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# taz.de -- Verwendung der ehemaligen JVA Göttingen: Nächstbester Investor ge…
> SPD, CDU und FDP in Göttingen wollen die ehemalige JVA verhökern. Die
> Initiative „Soziales Zentrum“ bleibt außen vor und ruft zu Protesten auf.
Bild: Soll nun schnell an einen Investor verkauft werden: die ehemalige JVA in …
Göttingen taz | Am heutigen Donnerstag wird in Göttingen wieder
demonstriert. Die Initiative „Soziales Zentrum“ und Unterstützer haben zu
15.30 Uhr zu einer Kundgebung vor dem Neuen Rathaus aufgerufen. Eine Stunde
später beginnt in dem Gebäude die Sitzung des städtischen Bauausschusses.
Wichtigster Tagesordnungspunkt ist die Zukunft der ehemaligen Göttinger
Justizvollzugsanstalt (JVA). Die „Haushaltsbündnis“ genannte Ausschuss- und
Ratsmehrheit aus SPD, CDU und FDP will das Gebäude an einen Investor
verscherbeln – und positioniert sich damit sowohl gegen die Stadtverwaltung
als auch gegen die Oppositionsparteien und Basisinitiativen.
Das frühere Untersuchungsgefängnis in der nördlichen Innenstadt gehört seit
2008 der Stadt und ist seitdem ungenutzt. Bemühungen um eine Nachnutzung
blieben lange Zeit ohne Ergebnis – Pläne, die JVA etwa zu einem Hostel
umzubauen, scheiterten an der Finanzierung. Erst im vergangenen Sommer kam
die Debatte wieder in Schwung.
Die Initiative „Soziales Zentrum“, in der das Gesundheitskollektiv
Göttingen, die Falken und Gruppen aus dem Quartier zusammenarbeiten,
[1][legte ein detailliertes Konzept vor], das unter anderem Beratungs- und
medizinische Angebote für Geflüchtete und andere Bedürftige vorsieht. Die
überfällige Sanierung soll die Stadt stemmen – und dafür knapp sechs
Millionen Euro bereits bewilligte Fördermittel für den Stadtteil verwenden.
Doch Oberbürgermeisterin Petra Broistedt (SPD) entschied quasi im
Alleingang, die JVA [2][an die Firma Trafo Hub aus Braunschweig zu
veräußern], die dort ein nebulöses Konzept für sogenannte „Co-Working- und
Co-Living-Spaces“ umsetzen wollte. Am 3. Oktober besetzte eine Gruppe
namens „Autonome Stadtverwaltung Göttingen“ das Gebäude, eine Räumung du…
die Polizei wenige Tage später verlief vollkommen friedlich.
Die Besetzer:innen verstanden ihre Aktion als Unterstützung für die
Pläne der Initiative Soziales Zentrum sowie übergreifend als „Kampf gegen
die Gentrifizierung“. Kurz darauf [3][zog sich die Trafo Hub zurück],
angeblich wegen veränderter Rahmenbedingungen wie Baukosten- und
Zinssteigerungen sowie die Auswirkungen des Ukraine-Krieges.
Im März schlug die Verwaltung eine sogenannte Konzeptvergabe der JVA vor.
Die denkmalgeschützte Immobilie sollte nicht an den erstbesten
Interessenten verkauft werden, sondern an den, dessen Nutzungskonzept das
Quartier in naher Zukunft am meisten aufwertet. Das offene Verfahren biete
eine Gelegenheit, auch „unkonventionelle Konzepte für die nicht alltägliche
Immobilie“ zu erhalten – die Konzepte der Initiative Soziales Zentrum waren
allerdings ausdrücklich nicht damit gemeint.
Beim letzten Bauausschuss im April startete das Haushaltsbündnis dann einen
Coup: In einem erst unmittelbar vor Sitzungsbeginn vorgelegten Antrag
schlug es eine sogenannte Direktvergabe vor – also den unmittelbaren
Verkauf des denkmalgeschützten Gebäudes an einen Investor. Der Antrag
formuliert lediglich zwei weiche Bedingungen: Der Käufer soll anhand von
Referenzen Erfahrung in der Entwicklung ähnlicher Immobilien nachweisen
können und die Bereitschaft zeigen, einen Vertrag zu unterschreiben, „der
die städtebaulichen und bauleitplanerischen Ziele der Stadt“ absichern
soll.
CDU-Fraktionschef Olaf Feuerstein beantragte in der Sitzung gar einen
Direktbeschluss, der Antrag des Haushaltsbündnisses wäre dann ohne weitere
Diskussion durchgegangen. Grüne und Linke reagierten empört, Feuerstein zog
seinen Antrag nach einer Unterbrechung zurück. Er dürfte heute
verabschiedet und die Verwaltung entsprechend mit der Umsetzung beauftragt
werden.
Nach Ansicht der Initiative Soziales Zentrum eskaliert das Haushaltsbündnis
mit seinem Vorgehen die Situation um die JVA. Politische und inhaltliche
Kriterien für mögliche Investoren sollten nunmehr komplett fallen gelassen
werden. Einzig und allein das Angebot solle zählen. „Wir sehen in diesem
Vorstoß nicht nur den Versuch, das Projekt Soziales Zentrum in der JVA
endgültig aus dem Rennen zu werfen“, heißt es in einer Erklärung der
Initiative.
„Wir empören uns an erster Stelle über die Unverfrorenheit, mit der hier
mit Macht an allen bisherigen Auseinandersetzungen vorbei die Interessen
und das Engagement der Menschen mit Füßen getreten wird und eine rein
investorengeleitete Politik durchgesetzt werden soll.“ Nach dem Willen von
SPD, CDU und FDP solle in der JVA „ein Gentrifizierungsprojekt vom Feinsten
installiert“ werden.
4 May 2023
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## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
Stadtentwicklung
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