| # taz.de -- WM-Kolumne B-Note: Mehr Mumm und Meinung, bitte! | |
| > Wie der DFB aus kritischen Individuen eine Ansammlung von Mauerblümchen | |
| > macht. Dabei kann man auch mit kritischen Geistern erfolgreich sein. | |
| Bild: Meinungsstark: Torhüterin Almuth Schult | |
| Im Team der USA gibt es Charakterköpfe. Das sind Profis, die etwas | |
| darstellen. Und die Deutschen? Nun ja, die sind brav, angepasst, die trauen | |
| sich nichts. Aus denen werden nie Stars werden. Es ist nicht die erste | |
| Weltmeisterschaft, [1][die ein deutsches Team] mit dem Image einer biederen | |
| Truppe verlässt. Als solche galt das deutsche Auswahlteam auch dann, wenn | |
| es ein Turnier gewonnen hatte. Und das war ja nicht allzu selten der Fall. | |
| Diesmal nach dem Aus im Viertelfinale war es wie immer. Die deutschen | |
| Frauen sind als graue Mäuse abgereist. | |
| Angereist waren sie als selbstbewusste Profis. Der berühmt gewordenen | |
| Werbespot einer deutschen Großbank war es, der unter anderem dafür | |
| verantwortlich war. Auch ein Interview mit der deutschen Torhüterin Almuth | |
| Schult hatte in den Wochen vor der WM für Aufsehen gesorgt. „Wie sollen wir | |
| denn draußen Vorurteile und Vorbehalte gegenüber dem Frauenfußball abbauen, | |
| wenn wir im eigenen Verband noch damit zu kämpfen haben?“, sagte sie in | |
| einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. | |
| Außerdem glaube sie nicht, dass der DFB für mehr Gleichberechtigung im | |
| Verband sorgen werde. Das war im Kleinen schon so etwas wie der juristische | |
| Kampf der US-Nationalspielerinnen gegen den eigenen Verband um bessere | |
| Bezahlung im Großen. | |
| Melanie Leupolz vom FC Bayern München sagte auf einem Medientag kurz vor | |
| der WM dann noch, dass die Bundesliga aufpassen müsse, den Anschluss nicht | |
| zu verlieren. Auch sie präsentierte sich als mündige Profifußballerin, die | |
| das Recht hat, Warnrufe abzusetzen, die den DFB, der ja auch die Liga | |
| verantwortet, in der Pflicht sehen, den Frauenfußball endlich nachhaltig zu | |
| fördern. Dann hat die WM begonnen und aus den kritischen Individuen wurde | |
| eine angepasste Meute. | |
| ## Erfolgreich, ohne den Verband zu verklagen | |
| Es ist der Verband selbst, der dafür sorgt, dass die Gruppe selbstbewusster | |
| Frauen, welche die Nationalmannschaft bildet, bisweilen wie eine Ansammlung | |
| von Mauerblümchen wirkt. Das Medienmagazin [2][Journalist] hat einen Fall | |
| dokumentiert, in dem es nicht einmal dem Hauptsponsor des Verbands, dem | |
| Automobilkonzern Volkswagen, gelungen ist, ein halbwegs pointiertes | |
| Gespräch mit Kapitänin Alexandra Popp wiederzugeben. | |
| Beim Autorisierungsprozess sei aus dem Satz „Wir wollen echte Augenhöhe und | |
| Gleichbehandlung“ das Sätzchen „Wäre schön, wenn wir etwas mehr | |
| Aufmerksamkeit bekommen könnten“ gemacht worden. Dass Schults klare Worte | |
| erscheinen konnten, lag letztlich daran, dass die Torhüterin das Gespräch | |
| selbst autorisiert hat. Zuvor hatte der Verband so darin herumfuhrwerkt, | |
| dass es mit den tatsächlich gesprochenen Worten nicht mehr viel zu tun | |
| hatte. | |
| Beim DFB scheint man zu glauben, dass sportlicher Erfolg nur durch totale | |
| Gleichschaltung zu erreichen ist. Dass dem keineswegs so ist, zeigen die | |
| USA. Die sind erfolgreich, obwohl sie gegen den eigenen Verband klagen. Die | |
| gewinnen, obwohl Megan Rapinoe ihren Protest gegen die politische Stimmung | |
| in den USA vor jeden Spiel zum Ausdruck birgt, indem sie die Hymne nicht | |
| mitsingt. Und sie scheitern nicht daran, dass sich im gleichen Team die | |
| gläubigen Spielerinnen vor dem Match zum Gebet versammeln. Da bilden | |
| Individuen eine Mannschaft. Der DFB sollte sich ruhig ein Beispiel daran | |
| nehmen und seine Spielerinnen von der Leine lassen. | |
| 3 Jul 2019 | |
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| [1] /Kommentar-WM-Aus-fuer-Deutschland/!5608520 | |
| [2] https://www.journalist-magazin.de/news/der-dfb-und-seine-aufmuepfigen-frauen | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Rüttenauer | |
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