# taz.de -- Umweltkatastrophe in Brasilien: 15 Meter dicker Schlamm | |
> Ein Bergwerksdammbruch verursacht die größte Umweltkatastrophe in der | |
> Geschichte Brasiliens. Nun sind die ersten Entschädigungen fällig. | |
Bild: Ganze Landstriche sind nach dem Dammbruch mit Schlamm bedeckt. | |
RIO DE JANEIRO taz | Es war die verheerendste Umweltkatastrophe, die | |
Brasilien jemals erleiden musste. Vor zwei Wochen hatte eine gigantische | |
Schlammlawine einen ganzen Landstrich im Herzen des Landes verwüstet. Nun | |
sind erste Entschädigungszahlungen vereinbart worden: Umgerechnet 250 | |
Millionen Euro muss die Bergbaufirma Samarco zahlen, teilte die | |
Staatsanwaltschaft mit. | |
Am 5. November waren die Staudämme von zwei Klärbecken eines | |
Eisenerz-Bergwerks im Bundesstaat Minas Genaris aus bislang ungeklärten | |
Ursachen geborsten. Der Dammbruch gilt als bislang größte Umweltkatastrophe | |
Brasiliens – und als einer der größten Bergbau-Unfälle weltweit. | |
Über 60 Millionen Kubikmeter Schlamm flossen talabwärts. Die Ortschaft | |
Bento Rodrigues wurde fast vollkommen zerstört, von einst 180 Häusern sind | |
nur noch 20 halbwegs intakt. Die Landschaft rundherum ist nun eine | |
Schlammwüste. Bisher wurden 10 Tote geborgen, 13 weitere Personen werden | |
noch vermisst. Teilweise ist die Lehmschicht über 15 Meter dick. | |
Die Zahlungen des Mineralien-Konzerns sollen Erste Hilfe-Maßnahmen und | |
vorläufige Reparaturen finanzieren, weiteren Schäden soll mit ersten | |
Baumaßnahmen vorgebeugt werden. Die Strafe für Samarco ist nicht die erste | |
- und bestimmt nicht die letzte. Schon in den ersten Tagen nach dem Unglück | |
hatte die Umweltbehörde Ibama Samarco zu einer Umweltstrafe von gut 60 | |
Millionen Euro verdonnert. Die brasilianische Justiz blockierte | |
vorsichtshalber umgerechnet 75 Millionen auf den Konten der Firma, um | |
Regressansprüche abzusichern. | |
Der Schlamm floss ungehindert in den Fluss Rio Doce, die | |
Trinkwasserversorgung Hunderttausender wurde beeinträchtigt. Auch Fischer | |
und Bauern in der Region haben derzeit Riesenprobleme. Unklar ist noch, | |
inwiefern giftige Substanzen und Schwermetalle mit der Schlammlawine | |
freigesetzt wurden. Das Unternehmen Samarco, das zu gleichen Teilen dem | |
brasilianischen Minenkonzern Vale und dem australischen Bergbauriesen BHP | |
Billiton gehört, streitet dies vehement ab. | |
## Hilfe kommt nur langsam | |
Vor Ort ist der Zustand nach wie vor desolat. Zwar hat Präsidentin Dilma | |
Rousseff das betroffene Gebiet bereits per Hubschrauber überflogen, doch | |
läuft die Hilfe in der ländlichen Bergregion nur langsam an. Hunderte sind | |
in notdürftigen Unterkünften untergebracht, es mangelt an medizinischer | |
Versorgung. | |
Die Betroffenen beschreiben das Ausmaß der Katastrophe bei weitem | |
drastischer als die Medien. In Videobotschaften im Internet kritisieren | |
einige von ihnen die Berichterstattung und erklären, dass die Zahl der | |
Todesopfer entgegen den offiziellen Zahlen bei mindestens 40 Menschen | |
liege. Auch sprechen sie von gesicherten Informationen, dass der | |
Klärschlamm keineswegs nur unschädliches Abwasser gewesen sei. Tagelange | |
hatten die indigenen Ureinwohner ein Handeln der Regierung gefordert. Dazu | |
hatten die Krenák (Crenaques) sogar eine Eisenbahnverbindung des | |
Unternehmens Samarco blockiert. | |
Aktivisten der Umweltbewegung haben wegen des Dammbruchs eine | |
Mobilisierungskampagne gestartet. Für sie handelt es sich nicht um ein | |
„Unglück“: Angesichts unzureichender Sicherheitsvorkehrungen seitens der | |
Betreiberfirma sei das Geschehen geradezu vorprogrammiert gewesen. Und sie | |
verweisen darauf, dass weitere Katastrophen dieser Art folgen werden. Denn: | |
Wie in anderen Regionen Lateinamerikas boome der Bergbausektor, während die | |
Weltmarktpreise seit Jahren sinken. Dies führe zu einem Kostendruck für die | |
Unternehmen - und weniger Investitionen in Sicherheit und Umweltschutz. | |
18 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Andreas Behn | |
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