtsextremismus und Rassismus im Rettungsdienst], die Mitte September | |
veröffentlicht wurde. Es wurde darin unter anderem beschrieben, wie ein | |
Mitarbeiter der Johanniter in Köln die Geburtstage von Nazigrößen in einen | |
Kalender auf der Wache eintrug und die Organisation wenig Interesse an | |
Aufklärung zeigte. Auch rassistische Witze in Chatgruppen und rechtsextreme | |
Propaganda auf Rettungswachen wurden thematisiert. Es wurden auch Fälle | |
geschildert, in denen Patient*innen mit Migrationshintergrund offenbar | |
schlechter behandelt wurden, weil Rettungskräfte rassistische Vorurteile | |
hatten. Neben den Johannitern versprachen auch die Malteser Aufklärung, | |
welche nach [2][taz-Recherchen gar nicht so einfach zu sein scheint]. | |
## „Überwiegend so wie beschrieben oder ähnlich passiert“ | |
Bei den Johannitern ist nun ein „Meldesystem“ für Vorgänge und | |
Fehlverhalten geplant. Dazu soll eine „externe Ombudsperson“ zur Verfügung | |
stehen. Zudem sollen Führungskräfte stärker für Fehlverhalten von | |
Mitarbeitern sensibilisiert werden. | |
In einem am Dienstag veröffentlichten Bericht einer externen Agentur heißt | |
es, es gebe zwar keine Hinweise auf rechtsradikale Strukturen oder | |
systematische Fremdenfeindlichkeit. Allerdings seien Einzelfälle belegt | |
worden. Die in der taz genannten Vorfälle in Köln seien „überwiegend wie | |
beschrieben oder ähnlich passiert“. So wurden in einen Wandkalender | |
Geburtstage von Adolf Hitler und anderer Nazis eingetragen oder ein | |
Anti-Islam-Aufkleber auf einer Toilette gefunden. | |
Zwei Mitarbeiter seien als mutmaßliche Initiatoren identifiziert worden, | |
heißt es. Einer der beiden arbeitet seit vergangenem Jahr ohnehin nicht | |
mehr bei den Johannitern, der andere wurde vergangene Woche freigestellt. | |
„Diese Person arbeitet nicht mehr für die JUH und wird auch nicht mehr für | |
die JUH arbeiten“, sagte der Regionalvorstand für | |
Köln/Leverkusen/Rhein-Erft, Marius Mainzer. Auch der [3][Mitarbeiter, der | |
in Brandenburg/Havel einem Lieferfahrer den Arm gebrochen haben soll,] darf | |
den Angaben zufolge in keinem Johanniter-Verband mehr arbeiten. | |
Rassistische Sprache ist dem Bericht zufolge weiter verbreitet: So gehörten | |
die abwertenden Begriffe „Morbus Mediterraneus“ oder „Morbus Bosporus“ … | |
üblichen Sprachgebrauch auf der Wache. Damit wird eine hohe | |
Schmerzempfindlichkeit oder Wehleidigkeit von Menschen aus dem | |
Mittelmeerraum oder der Türkei unterstellt. | |
Den Johannitern zufolge stellen fremdenfeindliche Vorgänge und sprachliche | |
Grenzverletzungen ein gesellschaftliches Phänomen dar, das auch in anderen | |
Rettungsdienstorganisationen sowie bei der Feuerwehr und Polizei zu | |
beobachten sei. Deshalb will der Bundesvorstand gemeinsam mit anderen | |
Hilfsorganisation einen „gemeinsamen Maßnahmenplan gegen | |
Fremdenfeindlichkeit und Rassismus“ entwickeln. | |
Im Untersuchungsbericht heißt es dazu, „eine fragwürdige, bisweilen | |
diffamierende Alltagssprache“ werde von vielen Mitarbeitenden noch nicht | |
als rassistisch angesehen. Anders verhalte es sich bei antidemokratischen, | |
radikalen politischen Einstellungen. Diese würden weitgehend nicht | |
gutgeheißen. | |
Die Johanniter-Unfall-Hilfe ist nach eigenen Angaben mit rund 29.000 | |
Beschäftigten und mehr als 46.000 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern | |
eine der größten Hilfsorganisationen in Deutschland. | |
6 Dec 2022 | |
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