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# taz.de -- Strandbad Plötzensee mit neuem Pächter: Sommertraum im Sand
> Das Strandbad Plötzensee ist eine Institution im Berliner Badesommer. Nun
> geht die erste Saison unter einem neuen Pächter zu Ende. Die Bilanz?
> Sonnig.
Bild: Szene eines Sommertags: Sonnenbadende im Strandbad Plötzensee
Der beste Platz ist auf dem Hügel, in einer der Hängematten aus buntem
Baumwollstoff liegend, die dort an den Bäumen festgemacht sind. Ein sanfter
Wind streicht vom Plötzensee herauf. Der Blick ruht auf moosgrünem Wasser
und Bojen, die von hier oben aussehen wie eine Perlenkette. Leise Musik
weht von der unterhalb des Hügel liegenden Bar des Strandbades herüber.
Das 1845 erbaute Strandbad Plötzensee steht unter Denkmalschutz. Im Bezirk
Wedding am Rand des Volksparks Rehberge gelegen, war es immer ein beliebtes
Ausflugsziel. Private Betreiber hatten die Anlage in den letzten zehn
Jahren allerdings [1][übel verkommen lassen]. Die hätten nur Eintritt
kassiert, schimpft ein Stammgast.
Seit diesem Jahr nun gibt es einen neuen Pächter: Michel Verhoeven, Anfang
50 und Holländer, hat in Amsterdam zuvor die bekannte Strandbar Woodstock
69 betrieben. Das Strandbad Plötzensee hat er von den Berliner
Bäder-Betrieben gepachtet, zusammen mit einer deutschen Geschäftspartnerin.
Als der Holländer den Zuschlag bekam, befürchteten manche, er werde aus dem
Bad eine Location für Partygänger machen. Verhoeven hatte das verneint.
„Ein Strandbad für jeden“ sei sein Ziel. Jetzt, wo der Sommer zu Ende geht
– noch bis Ende September geht die Badesaison –, kann man sagen: Es hätte
kaum besser kommen können.
Der diesjährige [2][Sommer war der drittwärmste seit Beginn der
Wetteraufzeichnungen] 1881. Spitzentemperaturen von über 37 Grad ließen die
Kassen der Schwimmbäder klingeln. Im Prinzenbad in Kreuzberg, Berlins
beliebtestem Sommerbad, wurden im Juni über 100.000 Gäste gezählt. Bei den
Strandbädern führt das Strandbad Wannsee die Hitliste an. Es ist das
einzige Strandbad, das die Berliner Bäder-Betriebe noch selbst betreiben.
Alle acht anderen Strandbäder sind verpachtet.
## Besucher, stapelweise
Das kleine [3][Strandbad Weißensee in Pankow], bald 140 Jahre alt, etwa:
„Zärtlich ausgedrückt haben sich die Leute hier an den heißen Tagen
gestapelt“, sagt Betreiber Alexander Schüller. Auch Menschen, die mit Baden
nichts am Hut haben, lassen dort bei einem kühlen Weißwein den Tag
ausklingen. Von der Terrasse hat man einen tollen Blick über den See.
Nach zehn Jahren Laufzeit werden die Verträge für die Strandbäder neu
ausgeschrieben. Jeder kann sich bewerben. Drei Bäder haben seit diesem Jahr
neue Pächter: Das Strandbad Grünau, das Strandbad Wendenschloss, und
Plötzensee.
Verhoeven, gebräunte Haut, dunkle, halblange Haare, Shorts, festes
Schuhwerk führt durch die fünf Hektar umfassende Anlage. Ein Uferstück mit
Sandstrand und Stegen aus Beton gehört dazu, sowie mehrere große
Liegewiesen – einen Zeltplatz plant er dort – und der „Hängemattenberg�…
wie Verhoeven den Hügel nennt. Er selbst lebt in einem Caravan auf dem
Grundstück. Immer wieder stößt man auf eingezäunte kleine Biotope für
Insekten, der Holländer hat sie anlegen lassen. Auf Anhieb habe er sich in
den Platz verliebt, erzählt der Mann, der auch mal Fluglotse war. Als er
das Bad im April übernahm, sei das noch mal absichtlich zerstört worden.
Wer das war? Verhoeven zuckt die Achseln.
Über die früheren Pächter, die an andere untervermietet haben sollen,
werden von den Stammgästen wilde Storys erzählt. Michael Hellebrand, 55
Jahre alt, Rikschafahrer und seit seinem 17. Lebensjahr Badbesucher, weiß
von einem Betreiber, der den ganzen Tag in seinem 500-PS-Sportboot auf dem
See lag und Ostsee gespielt hat. Über einen mutmaßlich rechtsradikalen
Bademeister, der die Rettung eines Schwarzen verweigert haben soll, hatten
seinerzeit auch die Medien berichtet. Der Mann war auf der anderen Seite
des Sees beim Baden ertrunken. Auch in der Hand arabischer und türkischer
Clans sei das Bad gewesen, wird behauptet. Eine Shisabar im Haupthaus hat
Verhoeven zumindest noch vorgefunden. i
## Fast nirgendwo liegt Müll
90 Tonnen Schutt und Abfall seien mit Hilfe von 400 Freiwilligen aus dem
Bad geschafft worden, erzählt der Holländer. Inzwischen sind die
Sanitäranlagen saniert, Bäume und Hecken gepflegt. Regelmäßig wird der Sand
von Maschinen durchgesiebt. Immer noch würden Kronkorken aus der
Vergangenheit nach oben befördert, berichtet Verhoeven. 60 Leute seien im
Bad beschäftigt. Nur Plastikflaschen sind erlaubt, beim Getränkeverkauf
wird ein Euro Pfand erhoben. Fast nirgendwo sieht man Müll.
Strandbad-Szenen: Acht langhaarige Grazien stehen bis zum Po im Wasser,
eine zieht dezent an einem Joint. Ein lesbisches Pärchen liegt umschlungen
auf einer Decke, eine Mutter wischt ihrem nackten Kind mit dem Handtuch den
Rotz ab. Ein Dicker in Badehose unterhält sich mit einer Frau, die, von
oben bis unten verhüllt und mit Kopftuch, abseits von ihm im Sand sitzt.
Bis zu 4.000 Besucher seien an Sonntagen gezählt worden, einmal waren es
sogar 8.000, berichtet Verhoeven. Es gibt einen Kinder- und
Familienbereich. Abends gibt es Lagerfeuer und ein DJ legt in der Bar auf.
Einen FKK-Bereich gibt es auch. Explizite Schilder gibt es indes nicht:
Käfige mit Holz darin sind Markierung und Sichtschutz zugleich. „Alle
Gruppen und Bedürfnisse sortieren sich von ganz allein“, freut sich
Verhoeven, dass sein Konzept vom „Strandbad für jeden“ aufgegangen ist.
6 Sep 2019
## LINKS
[1] /Schwimmbad-in-der-Schusslinie/!5066229&s=strandbad+pl%C3%B6tzensee/
[2] /Studie-zu-Ausloeser-der-Hitzewelle/!5603973&s=hitzesommer/
[3] /Festival-im-Strandbad-Weissensee/!5433669&s=strandbad+wei%C3%9Fensee/
## AUTOREN
Plutonia Plarre
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