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# taz.de -- Baden in Berlin in Coronazeiten: Die Seen bleiben offen
> Die Hallen- und Freibäder sind dicht. Obwohl das Wasser noch kalt ist,
> zieht es die Berliner und Brandenburger nun zu den Seen.
Bild: Das Strandbad Wannsee geschlossen: In Berlin eigentlich ein undenkbarer Z…
Mit einem Geräusch, das an das Gebrüll eines Seelöwen erinnert, stürzt sich
ein beleibter Mann ins eiskalte Wasser. Nach Luft japsend, taucht er wieder
auf und schwimmt mit schnellen Stößen im Kreis. Zwei Kinder, die Jeans
hochgekrempelt, stehen barfuß am Uferrand und verfolgen das Schauspiel
fasziniert.
Szenen wie diese, die sich am Dienstagnachmittag am Schlachtensee in
Zehlendorf abspielte, kann man seit Ostern auch anderswo beobachten. In
Zeiten des Lockdown haben die Berliner ihre Seen dieses Jahr deutlich
früher zum Baden entdeckt. Was bleibt den Nixen und Wassermännern auch
übrig?
Die Hallenbäder sind seit 14. März dicht, und der Saisonstart der Freibäder
ist auf den Sankt Nimmerleins-Tag verschoben. Ob Letztere in der
Sommersaison überhaupt noch öffnen, steht in den Sternen. In der am
Dienstag veröffentlichen vierten [1][Senatsverordnung zur Eindämmung des
Coronavirus] heißt es in Paragraf 7: „Der Betrieb auf und in allen
öffentlichen und privaten Sportanlagen, Schwimmbädern, Fitnessstudios,
Saunen […] ist untersagt.“
Wassersport auf den Seen hingegen ist erlaubt, sofern dieser allein, mit
Angehörigen des eigenen Haushalts oder zusammen mit einer zweiten Person
durchgeführt wird. Darunter fallen auch Schwimmen, Kanu- und
Segelbootfahren. In einem am 7. April veröffentlichen Informationsblatt
hatte die Wasserschutzpolizei das ausdrücklich bestätigt. Auch die neue
Verordnung ändere daran nichts, sagte Martin Pallgen, Sprecher der
Innenverwaltung, am Mittwoch auf taz-Nachfrage. Das Baden in öffentlichen
Gewässern bleibe erlaubt, solange die Abstandsregeln eingehalten würden.
Bereits an den Osterfeiertagen waren die Strände an den Seen gut besucht.
Das Strandbad Wannsee, sonst an Karfreitag immer das erstes Sommerbad, das
öffnet, war aufgrund der Coronaverordnung verriegelt geblieben. Also
packten die Sonnenhungrigen ein paar Meter weiter an der Havel Bikini und
Badehose aus, drehten Wagemutige erste Runden. In Brandenburg am Summter
See an der Oberhavel lagen Sonnenbadende Ostersonntag auf einer kleinen
Strandfläche so dicht an dicht, dass die Polizei 150 Platzverweise erteilte
und schließlich alle der Bucht verwies.
Egal an welchem See im Südwesten der Stadt einen das Rad an diesem Dienstag
vorbeiführt, am Schlachtensee, am Wannsee oder am Teufelssee: Überall sieht
man Menschen bei strahlend schönem Wetter verweilen. Ins Wasser gehen nur
Einzelne, der Wind ist noch sehr kühl. Auf der Liegewiese gegenüber der
Gaststätte Fischerhütte ist viel Platz zwischen den Handtüchern und Decken,
auf denen es sich die Leute gemütlich gemacht haben. Zumeist sind sie
allein oder zu zweit.
Anders ist es in den kleinen Sandbuchten entlang des Sees. Fast alle sind
von Familien mit Kindern belegt. Förmchen und Buddelschaufeln liegen im
Sand, eine Frau im Bikini steht bis zu den Knien im Wasser und zieht
fröstelnd die Schultern hoch. Es sieht nicht so aus, als ob sie es noch
weiter hineinschafft. Ein Paar sitzt am Weg auf einem Baumstamm. Die warmen
Jacken aufgeknöpft, genießen die beiden die Sonne, die Atemschutzmasken
baumeln ihnen unter dem Kinn.
Zwei Enten ziehen durch das sanft gekräuselte Wasser, in dem sich die Sonne
spiegelt. Außer einem Krauler, der in der Ferne seine Bahn zieht, ist im
Moment niemand im Wasser. Zum Baden sei es ihr heute zu kühl, sagt eine
ältere Frau, die gerade die Sachen zusammenpackt. Ihre Tochter gehe aber
jeden Tag in den See.
Um das Thema nicht zu überhöhen: Schon immer hat es Leute gegeben, die
bereits im März oder im April im Freien baden gegangen sind. Es soll auch
ganz Verrückte geben, die im Winter in den Schlachtensee oder die Krumme
Lanke springen. Was aber, wenn die städtischen Freibäder den ganzen Sommer
geschlossen bleiben?
Baden im Freien – „für die Berliner ist das das Lebenselixier“, sagt
Matthias Oloew, Sprecher der Berliner Bäder-Betriebe (BBB). Das Strandbad
Wannsee sei ein gutes Beispiel. Schon im Mai 1945, als der Zweite Weltkrieg
wenige Tage vorbei und die Stadt zerbombt war, habe es wieder aufgemacht.
Und zuvor sei es bis 1944 offen gewesen.
In den Sommermonaten haben die BBB ihre höchsten Besucherzahlen. Nicht
auszudenken, was passiert, wenn die Bevölkerung diesen Sommer nicht
verreisen darf und die Freibäder geschlossen bleiben. Angesichts der
Tatsache, dass bis zum 31. August keine Veranstaltungen mit mehr als 1.000
Leuten stattfinden dürfen, sieht es nicht rosig aus.
Das Problem ist dabei nicht das Wasser, das ist nicht infektiös. Doch
Umkleiden, Duschen und WCs müssen laut der Verordnung für Sportstätten
geschlossen bleiben. Ein Problem wäre es unter
Infektionsschutzgesichtspunkten auch, wenn Massen an den Kassen anstehen
oder sich an der Rutsche drängeln.
Mit der Ansage, dass die Theatersaison bis zum 31. August abgesagt ist,
hat Kultursenator Klaus Lederer (Linke) in seinem Bereich für Klarheit
gesorgt. Vorstellbar wäre, dass für die Freibäder eine ähnliche Aussage von
Sport- und Innensenator Andreas Geisel (SPD) kommt. Wenn die Bäder schon
nicht aufmachen können, könnten dort Baumaßmaßnahmen vorgezogen werden, um
zumindest im nächsten Jahr einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten.
Er könne und werde keine Prognose abgeben, was eine Öffnung der Freibäder
betreffe, sagt Geisels Sprecher Pallgen. Wenn sich zeige, dass die Berliner
im Sommer zu Abertausenden an die Seen zögen und alle Regeln außer Acht
ließen, werde geschehen, was in Zeiten von Corona geschieht: Polizei und
Ordnungsämter werden eingreifen.
22 Apr 2020
## LINKS
[1] https://www.berlin.de/corona/massnahmen/verordnung/
## AUTOREN
Plutonia Plarre
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