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# taz.de -- Todesstrafe in Saudi-Arabien: Saudischer Exekutionsrekord
> 81 Menschen wurden an nur einem Tag hingerichtet: im Schatten des
> Ukrainekrieges und den westlichen Sanktionen gegen Öl aus Russland.
Bild: Kronprinz Muhammad bin Salman stand bis vor kurzem in der Kritik
Kairo taz | Es ist die größte Zahl staatlicher Exekutionen an einem Tag in
der Geschichte Saudi-Arabiens. Nach Angaben des saudischen
Innenministeriums sind am Samstag 81 Menschen im Königreich hingerichtet
worden und damit mehr als im gesamten Jahr zuvor.
Die genauen Umstände der Prozesse, Urteile und Hinrichtungen sind unklar.
Zu den Exekutierten gehören saudische Staatsbürger, sieben Jemeniten und
ein Syrer, meldet die amtliche Nachrichtenagentur SPA.
Die Anklagen reichten von Mitgliedschaft in einer Terrororganisation wie
dem sogenannten Islamischen Staat oder al-Qaida über Aktivitäten der
jemenitischen Huthi-Rebellen, die in Saudi-Arabien als Terrororganisation
gelistet sind, bis hin zu schweren Verbrechen wie Vergewaltigung, Mord,
Waffenschmuggel oder Kidnapping.
Doch gab es auch Verurteilungen wegen „fehlgeleiteter Ideen“, so SPA vage.
Laut dem Innenministerium beinhalten die Verbrechen auch Reisen in
Konfliktgebiete, in denen Terrororganisationen aktiv seien.
## 37 Todesurteile in nur einem Verfahren
37 der exekutierten saudischen Staatsbürger wurden in einem einzigen
Verfahren zum Tode verurteilt. Sie wurden für schuldig befunden, Polizisten
ermordet und Polizeistationen und -konvois angegriffen zu haben. Laut der
staatlichen Nachrichtenagentur sei die Gruppe der Exekutierten von 13
Richtern in einem dreistufigen Verfahren verurteilt worden. Weitere Details
wurden nicht genannt.
Saudi-Arabien rangiert nach dem Iran, Ägypten und dem Irak weltweit an
vierter Stelle der vorgenommenen bekannten Exekutionen. Zahlen aus Ländern
wie China, Nordkorea oder Syrien sind allerdings nicht bekannt.
Während Saudi-Arabien für seine harschen Todesurteile bekannt ist, sind
Massenexekutionen dieser Art dort eigentlich selten. Die jetzige
Exekutionswelle überschreitet sogar die Hinrichtungen in Folge des Angriffs
und der Besetzung der großen Moschee von Mekka 1979.
Damals brachten 500 militante Islamisten die Moschee in ihre Gewalt, dabei
kamen wahrscheinlich über 1.000 Menschen ums Leben. Nach der Befreiung der
Moschee mit Hilfe französischer Elitetruppen wurden 63 Menschen zum Tode
verurteilt und geköpft.
## Saudi-Arabien ist kein Rechtsstaat
Internationale Menschenrechtsorganisationen beklagen seit Jahren, dass es
in Saudi-Arabien keine fairen Gerichtsverfahren gibt. Das Land besitzt kein
kodifiziertes Strafrecht und die Richter haben weitreichende Befugnisse in
ihrer Interpretation, die sich oft auf islamisches Recht beziehen.
Erst vor wenigen Tagen war der saudische [1][Blogger Raif Badawi] nach
einem Jahrzehnt Gefängnis freigelassen worden. Er war international in die
Schlagzeilen geraten, nachdem er wegen islamkritischer Aussagen zu tausend
Peitschenhieben verurteilt worden war, die dann aber nach der ersten Runde
ausgesetzt wurden. Er ist jetzt aber noch mit einem weiteren zehnjährigen
Ausreiseverbot belegt.
Dass Saudi-Arabien ausgerechnet jetzt die Massenexekution durchgeführt hat,
könnte auch mit dem Krieg in der Ukraine zu tun haben. Das Königreich und
sein Kronprinz Muhammad Bin Salman wurden wegen der Ermordung des
saudischen Dissidenten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul
im Oktober 2018 international geächtet.
Doch jetzt ist die Welt gerade mit dem Krieg in der Ukraine abgelenkt.
Zudem ist Saudi-Arabien wichtig, um den Öl- und Gasmarkt nach den
Sanktionen gegen Russland zu stabilisieren. Da dürfte die europäische und
amerikanische Kritik an saudischen Massenexekutionen begrenzt sein.
13 Mar 2022
## LINKS
[1] /Saudischer-Blogger-Raif-Badawi-aus-Haft/!5840922
## AUTOREN
Karim El-Gawhary
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