# taz.de -- Konflikt um Draußenstadt-Projekt: Tanzverbot am Sandstrand | |
> Im Strandbad Plötzensee will das Bezirksamt Mitte keine | |
> Musikveranstaltungen haben. Der Betreiber will dagegen klagen. | |
Bild: Baden ist erlaubt, Tanzen nicht: Zumindest, wenn es nach dem Bezirksamt M… | |
Berlin taz | In der Sonne liegen, baden, Beachvolleyball spielen und | |
abends, wenn sich ein schöner Tag am Strand dem Ende zuneigt, nicht nach | |
Hause gehen, sondern einfach noch ein paar Stunden zum Konzert oder Party | |
da bleiben. So in etwa lässt sich das Konzept für das Strandbad Plötzensee | |
beschreiben, welches Pächter Michel Verhoeven entwickelt hat. Doch die | |
Verwirklichung seiner Vision droht nun an der Bezirksverwaltung zu | |
scheitern. Am Samstag untersagte das Bezirksamt Mitte dem Betreiber, | |
weitere Veranstaltungen auf dem Gelände durchzuführen. | |
Das Bezirksamt führt in einer Pressemitteilung eine Reihe von Gründen an. | |
Unter anderem sei der Plötzensee mitsamt seiner Uferzonen Teil des | |
Landschaftsschutzgebiets Rehberge, es gäbe „berechtigte Interessen von | |
Anwohnenden“. Aber vor allem wolle man verhindern, dass sich der Plötzensee | |
in eine „Eventlocation“ verwandele. „Unsere Parks, öffentlichen Grünanl… | |
und Gewässer werden nach der Pandemie umso dringender als gemeinschaftlich | |
nutzbare Flächen von allen Bürgerinnen und Bürgern benötigt“, so die | |
Begründung des Bezirksamts. | |
Die Entscheidung kam nicht nur für Verhoeven überraschend. Denn die | |
„Plötze“, wie das Strandbad kurz genannt wird ist Teil des vom Senats | |
forcierten [1][Draußenstadt-Programms]. Im Vorfeld hatte es bereits | |
ausführliche Gespräche zwischen dem Betreiber, Bezirk und den | |
Koordinator:innen des Draußenstadtprojekts gegeben. | |
Die Clubcommission, ebenfalls organisatorisch am Draußenstadtprojekt | |
beteiligt, kritisiert das Bezirksamt scharf. Für die Entscheidung habe er | |
„null Verständnis“, so Pressesprecher Lutz Leichsenring gegenüber der taz. | |
„In diesen Zeiten müssen wir unkompliziert Draußenflächen schaffen.“ Au�… | |
dem Strandbad hätte der Bezirk keine einzige bespielbare Fläche | |
bereitgestellt. | |
## Zukunft des Strandbads ist gefährdet | |
„Es muss nicht alles in Mitte stattfinden“, antwortet hingegen das | |
Bezirksamt Mitte auf taz-Anfrage. | |
Die Behörde habe schon seit Mai darauf hingewiesen, dass das Strandbad | |
keine Eventlocation sei, und auch wiederholt bei der für Draußenstadt | |
verantwortlichen Senatsverwaltung für Kultur angefragt, das Strandbad von | |
der Liste der bespielbaren Flächen zu streichen, so Pressesprecher Danilo | |
Hafer. „Die Baugenehmigung untersagt ausdrücklich jegliche Art von | |
Tanzveranstaltungen und Events.“ Schon bei vergangenen Veranstaltungen, so | |
das Bezirksamt, habe es Lärmbeschwerden von Anwohnenden gegeben. | |
Die unerbittliche Haltung des Bezirksamts sorgt bei Betreiber Verhoeven für | |
Verzweiflung: „So langsam bin ich am Ende“, seufzt er am Telefon. Denn das | |
Veranstaltungsverbot, das mit der Androhung einer Geldstrafe von bis zu | |
10.000 Euro oder Gefängnishaft verbunden ist, gefährdet nicht nur das | |
Draußenstadt-Projekt, sondern die Zukunft des gesamten Strandbades. | |
Seit 2019 ist der Holländer Pächter des über 170 Jahre alten Strandbads in | |
Wedding. Sein Vorgänger ließ das denkmalgeschützte Gebäude langsam | |
verkommen, kassierte Eintritt und investierte ansonsten nichts. Verhoeven | |
hingegen will mit Investitionen und einem neuen Konzept dem Strandbad neues | |
Leben einhauchen. | |
## Kultur finanziert Bad | |
Die Idee ist, den wenig profitablen Badebetrieb mit Kulturveranstaltungen | |
querzufinanzieren. Tagsüber baden, an den Abenden Konzerte und Theater. | |
Auch können so im Frühjahr und im Herbst noch Einnahmen generiert werden. | |
Die seien bitter notwendig, denn allein die Instandhaltung des Gebäudes und | |
der Grünflächen übersteige die Einnahmen des Badebetriebs. Dazu kämen die | |
fast 130 Angestellten. | |
Verhoeven ist sich sicher, dass ein Strandbad in der klassischen Form weder | |
attraktiv noch zeitgemäß ist: „Warum sollte ich 3 Euro bezahlen, wenn ich | |
gegenüber auch im gesperrten Bereich baden kann?“ Das Kulturprogramm biete | |
hingegen den entscheidenden Anreiz, den Eintritt zu zahlen. | |
Auch die Bezirksverordnetenversammlung des Bezirks begrüßt Verhoevens Idee. | |
In einem Beschluss vom 17. Juni forderte das Bezirksparlament das | |
Bezirksamt dazu auf, die Anträge auf Sondergenehmigungen wohlwollend zu | |
prüfen. | |
Verhoeven hofft nun auf eine einvernehmliche Lösung durch weitere | |
Gespräche. „Ich glaube, es gibt sehr viele Missverständnisse.“ | |
Ansonsten ist er bereit, den Rechtsweg zu gehen: „Die Klage ist bereits | |
vorbereitet“. | |
21 Jul 2021 | |
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## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
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