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# taz.de -- Nach den Wahlen in Südafrika: Gnu-Jagd am Kap
> Am Freitag tritt Südafrikas neugewähltes Parlament erstmals zusammen. Der
> ANC hat keine Mehrheit mehr – wie es weitergeht, ist offen.
Bild: Koalitionspartner gesucht: Zum ersten Mal hat der seit 1994 regierende AN…
Johannesburg taz | Zwei Wochen, nachdem die Südafrikaner am 29. Mai in der
Kälte vor den Wahllokalen Schlange standen, müssten sie eigentlich Klarheit
über ihre zukünftige Regierung haben. Sie haben keine Ahnung.
Stattdessen erleben sie einen Krieg der Worte zwischen rivalisierenden
Parteien, von denen sie eigentlich erwarten, gemeinsam die riesigen
Probleme des Landes zu lösen.
Am Freitag tritt das neugewählte Parlament erstmals zusammen und die 400
Abgeordneten werden eingeschworen, um die siebte Legislaturperiode des
demokratischen Südafrika einzuläuten. Sie müssen dann als erstes den
Staatspräsidenten und den Parlamentspräsidenten wählen. Südafrikas Oberster
Richter Raymond Zondo hat bekräftigt, dass dies bei der Eröffnungssitzung
in Kapstadt tatsächlich passieren soll.
Aber Unsicherheit hängt über dem Prozedere, nachdem die neue Partei [1][MK
(uMkhonto weSizwe – Speer der Nation)] des vom regierenden ANC
abgespaltenen Expräsidenten Jacob Zuma geschworen hat, es zu blockieren.
## Erzfeinde wie Katz und Maus
Zuma und Zondo sind Erzfeinde. Zondo leitete [2][die juristische
Untersuchung], deren Arbeit 2021 zur Verhängung einer Haftstrafe gegen Zuma
führte, nachdem er sich weigerte, vor Gericht zu den Korruptionsvorwürfen
gegen ihn aus seiner Amtszeit 2009-18 auszusagen.
Nun hat Zuma mit seiner neuen Partei MK auf Anhieb bei den Wahlen fast 15
Prozent geholt und den regierenden [3][ANC (African National Congress)] um
seine absolute Mehrheit gebracht. Vor Gericht klagt die MK gegen angebliche
Wahlfälschung, weil sie noch mehr Stimmen beansprucht. Und die 58
MK-Abgeordneten wollen die Parlamentseröffnung boykottieren. Einige
kleinere Parteien könnten sich dem Boykott anschließen.
Laut Verfassung muss mindestens ein Drittel der Abgeordneten anwesend sein,
damit das Parlament beschlussfähig ist, also mehr als 133 der 400
Parlamentarier. Das dürfte kein Problem sein, aber der MK-Boykott wirft
seinen Schatten voraus. Das Parlament hat bereits alle Arrangements für
Transport und Unterkunft der gewählten MK-Abgeordneten abgesagt.
Auch wenn die Parlamentssitzung korrekt eröffnet wird, ist noch lange nicht
klar, dass sie Südafrika eine neue Regierung beschert. Zum ersten Mal hat
der seit 1994 regierende ANC keine Mehrheit mehr, da er nur noch rund 40
Prozent der Stimmen bekam. Er braucht Mehrheitsbeschaffer.
## Auf der Suche nach Koalitionspartnern
Die aussichtsreichste Koalitionsoption ist ein Bündnis des ANC mit der
zentristisch-liberalen größten Oppositionspartei [4][DA (Democratic
Alliance)], die 22 Prozent der Stimmen bekam. Das wird wird von Teilen des
ANC und breiten Schichten der schwarzen Bevölkerung abgelehnt, weil die DA
teilweise aus der einstigen weißen Apartheidpartei NP (National Party)
hervorgegangen ist. Die Alternative eines ANC-Bündnisses mit der
linksextremen Oppositionskraft [5][EFF (Economic Freedom Fighters)], die
bei 9,5 Prozent landete, hat Schockwellen durch Südafrika gesendet, da das
einen scharfen Politikwechsel bedeuten würde.
So wirbt der ANC jetzt für eine Regierung der Nationalen Einheit (GNU). Die
gab es bereits unter Südafrikas erstem demokratisch gewähltem Präsidenten
Nelson Mandela. Nach seiner Wahl 1994 saßen bis 1997 Vertreter anderer
Parteien, darunter die vorherige Apartheidpartei [6][NP (National Party)],
mit in der Regierung, um den Übergang von der weißen Minderheitsherrschaft
zur Demokratie unter schwarzer Führung inklusiv zu gestalten.
Doch damals war der ANC geeint und Mandela verkörperte die Einheit der
gesamten Nation. Heute ist der ANC zerrissen und Präsident Cyril Ramaphosa
gilt als Spalter. Die Suche nach Koalitionspartnern für den ANC ist unter
anderem daran gescheitert, dass einige Anwärter Ramaphosas Rücktritt als
Preis für eine Beteiligung an einer ANC-geführten Regierung nannten und der
ANC das ablehnte. Auch die MK hat dies gefordert, denn [7][Ramaphosa und
Zuma sind tief verfeindet], vor allem seit Ramaphosa 2017-18 für Zumas
Sturz erst als ANC-Führer und dann als Staatspräsident sorgte.
## Tiefe Gräben in der Außenpolitik
Die Idee einer Regierung der Nationalen Einheit hingegen steht vor dem
Problem, dass die EFF nicht will, dass DA als Partei von „Landdieben“ in
der Regierung sitzt. „Wir setzen uns nicht neben Leute, die lange von
Kolonialismus und Apartheid profitiert haben“, sagte EFF-Vizepräsident
Floyd Shivambu. DA-Führer John Steenhuisen hat in der Vergangenheit EFF als
„Staatsfeind Nummer Eins“ bezeichnet.
Tiefe Gräben gibt es auch in der Außenpolitik. EFF und ANC werfen Israel
Völkermord in Gaza vor, DA gilt als israelfreundlich. Die DA ist insgesamt
prowestlich, während Südafrikas ANC-Regierung das [8][BRICS-Bündnis] mit
den größten Schwellenländern sowie Russland und China pflegt.
Für EFF ist die ANC-Option einer Regierung der Nationalen Einheit ein
Zeichen von „Arroganz“, wie die Partei erklärte. „Ihr könnt nicht
diktieren, wie es weitergeht, als hättet ihr die Wahlen gewonnen“,
schimpfte EFF-Führer Julius Malema, an den ANC gerichtet. Insofern ist eine
funktionierende Regierung der Nationalen Einheit schwer vorstellbar. Und
Südafrikas politische Zukunft erscheint völlig offen.
12 Jun 2024
## LINKS
[1] https://mkparty.org.za/
[2] https://www.statecapture.org.za/
[3] https://www.anc1912.org.za/
[4] https://www.da.org.za/
[5] https://effonline.org
[6] https://en.wikipedia.org/wiki/National_Party_(South_Africa)
[7] /Ramaphosa-vs-Zuma/!6011613
[8] https://infobrics.org/
## AUTOREN
Savious Kwinika
## TAGS
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