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# taz.de -- Wahl im US-Bundesstaat Tennessee: Im Kampfmodus
> Die Stadt Nashville wird wieder einen demokratischen Bürgermeister
> bekommen. Konflikte mit dem republikanischen Umfeld stehen an.
Bild: In der Stichwahl: John Cooper bei einem Auftritt vor seinen Anhängern am…
Nashville taz | Nashville ist nicht nur Hauptstadt von Countrymusic, Hot
Chicken und Honkytonk, sondern auch die des Bundesstaates Tennessee. Ein
„blue island in a bright-red state“ (originellerweise ist Rot in den USA
nicht die Farbe der Kommunisten, sondern die der Konservativen), denn
„Music City“ wählt demokratisch, während der Staat drum herum fest in der
Hand der Republikaner ist: Knapp 61 Prozent der Wähler*innen in
Tennessee haben Donald Trump 2016 ihre Stimme gegeben.
Am Donnerstag haben die Nashvillians einen neuen Bürgermeister gewählt.
Fast jedenfalls: Der (demokratische) Amtsinhaber David Briley muss in der
Stichwahl gegen seinen Herausforderer John Cooper antreten, den Sprössling
einer Demokratendynastie – der Vater war Gouverneur, der Bruder sitzt im
US-Repräsentantenhaus.
Nashville bleibt also demokratisch. Und wird doch ständig daran erinnert,
dass die Welt drum herum ganz anders aussieht. Das Bürgermeisteramt liegt
gleich neben dem Tennessee State Capitol, dem Regierungssitz des
Bundesstaates.
Dort wie im gleich gegenüber liegenden Tennessee House of Representatives
haben die Republikaner das Sagen, und das bedeutet, dass inmitten von
Nashville, ausgerechnet am Dr. Martin Luther King Jr Boulevard, eine Büste
des früheren Ku-Klux-Klan-Anführers Nathan Bedford Forrest steht.
## Trinken und rocken
Die weigert sich der republikanische Gouverneur Bill Lee zu entfernen, da
können die Anwohner*innen noch so viel protestieren. Vor wenigen Wochen
unterzeichnete Lee sogar eine Erklärung, die den 13. Juli künftig zum
„Nathan Bedford Forrest Day“ macht.
In Nashville wird getrunken, gerockt, gleichgeschlechtlich geheiratet und
demokratisch gewählt, und der Held der Stunde ist mit Lil Nas X ein
schwuler Man of Color, dessen Country-Rap-Hit gerade einen Charts-Rekord
von Mariah Carey gebrochen hat.
Aber die blaue Insel ist klein. Man muss nur sonntags ein paar Meilen aus
der Stadt hinausfahren, wo hinter automatisch öffnenden Toren perfekt
geschnittene Rasenkanten vor Ziegelsteinvillen die Straße säumen. Bei Puffy
Muffin in Franklin sitzen ausschließlich weiße Familien, die nach der
Kirche ihr Omelett mit Toast und Pommes essen, die Töchter tragen bunt
gestreifte Sonntagskleider und weiße Kniestrümpfe, die Söhne blonde
Ponyfrisuren und bis obenhin zugeknöpfte Polohemden.
Das müssen sie sein, die Kunden des republikanischen Abgeordneten Matthew
Hill, der kürzlich bei der Nominierung zum Sprecher des Tennessee House of
Representatives unterlag und sich jetzt wieder seinem christlichen
Versandhandel für Zauberbedarf widmen kann. Die Dock Haley Gospel Magic
Company verkauft ein Kreuz, das Jod in Wasser absorbieren kann und so
zeigen soll, wie Jesus von Sünden reinwäscht.
## Anklage wegen Mordes
Die Nashvillians schütteln über so was nur den Kopf. Erst recht über die
Nachricht, dass eine 29-jährige Frau aus Chattanooga im Südosten Tennessees
kurzzeitig wegen Mordes angeklagt wurde, nachdem ihre Zwillinge zu früh und
mit Drogen im Kreislauf geboren wurden und kurz darauf starben.
Und über die Ankündigung, dass der 1987 verurteilte Doppelmörder Stephen
Michael West am 15. August durch eine Giftspritze hingerichtet werden soll,
hier in Nashville. West wird die fünfte Person sein, die innerhalb der
letzten 12 Monate durch die Hand des Staates gestorben ist, nachdem
Tennessee zwischen 1960 und 2000 überhaupt keine Todesstrafen vollstreckt
hatte und seither insgesamt nur 10.
Die Dinge, mit denen sich der neue Bürgermeister beschäftigen muss,
erscheinen da vergleichsweise easy. Kann er die Wachstumsschmerzen der
Boomtown Nashville lindern, in der Baukräne und gläserne Hoteltürme ebenso
in die Höhe schießen wie die Mieten und die Obdachlosenstatistik? Wird er
es schaffen, die soziale Spaltung aufzuhalten?
Möglich. Aber kann er auch die liberale Music City gegen den immer
konservativer werdenden Bundesstaat verteidigen? Bei der Wahlparty des
Noch-und-vielleicht-bald-wieder-Bürgermeisters Briley läuft plötzlich einer
seiner Unterstützer im Jedi-Ritter-Umhang durch den Saal, vorbei an
kunstvoll aufgetürmten Hähnchenspießen und Fernsehmoderatorinnen mit
Föhnwelle. Könnte ein gutes Omen sein für Nashville, die Inselstadt.
3 Aug 2019
## AUTOREN
Johanna Roth
## TAGS
USA
Republikaner
Nashville
Demokraten
Kolumne Stadtgespräch
US-Demokraten
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
USA
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