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# taz.de -- WM-Kolumne Gilet Jaune: Schmuggeln wider die Ordnung
> Kickende Frauen, die glänzen, wie es im Motto heißt, werden auch von
> Männern in prekären Jobs möglich gemacht.
Bild: Zwischen Hochglanzfußball und üblichem Fifa-Irrsinn
Wenn man am Stadion ist, so ganz ohne Spiel, sieht man erstaunliche Dinge.
Vor allem nimmt man all die Menschen wahr, die für dieses Turnier schuften.
Vermutlich auf Basis von Hungerlöhnen und fernab aller Diskussion. Das hier
ist ja nicht Katar, wo Arbeiter auf Baustellen sterben. Wenn man also
außerhalb des Spieltags zum Stadion von Lyon fährt, wimmelt es dort von
Menschen.
Da sind die Reinigungskräfte, die beständig die Stadionfassade putzen, auf
dass alles glänze, Hochglanzfußball. Da sind die Arbeiter, die ungewollte
Sponsorenlogos mit weißem Papier überkleben, damit nichts die Show dieser
WM stört. Da ist die Armee von Ordnern, die den ganzen Tag in gelben
Leibchen in der Hitze rumstehen und hoffen, mal eine Presseakkreditierung
scannen zu dürfen. Wie viel Geld mag es sein, das sie für diesen Job
bekommen? Kickende Frauen, die glänzen, wie es im Motto heißt, werden auch
von Männern in prekären Jobs möglich gemacht.
Manchmal bei dieser WM gibt es Momente, in denen die vom Weltverband
vorgegebene Ordnung gebrochen wird. Inmitten von Strenge und Reglement
begegnet einem gelegentlich aufmüpfiges Personal. Ich war einmal in
Montpellier, wetterbedingt mit Wasserflasche auf dem Weg ins Stadion.
## Fifa is watching you
Da hielt mich die Ordnerin an: „Die Flasche ist nicht vom Sponsor, die darf
nicht mit rein.“ Der übliche Fifa-Irrsinn. Ich schaute sie ungläubig an. Im
nächsten Moment beugte sie sich vor und raunte: „Nehmen Sie sie mit rein,
aber verstecken Sie sie gut. Seien Sie unauffällig.“ Ich habe die Flasche
dann unter meinem Pulli versteckt und sehr achtsam geschmuggelt, wer weiß,
ob die Dame sonst gleich gefeuert wird. Der Akt des Widerstands verlief
ungestraft.
Ein anderes Mal, vorm US-Halbfinale, ließ man mich am Medieneingang nicht
rein. Dieser Eingang ist das Absurdeste, was sich die Fifa je ausgedacht
hat, noch vorm Confed Cup. Man muss dort durch, aber nicht auf direktem
Weg. Ich soll stattdessen etwa eine halbe Runde ums Stadion drehen, eine
Treppe hoch und durch eine Kontrolle, oben dieselbe Strecke zurück, durch
einen Schacht eine Treppe runter mitsamt Kontrolle, und dann steht man
wieder – ja, genau an diesem Medieneingang.
Dann darf man rein. Ich mache dem Ordner die völlige Sinnlosigkeit dieser
Schleife deutlich. Irgendwann gibt er mir ein Zeichen. „Gehen Sie ein Stück
zurück.“ Er weist mich an, mich in den Treppenschacht zu bewegen. Von dort
soll ich jetzt auf ihn zuzugehen. „Für die Überwachungskameras.“ Fifa is
watching you. Er lässt mich passieren. Er zwinkert.
3 Jul 2019
## AUTOREN
Alina Schwermer
## TAGS
Frauen-WM 2019
Stadion
Schwerpunkt Frankreich
Fußball
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DFB Team Frauen
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