# taz.de -- Strafverfolgung von Kleindealern: Hamburgs „Taskforce Drogen“ m… | |
> Mit der Legalisierung von Marihuana hat die Sondereinheit der Hamburger | |
> Polizei jede Existenzberechtigung verloren. Höchste Zeit, sie aufzulösen. | |
Bild: Polizeigewalt gegen Kleindealer ist oft völlig überzogen und unnötig | |
Weed ist legal – aber was bedeutet das für die [1][Kleindealer, die sich | |
mit dem Straßenverkauf] das Taschengeld beziehungsweise die | |
Asylbewerberleistungen aufbessern? Wahrscheinlich werden sie ihrer | |
Tätigkeit weiter nachgehen, denn sie haben ja immer noch keine | |
Arbeitserlaubnis. Und die Nachfrage wird weiterhin bestehen, solange es | |
keinen unkomplizierten Verkauf gibt. Denn nicht jeder, der ab und zu einen | |
Joint raucht, hat Bock, sich zum Grasgärtner fortzubilden. Sein Bier braut | |
man sich ja auch nicht selber, nur weil man es darf. | |
Aber was bedeutet die Teillegalisierung für die Verfolgung der Dealer? Für | |
die Arbeit und für die Existenzberechtigung der „Taskforce Drogen“? Die | |
Sondereinheit der Hamburger Polizei fährt seit acht Jahren täglich | |
Schwerpunkteinsätze in St. Pauli, St. Georg und dem Schanzenviertel, um die | |
„öffentlich wahrnehmbare Drogenkriminalität“ zu bekämpfen. | |
Damit hat sie viel Stress und Leid über viele Menschen gebracht. | |
Anwohner*innen sind genervt von der de-facto-Belagerung ihres Viertels | |
– [2][alle vier bis fünf Minuten kommt an einigen Orten eine Patrouille | |
vorbei]. Am meisten leiden aber die Straßenverkäufer, von denen viele aus | |
Westafrika nach Deutschland geflohen sind – auf der Suche nach einem | |
sicheren Leben und einer ordentlichen Arbeit. Doch beides verwehrt ihnen | |
der deutsche Staat. | |
Gras und andere Substanzen an Partytourist*innen zu verticken, ist | |
dann leider oft die einzige Option für jene, die es nicht aushalten, | |
tatenlos herumzusitzen und auf Post von der Ausländerbehörde zu warten. | |
Doch der Preis für den prekären Scheißjob ist hoch. Zu den ohnehin | |
schlechten Arbeitsbedingungen kommt die Repression: die körperliche Gewalt | |
durch die Beamt*innen und nicht selten die Haft. | |
In der Regel geht es dabei immer nur um Kleinstmengen Marihuana, die | |
anderenorts auch vor der Teillegalisierung als Eigenbedarf eingestuft | |
wurden. Bei Geflüchteten hingegen, die ja sonst kein Geld verdienen dürfen, | |
geht die Justiz automatisch davon aus, dass sie die 0,5 oder 1,5 Gramm | |
Gras, die die Polizei bei ihnen findet, zum Verkaufen mit sich führen. Auch | |
wenn das in vielen Fällen so sein mag, ist es falsch, hier mit zweierlei | |
Maß zu messen: Für Schwarze Flüchtlinge gilt dies, für weiße Hiergeborene | |
das. Das ist rassistische Scheiße, Punkt. | |
## Hamburgs „Taskforce Drogen“ gehört aufgelöst | |
Es ist höchste Zeit, die Verfolgung der Schwarzen Straßendealer zu beenden. | |
Natürlich war die rassistische Polizeipraxis auch schon vor der | |
Legalisierung von Weed schäbig und [3][einer aufgeklärten Gesellschaft | |
unwürdig]. Aber bislang konnte sich die Polizeiführung immer auf das | |
Argument zurückziehen, sie mache die Drogenpolitik nun mal nicht selbst und | |
solange Cannabis illegal sei, müssten Polizist*innen den Verkauf | |
ahnden. | |
Jetzt ist zwar der Straßenverkauf noch immer illegal. Aber der | |
Wahnsinnsaufwand, mit dem die Taskforce die jungen Männer verfolgt, die | |
eine mittlerweile legale Substanz verkaufen, ist nun wirklich nicht mehr zu | |
rechtfertigen. Der Schaden für die Betroffenen, das Steuergeld, die | |
Überstunden, die personellen Ressourcen, das alles stand schon vorher in | |
keinem guten Verhältnis zum Ergebnis. Jetzt tut es das noch weniger. | |
## Polizisten könnten Sinnvolles tun | |
Leider ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass die Polizeiführung | |
entsprechend reagiert und die Taskforce Drogen auflöst. Dabei hätten die | |
Polizist*innen jetzt die Chance, mal etwas Sinnvolles zu machen. Gegen | |
Zwangsprostitution vorzugehen zum Beispiel, gegen Kinderpornographie, gegen | |
Menschenhandel. Man kann sonst auch umlernen. Sozialarbeiter*innen | |
werden viele gebraucht, Pfleger*innen auch, eigentlich fehlen ja überall | |
Fachkräfte. Das Arbeitsamt kann einen da beraten. | |
Und wenn das alles nicht gut genug scheint, hilft es vielleicht, sich zu | |
vergegenwärtigen, was der noch viel beschissenere Job ist: Bei Nieselregen | |
Gras an Partytourist*innen zu verticken, und dabei auch noch von der | |
Polizei drangsaliert zu werden. | |
3 Apr 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Polizeistrategie-in-Hamburg/!5835206 | |
[2] /Racial-Profiling-in-Hamburg/!5971367 | |
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## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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