| # taz.de -- Nach Mord an saudischem Journalisten: Khashoggi-Prozess de facto be… | |
| > Die Türkei gibt den Prozess zum Mord an dem Journalisten Khashoggi an | |
| > Saudi-Arabien ab. Dabei hat Riad bisher jede Zusammenarbeit verweigert. | |
| Bild: Istanbul im Oktober 2018: Ein Demonstrant hält ein Plakat mit einem Bild… | |
| Istanbul taz | Ein Gericht in Istanbul hat am Donnerstag das seit zwei | |
| Jahren laufende Verfahren wegen des [1][Mordes an dem saudischen | |
| Journalisten und Regimekritiker Jamal Khashoggi] ausgesetzt und an | |
| Saudi-Arabiens Justiz übergeben. Theoretisch könnte der Fall in Istanbul | |
| noch einmal aufgerollt werden, tatsächlich wurde er jetzt wohl eingestellt. | |
| Amnesty International und Reporter ohne Grenzen kritisierten den Beschluss, | |
| weil die Täter damit straflos blieben. AI-Generalsekretärin Agnès Callamard | |
| zitierte ein türkisches Sprichwort: „Man vertraut das Lamm nicht dem Wolf | |
| an.“ | |
| Khashoggi war im Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul brutal | |
| ermordet worden, als er dort Unterlagen für die Heirat mit seiner | |
| türkischen Verlobten abholen wollte. Seine Leiche wurde vermutlich in | |
| Salzsäure aufgelöst, sterbliche Überreste wurden jedenfalls nie gefunden. | |
| Khashoggi, ein Ex-Berater des Königshauses, hatte sich in den USA zu einem | |
| der wichtigsten Kritiker des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salmen | |
| (MbS) entwickelt. Von türkischen Erkenntnissen aus der Überwachung des | |
| Konsulats über die Ergebnisse einer UN-Untersuchung bis hin zu | |
| Abhörergebnissen des US-Geheimdienstes sagen alle Indizien, dass MbS | |
| den Mord persönlich angeordnet und sein Geheimdienst ihn ausgeführt habe. | |
| ## Riad hatte Ermordung im Konsulat eingeräumt | |
| Die türkische Regierung hatte damals massiv öffentlichen Druck gemacht, bis | |
| Riad zugab, dass Khashoggi tatsächlich von untergeordneten Chargen im | |
| Konsulat ermordet wurde. Das Königshaus stritt jede eigene Beteiligung ab. | |
| In einem nicht öffentlichen Schnellverfahren wurden dann acht Beschuldigte | |
| in Saudi-Arabien zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Von ihnen kennt | |
| man immer noch einmal nicht die Namen. | |
| Wegen des Vertuschungscharakters des Prozesses in Riad eröffnete die | |
| Generalstaatsanwaltschaft der Türkei dann selbst einen Prozess gegen 29 | |
| Beschuldigte, darunter ein enger Ex-Berater von MbS, sowie gegen | |
| Saudi-Arabiens damaligen Vize-Geheimdienstchef. Doch keiner der | |
| Beschuldigten wurde an die Türkei ausgeliefert und die saudische Justiz | |
| verweigerte jede Zusammenarbeit. | |
| Tatsächlich begründete das Istanbuler Gericht die De-facto-Einstellung des | |
| Verfahrens jetzt damit, dass keiner der Beschuldigten je befragt werden | |
| konnte und auch sonst kein Beweismaterial aus Saudi-Arabien bereitgestellt | |
| worden sei. | |
| ## Verzögerung und Vertuschung | |
| Mitarbeiter des Konsulats hatten sich nach dem Mord am 2. Oktober 2018 mit | |
| Verweis auf die diplomatische Immunität tagelang geweigert, türkische | |
| Ermittler an den Tatort zu lassen. Erst nachdem alle Spuren verwischt | |
| worden waren, öffneten die Saudis die Tür. | |
| Doch da war die aus Saudi-Arabien eingeflogene Killertruppe schon längst | |
| wieder außer Landes. Auch ohne anwesende Angeklagte hätte das Gericht in | |
| Istanbul wie schon in anderen Fällen natürlich urteilen können. Doch das | |
| war jetzt offenbar politisch nicht mehr gewollt. | |
| Das Verfahren an Saudi-Arabien abzugeben, hatte die Staatsanwaltschaft | |
| sicher nicht ohne Abstimmung mit dem türkischen Justizministerium | |
| beantragt. | |
| 7 Apr 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jürgen Gottschlich | |
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