| # taz.de -- Subkultur: Angeeignet und zweckentfremdet | |
| > Zum Beispiel die Frauen: Für ihr Gastspiel in Hamburg ist die Ausstellung | |
| > „Geniale Dilletanten“ sinnvoll erweitert worden. | |
| Bild: Alte Hamburger Schule: Die Band Palais Schaumburg 1981 an den St. Pauli L… | |
| HAMBURG taz | Wäre man noch eitler, als man es als Journalist eh schon ist | |
| – man könnte sich etwas darauf einbilden: Im Sommer vergangenen Jahres | |
| erschien in der taz [1][eine lange Besprechung] dieser Ausstellung, | |
| genauer: der damls in München zu sehenden Version. Im Text bemängelte der | |
| Autor Jens Uthoff zwei Dinge: Wo, bitte, bei der musealen Betrachtung jener | |
| großstädtischen Früh-80er-Jahre-Subkultur eigentlich die Frauen geblieben | |
| seien, fragte er. Und warum zur Illustration der diversen Verwerfungen | |
| zwischen und innerhalb der Szenen nicht auch mal nach Hamburg geblickt | |
| worden sei. | |
| Nicht nur, dass es auch in Hamburg damals musizierende Künstler gab oder | |
| Musiker, die Super-8-Filme drehten. Nein, Uthoff zufolge war das Festival | |
| „Geräusche für die Achtziger“, 1979 vom Musikjournalisten und | |
| Labelbetreiber Alfred Hilsberg in der Markthalle veranstaltet, gar „der | |
| Wegbereiter“ all des unbekümmerten Zweckentfremdens und Aneignens. Und mehr | |
| als in Berlin und Düsseldorf lag in Hamburg in der Tat offen, welche | |
| Reibungen es gab zwischen „den proletarischen Punks und dem, was in deren | |
| Augen nur ‚Kunstkacke‘ war“. | |
| Wenn die „Genialen Dilletanten“ nun [2][im Museum für Kunst & Gewerbe (MKG) | |
| ausgestellt] werden, dann ist, ganz im Sinne des Kollegen, nachgebessert | |
| worden. So würdigt das Haus neben den sieben schon zuvor als zeigenswert | |
| erachteten Bands – Einstürzende Neubauten, Deutsch Amerikanische | |
| Freundschaft, Ornament und Verbrechen, Der Plan, Palais Schaumburg, Die | |
| Tödliche Doris und Freiwillige Selbstkontrolle – eine achte: Mania D, | |
| beziehungsweise die daraus hervorgegangenen Malaria!, sind nun aber | |
| ausgerechnet eine der wenigen, in denen nicht nur kein Mann das Sagen | |
| hatte, sondern erst gar keiner mitspielte. Keine Lappalie. | |
| Man müsse aufpassen, da „nicht in einen Automatismus zu verfallen“, sagt | |
| Dennis Conrad, der die Erweiterung für das MKG kuratiert hat: „War da auch | |
| ein Ossi dabei? Eine Frau?“ – aber so wirkt es nun auch gar nicht. Keiner | |
| am Ende schlicht lokalpatriotischen Wiedergutmachung geschuldet ist auch | |
| das gesonderte Eingehen auf Hamburg als Schauplatz. Da zeigt etwa ein | |
| interaktiver Stadtplan rund 60 relevante Orte, und exemplarisch stellt die | |
| Ausstellung zwei Läden vor, an denen sich einst Punk und seine Nachwehen | |
| mit den anderen Künsten mal berührten, mal kabbelten: „Rip Off“, wo der | |
| kaufmännisch eher unbeleckte, aber [3][umso einflussreichere Klaus Maeck] , | |
| später unter anderem Manager der Einstürzenden Neubauten und – noch später | |
| – Mitproduzent des einschlägigen Dokumentarfilms „B-Movie“, als erster w… | |
| und breit Punk-Platten verkaufte; dazu die ebenfalls im Karolinenviertel | |
| gelegene „Buch Handlung Welt“, betrieben von der 1993 verstorbenen | |
| Künstlerin [4][Hilka Nordhausen]. | |
| Gleich daneben stehen zwei Vitrinen, Musikkassetten in der einen, Fanzines | |
| in der anderen; schon durch die hier wie dort dominierende | |
| Fotokopierer-Ästhetik künden beide vom Do-it-yourself-Gedanken jener Zeit, | |
| vielleicht auch von der Abwesenheit eines Anspruchs, Bleibendes zu | |
| schaffen. Den wiederum mag man im Design aufspüren. Denn analog zur | |
| musikalischen Neuen Welle und den Neuen Wilden in der bildenden Kunst, | |
| insbesondere der Malerei, fand da auch eine spezifisch neue Design-Idee | |
| ihren Niederschlag, und sei es in Sitzmöbeln aus zweckentfremdeten | |
| Einkaufswagen und überhaupt Alltagsmaterialien (was den Großen des | |
| zeitgenössischen Industriedesigns allenfalls Herablassung entlockte). | |
| Auch das ist aber eine Weiterung, die der Ausstellung guttut – schon dass | |
| das idealtypische Wohnzimmer des Düsseldorfer Sammlers und | |
| Designtheoretikers Christian Borngräber da steht mit all seinen, tja, | |
| mancher würde wohl sagen: Scheußlichkeiten aus Beton und Stahl und roter | |
| Farbe, lohnt eigentlich den Besuch. Oder dass da eines dieser authentischen | |
| Stahlzeuge steht, auf deren brachialer Bearbeitung der längst weltweite | |
| Ruhm der Einstürzenden Neubauten auch fußt. | |
| Geniale Dilletanten. Subkultur der 1980er-Jahre in Deutschland“: 23. Januar | |
| bis 30. April, Museum für Kunst & Gewerbe, Hamburg | |
| Filmprogramm im März in [5][Metropolis] und [6][B-Movie], weitere | |
| Veranstaltungen in Planung | |
| 23 Jan 2016 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Ausstellung-Geniale-Dilletanten/!5212660 | |
| [2] http://www.mkg-hamburg.de/de/ausstellungen/vorschau/geniale-dilletanten.html | |
| [3] /Chaotischer-Kreativer/!5216283 | |
| [4] http://www.hilkanordhausen.de | |
| [5] http://metropoliskino.de | |
| [6] http://www.b-movie.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Alexander Diehl | |
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