# taz.de -- Umstrittene Pläne der EU zur Taxonomie: Klimabewegung ist entrüst… | |
> Aktivist*innen sind empört: Die EU will Atomkraft und Gas als | |
> nachhaltig einstufen. Fridays for Future protestierten am Freitag in 15 | |
> Städten. | |
Bild: Kein grünes Label: Aktivist*innen protestieren gegen Taxonomie-Pläne de… | |
HAMBURG taz | Für die [1][Klimabewegung] war die Nachricht ein Schlag ins | |
Gesicht: Seit in der Silvesternacht bekannt wurde, dass die Europäische | |
Kommission plant, [2][Gas] und Atomkraft unter bestimmten Bedingungen als | |
nachhaltige Energiequellen einzustufen, sorgt das Thema für Entrüstung. Das | |
„Taxonomie“ genannte Klassifizierungssystem soll EU-weit regeln, welche | |
Finanzanlagen künftig als nachhaltig gelten, um Finanzströme in Richtung | |
einer klimaverträglichen Wirtschaft zu lenken. | |
Mehrere große Umweltverbände wie der Nabu, der Naturschutzring, die | |
Deutschen Umwelthilfe, die Klima-Allianz und der WWF fordern die | |
Bundesregierung [3][in einem offenen Brief] dazu auf, sich gegen die Pläne | |
aus Brüssel zu wehren, die Investitionen in Gaskraftwerke oder Atomanlagen | |
zukünftig als nachhaltig labeln würden. Die deutsche Bundesregierung müsse | |
sich Österreich und Luxemburg anschließen und vor den Europäischen | |
Gerichtshof ziehen, um die Entscheidung noch zu stoppen. | |
Auch Fridays for Future mobilisiert gegen das grüne Label für Gas und | |
Atomenergie. Am Donnerstag demonstrierte Luisa Neubauer zusammen mit | |
anderen Aktivist*innen in Brüssel vor dem Sitz der EU-Kommission. „Ist | |
das eigentlich alles ein Joke für euch?“, fragte sie in Richtung des | |
Gremiums, „ist es ein Spiel, in dem ihr fossile Energien am Leben haltet, | |
so lange es geht, und nur so tut, als würdet ihr Klimagase reduzieren | |
wollen? So sieht es jedenfalls aus.“ Das Geld, das durch die Taxonomie in | |
Gas- und Atomenergie fließen könnte, würde dann beim Ausbau regenerativer | |
Energien fehlen. Der Versuch, Gas und Atomenergie als Teil der Lösung der | |
Klimakrise darzustellen, sei verlogen und brandgefährlich. | |
Für den Freitag hatte Fridays for Future Deutschland zu dezentralen | |
bundesweiten Protesten gegen die Taxonomie aufgerufen. In 15 Städten | |
veranstalteten die Aktivist*innen am Nachmittag coronakonforme Aktionen | |
wie Kundgebungen, Laufdemos mit Abständen oder Fahrraddemonstrationen. Sie | |
wenden sich mit ihrem Protest gezielt an die deutsche Bundesregierung. Zwar | |
liegt die Entscheidung, ob das „grüne Label“ in der bisher angedachten Form | |
kommt, in den Händen der EU-Kommission. Eine „verstärkte qualifizierte | |
Mehrheit“ von 20 der 27 EU-Mitgliedsstaaten müsste den Vorschlag ablehnen, | |
um ihn zu kippen – das gilt als sehr unwahrscheinlich. | |
## Bundesregierung soll Vorschlag ablehnen | |
Aber bis nächste Woche Freitag können die Mitgliedsstaaten der | |
EU-Kommission noch Rückmeldungen zu dem [4][geplanten | |
Klassifizierungssystem] geben, und die Kommission könnte ihren Vorschlag | |
überarbeiten – danach sind Änderungen kaum noch möglich. Deshalb ist es der | |
Klimabewegung so wichtig, jetzt Druck zu machen. Aber auch nach | |
Verstreichen der Feedback-Frist wollen die Aktivist*innen weiter gegen | |
