# taz.de -- UN-Bericht zu Mali: Hochzeit mit 22 Toten | |
> Frankreichs Truppen sollen eine Hochzeitsgesellschaft in Mali bombardiert | |
> haben, sagt ein UN-Bericht. Er kritisiert den „Bruch des Völkerrechts“. | |
Bild: Französischer Soldat sichert einen Helikopter der Antiterroroperation Ba… | |
BERLIN taz | Zwischen den beiden wichtigsten internationalen Akteuren in | |
Mali ist ein heftiger öffentlicher Streit ausgebrochen, der die Kohärenz | |
der internationalen Terrorbekämpfung in der Sahelzone schwer beschädigt. | |
Hintergrund ist ein Luftangriff vom 3. Januar, der nahe dem Dorf Bounti | |
[1][eine Hochzeitsgesellschaft] traf und zahlreiche Menschen tötete. Lokale | |
Quellen sprachen damals von 20 getöteten Zivilisten und bezichtigten | |
Frankreichs Luftwaffe des Angriffs mit einem Flugzeug oder Hubschrauber. | |
Frankreichs Regierung widersprach und sagte, ein französisches | |
Mirage-Kampfflugzeug habe aus großer Höhe eine zuvor ausgespähte | |
Versammlung von Dschihadisten der islamistischen Untergrundgruppe „Katiba | |
Serma“ bombardiert. Der Vorfall löste große Empörung in Mali aus. | |
Nun hat [2][die UN-Mission in Mali (Minusma)] die lokale Version bestätigt. | |
Der französische Luftangriff habe eine Hochzeitsgesellschaft getroffen und | |
„mindestens 22 Personen“ getötet, davon 19 unmittelbar. Drei Verletzte | |
starben später. 19 Tote seien Zivilisten gewesen, drei waren mutmaßliche | |
Angehörige der islamistischen Zelle „Katiba Serma“. | |
Dem Bericht zufolge wurde die Hochzeitsgesellschaft nachmittags getroffen, | |
als sich die rund 100 Männer getrennt von den Frauen aufhielten, welche | |
gemeinsam das Hochzeitsmahl vorbereiteten. Fünf Teilnehmer seien | |
mutmaßliche Angehörige der „Katiba Serma“ gewesen, einer trug offen eine | |
Waffe. Seine Anwesenheit sei wohl der Grund für den Angriff gewesen, wird | |
ein Zeuge zitiert. | |
## Eindeutiger Schluss | |
Der UN-Bericht kommt zu einem eindeutigen Schluss: Der Angriff sei illegal | |
gewesen, da nicht verhältnismäßig und auch, weil er sich gegen Zivilisten | |
richtete. „Außerdem reicht der Umstand, dass eine gewisse Anzahl | |
erwachsener Männer sich im Aktivitätsgebiet einer bewaffneten Gruppe oder | |
ohne Frauen und Kinder versammelt, nicht zur Feststellung aus, wer einer | |
bewaffneten Gruppe angehört, oder dass keine Zivilisten anwesend sind“, so | |
das UN-Team. „Ein Targeting auf dieser Grundlage wäre mit dem Völkerrecht | |
unvereinbar.“ Empfohlen wird die Ermittlung der Verantwortlichen sowie | |
Schadenersatz für die Opfer. | |
In außergewöhnlich scharfen Tönen hat Frankreichs Verteidigungsministerium | |
all dies zurückgewiesen und dem UN-Team Unfähigkeit vorgeworfen. Man habe | |
den Angriff selbst untersucht und man sei sich ganz sicher, dass der | |
Luftangriff „eine als solche identifizierte terroristische Gruppe“ | |
getroffen habe. „Der Bericht“, heißt es zur UN-Untersuchung, „geht davon | |
aus, dass anonyme Zeugenaussagen von Individuen, deren Interessen und | |
Loyalitäten unbekannt sind, eine gleichwertige Glaubwürdigkeit zu einer | |
rigorosen Aufklärungs- und Einsatzmethodik besitzen.“ | |
Die Unterstellung der Unseriosität wird vom UN-Bericht nicht gedeckt. Dort | |
wird ausgeführt, die Untersuchung sei nach international geltenden | |
Standards geführt worden, unter Wahrung aller für den Zeugenschutz und die | |
Gewährleistung einer von Druck freien Aussage nötigen Vorkehrungen und mit | |
Überprüfung aller erhaltenen Informationen. Das UN-Team besuchte den | |
Tatort, interviewte über mehrere Wochen mehrere Hundert Menschen und | |
besichtigte die Grabstelle der Toten. | |
Minusma-Kriminaltechniker untersuchten die bombardierte Stelle. Da die | |
Untersuchung „in einem Klima des medialen und politischen Drucks“ | |
stattfand, habe man besondere Sorgfalt walten lassen. Einem britischen | |
Zeitungsbericht zufolge wurde der Vorwurf eines Kriegsverbrechens auf | |
französischen Druck aus dem Berichtsentwurf entfernt. | |
31 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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