# taz.de -- Syrien und kurdische Gebiete: Trump verteidigt US-Truppenabzug | |
> Nach Kritik am Abzug der US-Truppen aus Syrien rechtfertigt sich der | |
> Präsident. Kurden bereiten sich unterdessen auf eine türkische Offensive | |
> vor. | |
Bild: Eine kleine, aber gut ausgebildete Truppen: Rund 2.000 US-Elitesoldaten s… | |
ISTANBUL/WASHINGTON taz/dpa | Nach seiner Entscheidung zum Abzug der | |
US-Truppen aus Syrien schlägt US-Präsident Donald Trump im In- und Ausland | |
Kritik entgegen. In Washington formierte sich eine parteiübergreifende | |
Gruppe hochrangiger Politiker, die Trump zur Abkehr von der Entscheidung | |
bewegen soll. | |
In einem Protestbrief an Trump heißt es: „Ihre Regierung darf nicht | |
denselben Fehler machen wie frühere Regierungen und sich diesen Halunken | |
ergeben.“ Senator Marco Rubio sprach in einem Fernsehinterview von einem | |
„furchtbaren Fehler“ Trumps. | |
Der deutsche Außenminister Heiko Maas sagte am Donnerstag: „Es besteht die | |
Gefahr, dass die Konsequenzen dieser Entscheidung dem Kampf gegen IS | |
schaden und die erreichten Erfolge gefährden“. Verteidigungsministerin | |
Ursula von der Leyen fügte hinzu, „auch in den laufenden Verhandlungen um | |
eine gut ausbalancierte Nachkriegsordnung Syriens (…) verschieben sich | |
jetzt natürlich Gewichte zugunsten des Diktators Assad“. | |
Nach Darstellung des Senders CNN und anderer US-Medien hatte Trump den | |
Abzug gegen den ausdrücklichen Rat von drei seiner in dieser Frage | |
wesentlichen Experten getroffen: Verteidigungsminister James Mattis, | |
Außenminister Mike Pompeo und Sicherheitsberater John Bolton. | |
Mattis und Bolton wie auch der US-Sonderbeauftragte Brett McGurk hatten | |
noch vor wenigen Tagen gesagt, der IS sei nicht besiegt und ein Abzug komme | |
auch wegen der Iraner nicht in Frage. Selbst aus den Reihen der | |
Republikaner wird Trump nun kritisiert. Auch die Verbündeten Israel, | |
Großbritannien und Frankreich sind empört, Frankreich hat bereits | |
angekündigt, auch nach einem US-Abzug in Syrien bleiben zu wollen. | |
Lob aus Moskau | |
Erfreut sind dagegen die syrische und die russische Regierung. Das | |
Assad-Regime setzt darauf, dass die Kurden in Nordsyrien nun aus Angst vor | |
einer erneuten Militäroffensive der Türkei auf Damaskus zugehen. Russlands | |
Präsident Wladimir Putin bezeichnete Trumps Schritt als „korrekte“ | |
Entscheidung. Er teile auch Trumps Einschätzung, dass die Terrormiliz | |
Islamischer Staat (IS) in Syrien weitgehend besiegt sei, sagte Putin am | |
Donnerstag. | |
Trump selbst verteidigte seine Entscheidung am Donnerstag nochmals. „Wollen | |
die USA der Polizist im Nahen Osten sein?“, schrieb er auf Twitter. Die | |
Präsenz bringe den USA nichts, koste aber das Leben von Soldaten sowie | |
Billionen Dollar für den Schutz anderer. | |
Die Kurden Nordsyrien sind unterdessen alarmiert. „Die Entscheidung des | |
Weißen Hauses wird sich negativ auf den Antiterrorkampf auswirken“, hieß es | |
in einem Statement der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), einer von der | |
kurdischen YPG-Miliz dominierten Militärallianz. „Der Kampf ist nicht | |
beendet, sondern befindet sich in seiner entscheidenden Phase.“ Die YPG | |
will ihre Milizen nun von der Front gegen den IS abziehen und an die | |
türkische Grenze verlegen. | |
Kurdische Bodentruppen der USA | |
Seit Barack Obama die syrischen Kurden 2014 in ihrem Kampf gegen den IS um | |
die Stadt Kobani mit Luftangriffen unterstützte, hatten sich die | |
syrisch-kurdischen YPG-Milizen mehr und mehr zur Bodentruppe der USA im | |
Kampf gegen den IS entwickelt. Sie bekamen Waffen und Ausrüstung von den | |
USA und eroberten Rakka, die Hauptstadt des IS, und den größten Teil der | |
vom IS besetzten Gebiete in Syrien mit Unterstützung der US-Luftwaffe | |
zurück. An ihrer Seite kämpfen rund 2.000 US-Elitesoldaten, die Trump nun | |
abziehen will. | |
Mit seiner Ankündigung löst Trump ein Versprechen aus seinem Wahlkampf ein | |
und macht gleichzeitig einen großen Schritt auf den Nato-Partner Türkei zu, | |
der die Zusammenarbeit der USA mit der YPG von Beginn an heftig kritisiert | |
hat. Da die DYP, der politische Arm der YPG, ursprünglich eine Gründung der | |
türkisch-kurdischen Guerillaorganisation PKK ist, stellt die YPG aus Sicht | |
der Türkei schlicht den syrischen PKK-Ableger dar. Für die türkische | |
Regierung war es deshalb unakzeptabel, dass die USA Waffen an die YPG | |
lieferten, während die PKK Terroranschläge in der Türkei verübte. | |
Erst vor wenigen Tagen kündigte Präsident Recep Tayyip Erdoğan eine neue | |
Militärintervention in Syrien östlich des Euphrats an, um die „kurdischen | |
Terroristen“ zu vertreiben. Da in der Gegend auch US-Truppen stationiert | |
sind, drohte ein Zusammenstoß. Der scheint nun abgewendet. | |
Der türkische Generalstabschef Hulusi Akar sagte, die türkischen Truppen an | |
der syrischen Grenze würden die Situation beobachten und seien jederzeit zu | |
einem Einmarsch in der Lage. Im türkischen Fernsehen sind Bilder zu sehen, | |
wie US-Soldaten sich von ihren kurdischen Kameraden verabschieden und | |
US-Lastwagenkolonnen von Syrien aus in Richtung irakischer Grenze fahren. | |
Das türkische Militär will rund um Kobani einen Keil in das jetzt von der | |
YPG kontrollierte Gebiet treiben. Sobald die US-Militärs sich aus dem | |
türkisch-syrischen Grenzgebiet zurückgezogen haben, kann der Einmarsch | |
beginnen. | |
20 Dec 2018 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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