das „Greenwashing“ protestieren. „Das absurde und gefährliche Verhalten … | |
Bundesregierung in dieser Frage zeigt, wie wichtig der Druck von der Straße | |
weiterhin ist“, sagt Helena Marschall, Bundessprecherin von Fridays for | |
Future. Außerdem bleibe Deutschland ja immer noch die Möglichkeit der Klage | |
vor dem Europäischen Gerichtshof. | |
Nach dem Gegenwind der vergangenen Wochen kündigte Bundesumweltministerin | |
Steffi Lemke (Grüne) Anfang der Woche an, die Bundesregierung werde sich | |
klar gegen die Aufnahme von Atomenergie in die Taxonomie aussprechen – von | |
Gas ist bislang allerdings keine Rede. Bundeskanzler Olaf Scholz hält Gas | |
bekanntlich für eine super Brückentechnologie und hat wahrscheinlich darauf | |
gedrängt, den fossilen Energieträger in das Klassifizierungssystem | |
aufzunehmen. | |
Für die Klimabewegung ist das ein Skandal: „Dass die Ampelkoalition, die | |
als Klimaregierung angetreten ist, binnen kürzester Zeit nach ihrem Antritt | |
ein solches Greenwashing für fossile Energien betreibt, raubt uns das | |
letzte bisschen Hoffnung, das wir in diese Regierung hatten“, sagt | |
Fridays-Sprecherin Carla Reemtsma. Die angekündigte Stellungnahme gegen | |
Atomenergie reiche nicht, sondern sei vielmehr eine Hintertür für Anreize, | |
weiter in Gas zu investieren. | |
„Wenn die Bundesregierung den Vorschlag nicht entschieden ablehnt, bricht | |
sie alle Wahlversprechen und alle Zusagen an den Klimaschutz“, sagt Helena | |
Marschall. „Gleich bei der ersten wichtigen klimapolitischen Entscheidung, | |
die die neue Regierung treffen muss, so danebenzu iegen, wäre ein riesiges | |
Versagen.“ | |
14 Jan 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-Fridays-For-Future/!t5571786 | |
[2] /Energiewende-und-Erdgas/!5824837 | |
[3] https://www.germanwatch.org/de/84713 | |
[4] /Finanzexpertin-ueber-EU-Taxonomie/!5823350 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Fridays For Future | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
EU-Taxonomie | |
Energiepolitik | |
Nachhaltigkeit | |
Klima | |
Schwerpunkt Fridays For Future | |
Kommission | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Vermögensverwalter DWS tauscht Chef aus: Rücktritt wegen Greenwashing | |
Die Deutsche-Bank-Tochter DWS wechselt nach Greenwashing-Vorwürfen den | |
Firmenchef. Auch die Staatsanwaltschaft schaut genauer hin. | |
Bundesregierung gegen EU-Taxonomie: Atom bremsen, Gas geben | |
Die Regierung lehnt die EU-Kriterien für nachhaltige Investitionen ab. | |
Kernkraft gehöre nicht da rein. Beim Erdgas hätte sie es aber gerne | |
lascher. | |
Fridays-for-Future-Demo in Berlin: Na jetze Klimajerechtigkeit! | |
Atomkraft und Erdgas plötzlich wieder zukunftsträchtig? Vor der Vertretung | |
der EU-Kommission demonstriert Fridays for Future gegen Greenwashing. | |
Energiewende und Erdgas: Eine toxische Beziehung | |
Die EU will Investitionen in Gaskraft mit einem Öko-Siegel attraktiv | |
machen. Das sorgt für viel Kritik – auch wenn neue Kraftwerke nötig sind. | |
Finanzexpertin über EU-Taxonomie: „Die EU untergräbt ihr Ziel“ | |
Die EU will Atomkraft und Gas als nachhaltig einstufen. Die Bundesregierung | |
sollte sich dagegen wenden, fordert Magdalena Senn von „Finanzwende“. |