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# taz.de -- Staatliche Coronahilfe: Stütze für Millionen
> Das Kurzarbeitergeld soll auf 24 Monate verlängert werden. In der Kasse
> der Arbeitslosenversicherung fehlen dadurch Milliarden Euro.
Bild: Kurz oder lang? Eine Auszubildende der Berliner Firma Hruby Werbetechnik …
Berlin taz | Es ist mit die wichtigste und geräuschloseste sozialpolitische
Maßnahme in der Coronapandemie: das Kurzarbeitergeld, das derzeit vier bis
fünf Millionen Beschäftigte bekommen, die wegen der Pandemie in ihren
Unternehmen weniger oder gar nicht arbeiten können. Am Dienstag entscheidet
der Koalitionsausschuss mit den Spitzen der Regierung darüber, ob die
Höchstbezugsdauer bei Kurzarbeit mit den Corona-Sonderregelungen von 12 auf
24 Monate verlängert werden.
[1][Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD)] zeigte sich am Montag gegenüber
NDR Info zuversichtlich, dass man die Verlängerung „hinbekomme“. Scholz ist
versiert in dem Thema: Vor mehr als zehn Jahren hatte er als damaliger
Arbeitsminister in der Finanzkrise erfolgreich für eine Verlängerung der
Höchstbezugsdauer des Kurzarbeitergelds gestritten.
Damals rettete die Sozialleistung Millionen von Arbeitsplätzen und war mit
ein Grund dafür, dass der Arbeitsmarkt in Deutschland im Zuge der
Finanzkrise 2008/2009 nicht dramatisch einbrach. In den Jahren danach galt
Deutschland als eine Art Beschäftigungswunder, auf das die europäischen
Nachbarstaaten neidisch blickten.
Allerdings hatte die Kurzarbeit damals eine andere Dimension: Im Mai 2009
waren rund 1,5 Millionen Menschen in Deutschland in Kurzarbeit. Im Mai 2020
hingegen bezogen 6,7 Millionen Menschen Kurzarbeitergeld, für den Juni geht
die Bundesagentur für Arbeit von 4,5 Millionen Menschen aus, die die
Leistung beziehen.
## Kurzarbeit mit Weiterbildung verbinden
Die Sonderregelungen in der Coronakrise sehen vor, das Kurzarbeitergeld bei
längerer Bezugsdauer auf eine Höhe von bis zu 87 Prozent des entgangenen
Nettolohnes aufzustocken. Auch die Sozialversicherungsbeiträge für die
Arbeitgeber werden dabei von der Bundesagentur übernommen. Normalerweise
beträgt das Kurzarbeitergeld nur 60 Prozent (Kinderlose), beziehungsweise
67 Prozent des entgangenen Nettolohnes.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) schlägt laut Medienberichten vor,
die Aufstockung des regulären Kurzarbeitergelds und die Übernahme der
Sozialversicherungsbeiträge bis März 2022 zu verlängern, wobei die
Übernahme der Sozialbeiträge ab April 2021 davon abhängig gemacht werden
soll, dass die Unternehmen ihre MitarbeiterInnen in der Zeit weiterbilden.
Auch nach dem Willen der Union soll die Kurzarbeit mit Weiterbildung
verbunden werden. [2][Die Unionsfraktion ist zu einer Verlängerung des
Kurzarbeitergelds bereit, wenn die Voraussetzungen verschärft werden.] Die
Aufstockung des Kurzarbeitergelds auf bis zu 87 Prozent müsse „auf das alte
Niveau zurückgefahren werden“, sagte Union-Fraktionsvize Carsten Linnemann
der Rheinischen Post, „jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo wir das Geld
nicht mehr mit vollen Händen ausgeben können“.
Auch der Arbeitgeberverband Gesamtmetall und die Gewerkschaften sind für
eine Verlängerung der Bezugsdauer mit den Sonderregelungen. Michael
Hüther, Direktor des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft
(IW) warnt allerdings vor „Breitbandanwendungen“ des Kurzarbeitergelds. Die
Lage der Betriebe werde im Zuge der Konjunkturerholung „differenzierter“.
## Die Kasse der Bundesagentur für Arbeit leert sich
Wegen der hohen Zahlungen für Kurzarbeitergeld, mehr Arbeitslosengeld und
den entsprechenden Sozialleistungen in der Coronakrise leert sich die Kasse
der Bundesagentur für Arbeit. Vorstandschef Detlef Scheele hat bereits ein
Haushaltsdefizit der Bundesagentur von 30 Milliarden Euro für das Jahr 2020
angekündigt und hält auch ein Defizit im Jahr 2021 für möglich. Rutscht der
Haushalt der Bundesagentur ins Minus, muss die Bundesregierung mit einem
Zuschuss oder Darlehen einspringen. Aus dem Haushalt der Bundesagentur
werden auch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen bezahlt.
Angesprochen auf die Debatte über den Missbrauch der Staatshilfe sagte eine
Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit der taz, zu Beginn der Coronakrise
habe man „schnell und flexibel“ reagieren müssen. Jetzt aber schaue man
„genauestens hin“. Kurzarbeitergeld werde vorläufig bewilligt und
ausgezahlt. Bei einer Abschlussprüfung würden dann „noch einmal alle
eingereichten Belege genau überprüft“. Seit Jahresbeginn gebe es etwa 1.516
Hinweise auf Betrugsverdacht. (mit dpa)
24 Aug 2020
## LINKS
[1] /SPD-Kanzlerkandidat-Olaf-Scholz/!5704091&s=Kurzarbeitergeld/
[2] /Kurzarbeitergeld-bis-2022/!5708432&s=Kurzarbeitergeld/
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
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