| # taz.de -- Südafrika nach den Wahlen: Angst vor dem Dauerchaos | |
| > Weiße enteignen? Migranten deportieren? Südafrikas ANC braucht nach der | |
| > Wahl einen Koalitionspartner – und radikale Forderungen stehen im Raum. | |
| Bild: Angespannte Gesichter bei der Bekanntgabe des Endergebnisses durch die Wa… | |
| Johannesburg taz | Nach dem Verlust der Parlamentsmehrheit für Südafrikas | |
| regierenden [1][ANC (African National Congress)] steuert das Land in | |
| unbekanntes Fahrwasser. Es werden angespannte Verhandlungen zur Bildung | |
| einer Koalitionsregierung erwartet – zwischen Parteiführern, die sich | |
| gegenseitig nicht leiden können. | |
| Am späten Sonntagabend gab die Wahlkommission IEC [2][das amtliche | |
| Endergebnis] der Wahl vom 29. Mai bekannt. Demnach hält der ANC mit 40,24 | |
| Prozent der Stimmen jetzt nur noch 159 der 400 Sitze im Parlament – vorher | |
| waren es 230. | |
| Die liberale [3][DA (Democratic Alliance)] kommt mit 21,74 Prozent auf 87 | |
| Sitze, gefolgt von der neuen Partei [4][MK (uMKhonto weSizwe] – Speer der | |
| Nation) des vom ANC abgespaltenen Expräsidenten Jacob Zuma mit 14,61 | |
| Prozent und 58 Sitzen. An vierter Stelle folgt die linke [5][EFF (Economic | |
| Freedom Fighters)] mit 9,84 Prozent und 39 Sitzen. | |
| MK hat die meisten Stimmen in Zumas Heimatprovinz KwaZulu-Natal, wo auch | |
| die landesweit mit 4,35 Prozent und 17 Sitzen fünftplazierte [6][IFP | |
| (Inkatha Freedom Party)] stark ist. | |
| ## Wettlauf gegen die Zeit | |
| Nun beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, denn nach Verkündung des | |
| Wahlergebnisses muss Südafrikas neues Parlament spätestens nach 14 Tagen | |
| zusammentreten und den Staatspräsidenten sowie den Parlamentspräsidenten | |
| wählen. Da erstmals keine Partei eine Mehrheit hat, wird das kompliziert. | |
| Im Vordergrund steht [7][der Bruch] zwischen dem amtierenden ANC-Staatschef | |
| Cyril Ramaphosa und seinem Vorgänger und Rivalen Jacob Zuma. Der hat die | |
| Wahlergebnisse zurückgewiesen und reklamiert für seine Partei den Wahlsieg. | |
| ANC-Geschäftsführer Gwede Mantashe hatte zuvor den MK-Sieg in KwaZulu-Natal | |
| auf „Zulu-Tribalismus“ zurückgeführt. Die Zulus, zu denen auch Zuma gehö… | |
| sind Südafrikas größte Volksgruppe. „Das Ergebnis in KwaZulu-Natal spiegelt | |
| Zulu-Tribalismus wider“, sagte Mantashe. „Ich glaube nicht, dass wir uns | |
| mit Zulu-Tribalismus beschäftigen müssen. Tribalismus ist eine rückständige | |
| Politikform. Er hat seine eigene Zeitrechnung, er verschwindet. Also wenn | |
| das der Grund ist, mache ich mir darüber keine Sorgen.“ | |
| MK wiederum hatte gesagt, Koalitionsverhandlungen mit dem ANC kämen nur | |
| infrage, wenn Ramaphosa zurücktritt. Das hat ANC-Generalsekretär Fikile | |
| Mbalula als „undenkbar“ zurückgewiesen. | |
| Programmatisch sind sich ANC und MK allerdings sehr ähnlich. Beide wollen | |
| Schwarze fördern in einem Land, in dem die weiße Minderheit immer noch die | |
| Wirtschaft dominiert. Auch die linke EFF (Economic Freedom Fighters) steht | |
| dafür. Sie wirft dem ANC vor, sich darum nicht genügend gekümmert zu haben. | |
| „Eine Koalition zwischen ANC und EFF ist denkbarer als zwischen ANC und | |
| MK“, sagt ein Analyst. EFF-Führer Julius Malema, ein ehemaliger | |
| ANC-Jugendführer, sieht sich nun als Königsmacher. „MK und wir sind | |
| verwandt“, erklärte er. „Wir stehen zusammen. Wenn MK nicht mit dem ANC | |
| arbeiten will, kein Problem. Wir werden mit ihnen und mit dem ANC | |
| arbeiten.“ | |
| ## Linke wollen Finanzminister stellen | |
| Als Preis für eine Regierungsbeteiligung verlangt die EFF das | |
| Finanzministerium. Für den Fall einer Koalition von ANC und EFF hat die | |
| größte Oppositionskraft DA, die vor allem als politische Vertretung der | |
| liberalen Weißen gilt, Südafrika den „Untergang“ prophezeit. „Wir werden | |
| alles in unserer Macht tun, um zu verhindern, dass eine Untergangskoalition | |
| an die Macht kommt“, erklärte die Partei. Sie befürchtet etwa Enteignungen | |
| weißer Landbesitzer und die Verstaatlichung von Banken – zwei alte linke | |
| Vorhaben. | |
| Derweil liebäugelt auch die [8][PA (Patriotic Alliance)] mit einer | |
| Regierungsbeteiligung. Die rechtsnationalistische Kleinpartei, gegründet | |
| von „Coloureds“ im Westkap, fordert Massendeportationen unregistrierter | |
| Migranten als Lösung für Südafrikas Probleme. Sie holte 2,06 Prozent und | |
| neun Sitze im Parlament. Jetzt möchte sie das Innenministerium. | |
| In jedem Fall könnte eine Koalitionsregierung Instabilität bedeuten. Als | |
| nach Kommunalwahlen 2019 in vielen großen Städten keine Partei mehr eine | |
| eigene Mehrheit hatte, kam es oft zu Prügeleien in den Kommunalparlamenten, | |
| Bürgermeister wurden ständig mit Misstrauensvoten überzogen und kommunale | |
| Dienstleistungen waren zeitweise über Wochen lahmgelegt. Nun stellt sich | |
| die Frage, ob sich dieses Chaos auf nationaler Ebene wiederholt. | |
| 3 Jun 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://anc1912.org.za/ | |
| [2] https://results.elections.org.za/dashboards/npe/ | |
| [3] https://www.da.org.za/ | |
| [4] https://mkparty.org.za/ | |
| [5] https://effonline.org | |
| [6] https://www.ifp.org.za/ | |
| [7] /Ramaphosa-vs-Zuma/!6011613 | |
| [8] https://mypa.org.za/ | |
| ## AUTOREN | |
| Tintswalo Baloyi | |
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