# taz.de -- Sündenböcke in Coronapandemie: Schuld sind nicht nur die anderen | |
> Angst vor Corona verstärkt Vorurteile gegenüber anderen. Besser ist, wenn | |
> jeder sein eigenes Gesundheitsmanagement entwickelt. | |
Bild: Glühweintrinker stehen eng zusammen und sind deshalb im Visier als Infek… | |
Wer wissen will, wie leicht Vorurteile geweckt werden, der muss sich nur | |
mal die Suche nach Schuldigen, nach Mitverantwortlichen, nach | |
InfektionstreiberInnen in der Coronapandemie anschauen. Die Suche nach | |
WeiterträgerInnen des Virus ist populär, denn damit verbunden ist die | |
Hoffnung, wenn man erst einmal die Infektionswege gefunden habe, diese | |
schließen und damit die Pandemie eindämmen zu können. | |
Als InfektionstreiberInnen galten [1][Après-Ski-Treffen deutscher | |
Wintertouristen] (Ischgl), viel fliegende Kosmopoliten, [2][türkische | |
Großhochzeiten] (Berlin), osteuropäische Arbeiter in Schlachthöfen | |
(Rheda-Wiedenbrück), vom Heimaturlaub in Südosteuropa nach Deutschland | |
zurückkehrende Großfamilien, Kneipenbesucher in Bayern, AfD-wählende | |
Coronaleugner in Sachsen und neuerdings glühweintrinkende | |
Zu-dicht-Herumsteher in den Metropolen. An all diesen Korrelationen ist | |
etwas dran, teilweise auch statistisch belegt. Aber sie gaukeln eine | |
Orientierung vor, die es so nicht gibt. | |
Es ist einfach, an bestimmten Gruppen die negativen Vorurteile festzumachen | |
und damit einen scheinbaren Abstand herzustellen zum Infektionsgeschehen: | |
Schuld sind die anderen! Sind sie aber nicht. Wir sind die Gefahr. | |
Spätestens dann, zu Weihnachten, wird sich das zeigen. Der Beschluss von | |
Bund und Ländern, der in den meisten Bundesländern gelten wird, erlaubt zu | |
Weihnachten private Besuche von Verwandten und FreundInnen bis zu einer | |
Zahl von 10 Personen. Plus der Kinder im Alter von bis zu 14 Jahren. Es | |
wären also 10 Erwachsene aus 10 Haushalten mit ihren Kindern erlaubt, schön | |
zusammen am Esstisch. Eine echte Coronaparty mit Gänsebraten wäre das mit | |
dem Segen der Bundesregierung. Die Chancen, dass unter den Gästen ein | |
Superspreader ist, der alle anderen anstecken kann, sind unter 10 Menschen | |
bekanntlich höher als unter 5 Leuten. | |
Weihnachten zeigt, dass dem Infektionsschutz immer auch etwas Irrationales | |
innewohnt – und dass am Ende jeder sein eigenes Gesundheitsmanagement | |
entwickeln muss und sich nicht nur an behördliche Bestimmungen klammern | |
sollte. | |
Mit vorgeschalteter Quarantäne, vielleicht auch Schnelltests aus dem | |
Internet und einer strikteren Begrenzung der Privathaushalte, die sich vor | |
dem Weihnachtsbaum treffen, kann jeder seinen eigenen Infektionsschutz | |
betreiben. Corona ist solchermaßen auch eine Übung in Selbstverantwortung, | |
in Selbststeuerung. Gut so. Denn bei einem | |
Mensch-zu-Mensch-Infektionsgeschehen ergibt es keinen Sinn, die | |
Verhaltenssteuerung ganz allein an die Politik abzugeben. | |
8 Dec 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Die-Wahrheit/!5728705 | |
[2] /Suendenboecke-und-Corona/!5721736 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Weihnachten | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Sachsen | |
Friedrichstraße | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Die These: Gönnt den anderen ihre Schwächen! | |
Seit Beginn von Corona sind Misstrauen und Belehrung unsere selbstgerechten | |
Begleiter. Das ist nicht gut. Wir sollten an das Gute in uns glauben. | |
Politische Haltung in Covid-Hotspots: Kriegen AfD-Fans eher Corona? | |
Soziolog:innen untersuchen einen möglichen Zusammenhang zwischen hoher | |
Zustimmung zur AfD und hohen Coronazahlen. | |
Verkaufsoffener Sonntag in Berlin: Vorglühen in der Friedrichstraße | |
Der Samstag und der verkaufsoffene Sonntag unterscheiden sich kaum von den | |
Werktagen: Nur an der Friedrichstraße wird es voller. | |
Veranstaltungsbranche während Corona: Sorgen statt Süßigkeiten | |
Eigentlich wäre jetzt die Zeit von Weihnachtsmärkten, doch die sind wegen | |
Corona nicht möglich. Das trifft Schausteller wie das Ehepaar Fuchs hart. |