# taz.de -- Soziale Ungleichheit nimmt zu: Ohne Mühen zu mehr Reichtum | |
> Warum stört uns, dass es immer mehr Millionäre gibt? Weil großer Reichtum | |
> dem heutigen Ideal der sozialen Gerechtigkeit widerspricht. | |
Bild: Die erste Million ist schwer, danach geht es zumeist schneller | |
Eigentlich ist das kein Aufreger, sondern eine Binsenweisheit: Die Reichen | |
werden reicher – und mehr. Im vergangenen Jahr stieg der Zahl der | |
Vermögensmillionäre weltweit auf rund 22,5 Millionen Personen. Ihr | |
gemeinsames Kapital summiert sich inzwischen auf 82.000 Milliarden Euro, | |
wie die französische [1][Unternehmensberatung Capgemini] gerade errechnet | |
hat. Das entspricht ungefähr der gesamten Wirtschaftsleistung der Welt in | |
einem Jahr. Ja, das ist unvorstellbar viel Geld. Aber warum stört uns das? | |
Ein Blick zurück in die Geschichte: Die Könige, Kurfürsten, Erzbischöfe des | |
Mittelalters waren im Vergleich zu den damaligen Bauern und Handwerkern | |
mindestens so reich wie die heutige Elite. Die Industriellen des 19. | |
Jahrhunderts lebten wahrscheinlich doppelt so lange wie ihre Arbeiterinnen | |
und Arbeiter. Der Unterschied zwischen diesen historischen Epochen und der | |
Gegenwart besteht im [2][Ideal der sozialen Gerechtigkeit.] | |
Dieses Ideal lässt die heutigen Menschen zu große Differenzen im Wohlstand | |
als unmoralisch betrachten. Außerdem gefährdet eklatante soziale | |
Ungleichheit die politische Gleichberechtigung: Wenn Schulen wegen | |
Geldmangels so schlecht ausgestattet sind, dass Kinder aus ärmeren Familien | |
keine vernünftige Bildung erhalten, untergräbt das die Demokratie. | |
Trotzdem gebiert Kapital mehr Kapital. Die erste Million ist schwer, danach | |
geht es zumeist schneller, oft quasi ohne viel Zutun der Eigentümer. Diese | |
Reichtumsvermehrung kann man nicht einmal mit diktatorischen Methoden wie | |
in China oder Nordkorea verhindern – selbst dort fährt die Elite | |
Lamborghini. Allerdings müssen es sich die Reichen in zivilisierten Staaten | |
heute gefallen lassen, dass sie einen guten Teil ihrer Zugewinne an die | |
Allgemeinheit abtreten. | |
[3][Wie viel Steuern gerecht sind], ist immer wieder Gegenstand der | |
öffentlichen Debatte. Momentan dürfte es ruhig etwas mehr sein. Schließlich | |
ginge es nur darum, dass die Reichen etwas weniger schnell noch reicher | |
werden. Die Verlangsamung schadet ihnen nicht, auch wenn der Verband der | |
Familienunternehmen das Gegenteil behauptet. | |
15 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.capgemini.com/de-de/news/world-wealth-report-2022/ | |
[2] https://www.diw.de/de/diw_01.c.835812.de/viele_europaeerinnen_sehen_defizit… | |
[3] https://www.netzwerk-steuergerechtigkeit.de/ | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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