| # taz.de -- Witwe von Chinas Nobelpreisträger: Liu Xia ist total verzweifelt | |
| > Auch nach dem Tod von Liu Xiaobo darf seine Witwe China nicht verlassen. | |
| > Im Hausarrest hat sie schwere Depressionen. | |
| Bild: Liu Xia im Juli 2017 bei der Beerdigungsfeier ihres Mannes Liu Xiaobo | |
| BERLIN taz | „Es ist leichter zu sterben als zu leben.“ Das hat Liu Xia, | |
| die Witwe des im Juli 2017 in Gefangenschaft verstorbenen chinesischen | |
| Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo, vor wenigen Tagen dem in Berlin | |
| lebenden Schriftsteller Liao Yiwu am Telefon gesagt. | |
| Liu hatte sie in ihrer Pekinger Wohnung erreicht, wo sie seit Jahren trotz | |
| internationaler Bemühungen um ihre Freilassung unter informellem Hausarrest | |
| steht. | |
| Die 57-jährige Ex-Finanzbeamtin und spätere Literatin war weder verurteilt | |
| noch je angeklagt worden. Vielmehr muss sie allein dafür büßen, einen von | |
| Chinas bekanntesten Dissidenten geheiratet zu haben. | |
| Ärzte haben ihr schon vor einiger Zeit schwere Depressionen diagnostiziert, | |
| die in Gefangenschaft nicht behandelt werden können. | |
| ## „Es gbit jetzt nichts mehr in der Welt für mich“ | |
| „Es gibt jetzt nichts mehr, vor dem ich Angst habe. Wenn ich nicht | |
| ausreisen kann, werde ich zu Hause sterben. Xiaobo ist tot, und es gibt | |
| jetzt nichts mehr in der Welt für mich“, sagte Xia laut Liao. | |
| Chinas Behörden hatten ausländischen Diplomaten schon mehrfach gesagt, Liu | |
| sei doch frei und könne reisen, wohin sie wolle. Und ihr selbst soll laut | |
| Liao mehrfach mitgeteilt worden sein, sie dürfe bald ausreisen – erst müsse | |
| aber noch der KP-Parteitag abgewartet werden (der war im Oktober), dann | |
| angeblich das Plenum des Volkskongresses (im März) oder ein anderes | |
| Ereignis. | |
| Doch die rechtswidrige Gefangenschaft ging immer weiter, wobei Liu Xia | |
| zwischenzeitlich auch in entfernte Provinzen verbannt wurde. | |
| Hinter den Kulissen hat sich die deutsche Bundesregierung für die | |
| Freilassung Lius eingesetzt. Doch ihr in Berlin lebender Bekannter Liao hat | |
| sich jetzt in Absprache mit der immer verzweifelteren Gefangenen | |
| entschieden, auf die Öffentlichkeit zu setzen. | |
| Er sei schockiert über ihren Zustand und wolle auf ihre schlimme Situation | |
| aufmerksam machen, schrieb er. | |
| ## Hochzeit in der Lagerhaft | |
| Liu Xia hatte den Schriftsteller und Universitätsdozenten Liu Xiaobo, der | |
| schon in der Demokratiebewegung 1989 führend aktiv und nach dem sogenannten | |
| Tiananmen-Massaker inhaftiert worden war, in den 1980er Jahren in Pekings | |
| Literaturszene kennengelernt. 1996 heirateten sie in dem | |
| „Umerziehungslager“, in dem der Dissident damals eingesperrt war. | |
| 2008 wurde Liu Xiaobo gegen den ausdrücklichen Rat seiner Frau zu einem der | |
| Hauptinitiatoren der „Charta 08“. Das demokratische Manifest von 302 | |
| Intellektuellen und Aktivisten unterzeichneten 10.000 Chinesen im Internet. | |
| Liu Xiaobo brachte sein Engagement eine elfjährige Haftstrafe ein und im | |
| Jahr 2010 als erstem Chinesen den Friedensnobelpreis. | |
| Die Lius konnten seitdem nie wieder eine halbwegs normale Ehe führen, | |
| sondern sich nur noch selten im Gefängnis 500 Kilometer von Peking entfernt | |
| sehen. | |
| ## Sprachrohr ihres Mannes | |
| Liu Xia wurde während der Haft ihres Mannes zu dessen informellem | |
| Sprachrohr und so zum Feindbild des unerbittlichen Regimes. 2017 starb Liu | |
| Xiaobo an Krebs. Peking hatte seine Ausreise zu einer Behandlung im Ausland | |
| bis zuletzt verweigert. | |
| Liu Xias Hoffnung, danach wenigstens ausreisen und ihre Depressionen | |
| behandeln lassen zu können, haben sich bis heute nicht erfüllt. Sie | |
| verzweifelt immer mehr. | |
| 6 May 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Sven Hansen | |
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