# taz.de -- Susan Sarandon über Flüchtlingshilfe: „Es ist eine moralische F… | |
> Die Oscar-Preisträgerin Susan Sarandon besucht eine Flüchtlingsunterkunft | |
> in Berlin. Dort lobt sie die deutsche Asylpolitik – und wirbt für | |
> Ping-Pong-Clubs. | |
Bild: Ist nicht nur Schauspielerin: Susan Sarandon, hier beim Wahlkampf für Be… | |
taz: Frau Sarandon, Sie sind in der Flüchtlingshilfe aktiv. Ist das eine | |
der Hauptthemen ihrer Organisation SPiN? | |
Susan Sarandon: Nun, ich habe ja nicht wirklich eine eigene Organisation, | |
sondern unterstütze die internationale Hilfsorganisation IsraAID – ich | |
helfe da nur als ein Individuum. IsraAID und Stiga, ein schwedisches | |
Unternehmen, das Sport- und Gartengeräte herstellt, haben geholfen, diese | |
Tischtennisplatten für die Flüchtlinge zu spenden. Ich bin aber eine | |
Mitgründerin der Ping-Pong-Sozialclubs SpiN. Wir wollen übrigens auch mal | |
nach Berlin kommen, wir haben schon nach Räumen dafür gesucht. Wir haben | |
schon überall Ping-Pong-Clubs. Da hatte ich die Idee, nachdem ich | |
Flüchtlinge auf Lesbos besucht hatte, vielleicht Flüchtlingsunterkünften | |
mit Tischtennisplatten zu versorgen. Ich sprach mit Yotam Polizer, dem | |
hiesigen Leiter von IsraAID – und der hat das hier organisiert. | |
Deutschland war ja so generös, mehr als wohl fast jedes andere Land, denke | |
ich, dies alles eher als eine moralische Krise zu sehen, denn als eine | |
politische. Da bin ich sehr froh, hier zu sein, um alles zu tun, was ich | |
kann, um ein wenig die Lage der Flüchtlinge zu erleichtern. Ich meine, ihr | |
Deutschen trägt sicherlich immer noch die Hauptlast der Flüchtlingskrise. | |
Nun gibt es Kritiker, die sagen, es gäbe eine Veränderung in der | |
Flüchtlingspolitik hier in Deutschland. Es gibt nicht mehr die so genannte | |
Willkommenskultur gegenüber Flüchtlingen – vielmehr sind die Flüchtlinge | |
jetzt an der griechischen Grenze. Glauben Sie, das stimmt, dass die | |
Willkommenskultur sich hierzulande geändert hat? | |
Oh, das ist eine sehr komplizierte Angelegenheit. In dem Moment, in dem man | |
bestimmte Vorfälle hat, können die Leute die Dinge vereinfachen und wütend | |
werden. Schauen Sie auf die Vereinigten Staaten: Die sind voller Angst vor | |
Flüchtlingen – und das ist eigentlich eine Nation, die von Flüchtlingen und | |
Einwanderern aufgebaut wurde. Das ist eine sehr schwierige Sache. Es gibt | |
Leute, die sich abmühen, aber keine Flüchtlinge sind. Wenn die sehen, dass | |
viele Flüchtlinge kommen, werden sie nervös. Das verstehe ich auch. | |
Aber das ist ein Unterschied, ob man eine ganze Menschengruppe auf das | |
Konzept Flüchtling reduziert und dies dann nicht mehr als eine moralische | |
Frage sieht, dann kann es knallen. Aber ich verstehe auch den anderen | |
Standpunkt, wenn die Leute nervös werden. Das ist sehr kritisch. Deshalb | |
ist es so wunderbar, wenn man sieht, was hier passiert. | |
Sie denken also, man sollte dies alles eher als eine moralische Problematik | |
ansehen als eine politische? | |
Ich glaube, es ist ein moralisches Problem, ja. Ich denke, wir werden eines | |
Tages auf das, was gerade passiert, als auf eines der am herausforderndsten | |
moralischen Dilemmata unserer Zeit blicken. Flüchtlinge haben einen so | |
großen Anteil an der Weltbevölkerung wegen des Klimawandels und der | |
Destabilisierung von Staaten, wofür zum großen Teil auch die USA | |
Verantwortung tragen – ich glaube, das bringt mir Ärger ein, wenn Sie das | |
drucken. Und all diese Kriege! Man hat diese große Menge an Menschen – | |
wohin sollen sie gehen? Der Genfer Konvention zufolge wird von euch | |
erwartet, sie aufzunehmen. Richtig? | |
Ich glaube, das ist richtig. | |
Das ist doch wohl gesetzlich so. Die Genfer Flüchtlingskonvention sagt: | |
Wenn Flüchtlinge mit Booten an eure Küsten kommen, darf man sie nicht | |
abweisen, sondern muss sie aufnehmen. | |
Da Sie ja IsraAID helfen: Es gibt in der jüdischen Religion eine Tradition, | |
freundlich zu Gästen zu sein. | |
Jede religiöse Tradition spricht davon, den Nachbarn in Not aufzunehmen. | |
Das gilt auch für Christen. Ich glaube, jede große heilige Gestalt war | |
immer sehr großzügig gegenüber Fremden oder Menschen in Not. Oder? Ich | |
meine, so fängt doch Religion an. Das wird nur getrübt durch | |
Institutionalisierungen und Grenzen. Jesus wäre zum Beispiel sehr dafür, | |
glaube ich, Flüchtlinge aufzunehmen. | |
Naja, er war ja auch ein Jude. | |
Nun, ich dachte, er sei ein Palästinenser. (lacht) | |
Wir haben hier in Deutschland eine Diskussion über einen möglichen Anstieg | |
des Antisemitismus durch Flüchtlinge. Was halten Sie von dieser Diskussion? | |
Darüber weiß ich nichts. Deshalb will ich ein Thema nicht kommentieren, das | |
so komplex ist. Ich weiß es nicht. Sie sind der Deutsche. Ich weiß es | |
nicht. Aber nun machen wir ein Foto mit einer neuen Ping-Pong-Nation in | |
Berlin. Let's go! | |
14 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Philipp Gessler | |
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