# taz.de -- Wahlchaos in Berlin: Beschwerde sorgt für Streit | |
> Mehrere Mitglieder des Abgeordnetenhauses klagen in Karlsruhe gegen die | |
> Wahlwiederholung im Februar. An deren Vorbereitung ändere das aber | |
> nichts. | |
Bild: Die Qual der Wahl geht in Berlin weiter | |
BERLIN dpa | Die Beschwerde von Berliner Abgeordneten beim | |
Bundesverfassungsgericht [1][gegen das Urteil des | |
Landesverfassungsgerichtshofs zur Wahlwiederholung] hat für Diskussionen | |
gesorgt. Die Landes-CDU kritisierte, dass sich auch Abgeordnete der SPD | |
daran beteiligt haben. CDU-Generalsekretär Stefan Evers warf der | |
Regierenden Bürgermeisterin und SPD-Landesvorsitzenden Franziska Giffey | |
vor, ihre Partei nicht im Griff zu haben. Zuvor hatten mehrere Berliner | |
Medien berichtet. | |
Giffey hatte Mitte November im Abgeordnetenhaus erklärt, der Senat werde | |
keine Beschwerde einlegen und respektiere das Urteil. Mitte Dezember war | |
dann beim Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde samt | |
Eilantrag eingegangen. Damit wenden sich insgesamt 43 Klägerinnen und | |
Kläger gegen das Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofs, nach dem die | |
Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksparlamenten komplett | |
wiederholt werden müssen. | |
Zu den Klägern gehören auch acht Abgeordnete von SPD, Linke und FDP aus dem | |
Landesparlament, das am Dienstag Post aus Karlsruhe bekommen hat, wie der | |
Sprecher des Abgeordnetenhauses, Ansgar Hinz, bestätigte. Das | |
Bundesverfassungsgericht habe sich in dem Schreiben an den Präsidenten des | |
Berliner Abgeordnetenhauses, Dennis Buchner, mit der Bitte gewandt, allen | |
Abgeordneten die Möglichkeit einzuräumen, bis zum 10. Januar eine | |
Stellungnahme zu der Beschwerde abzugeben, sagte Hinz am Donnerstag. | |
## Besondere Eilbedürftigkeit | |
Nach Angaben eines Gerichtssprechers haben die Karlsruher Richter noch | |
nicht darüber entschieden, ob sie die Verfahren annehmen. Gesetzlich seien | |
dafür keine Fristen vorgeschrieben. Das Bundesverfassungsgericht sehe aber | |
angesichts der anstehenden Wiederholungswahl am 12. Februar sowie des | |
bereits gestellten Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung „eine | |
besondere Eilbedürftigkeit“, teilte der Sprecher am Donnerstag mit. | |
Die Landeswahlleitung teilte auf Anfrage mit, die Verfassungsbeschwerde | |
habe zunächst keine Auswirkungen auf ihre Wahlvorbereitungen. „Aus Sicht | |
der Landeswahlleitung wäre es nicht vertretbar, die Vorbereitungen für die | |
Wahl am 12. Februar 2023 zu unterbrechen und eine Entscheidung des | |
Bundesverfassungsgerichts abzuwarten.“ Zumal derzeit überhaupt nicht klar | |
sei, wann mit einem Ergebnis zu rechnen sei und in welche Richtung eine | |
eventuelle Entscheidung gehen könnte. | |
„Für die Organisation der Wahlen am 12. Februar 2023 ergeben sich aus der | |
Verfassungsbeschwerde bis zu einer möglichen Entscheidung des Gerichts | |
keine Konsequenzen“, heißt es weiter. „Die Vorbereitungen werden deshalb | |
unvermindert fortgesetzt.“ | |
CDU-Generalsekretär Evers kritisierte, bei der Verfassungsbeschwerde habe | |
sich eine „spannende Verhinderungskoalition“ gegen die Wiederholungswahl | |
von Abgeordneten aus SPD, Linken und FDP zusammengefunden. | |
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, | |
Torsten Schneider, teilte auf Nachfrage mit, weder seine Partei noch seine | |
Fraktion hätten geklagt. „Allerdings respektieren wir sowohl unseren | |
Rechtsstaat als auch die Rechte der gewählten Amts- und Mandatsträger sowie | |
der Wählerinnen und Wähler.“ Deshalb habe es selbstverständlich keine | |
„Stallorder“ für einzelne Abgeordnete gegeben. | |
Der Sprecher der FDP-Fraktion, Jean-Paul Neuling, sagte, er bitte um | |
Verständnis, dass sich seine Partei nicht zu „Privatangelegenheiten“ der | |
beiden betreffenden Fraktionsmitglieder äußere. „Die Möglichkeit, | |
Rechtsschutz zu suchen, steht in unserem Land jedem frei – die Fraktion der | |
FDP ist bei diesem Verfahren aber nicht beteiligt“, so Neuling – genauso | |
wenig wie der Landesverband der FDP. „Wir gehen weiterhin davon aus, dass | |
die vom Landesverfassungsgerichtshof angeordnete Wiederholungswahl am 12. | |
Februar stattfindet.“ | |
## „Klage ist das individuelle Recht“ | |
Die Linke-Fraktion akzeptiere das Urteil, teilten die beiden Vorsitzenden | |
Anne Helm und Carsten Schatz zur Diskussion um die Verfassungsbeschwerde | |
mit. „Die Klage ist das individuelle Recht der Abgeordneten in unserem | |
Rechtsstaat, findet aber ohne unsere Unterstützung statt.“ | |
30 Dec 2022 | |
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