# taz.de -- Sookee aka. Sukini rappt für Kinder: Liebevoll und glitzernd | |
> Florierendes Genre Kinder-HipHop: Rapperin Sookee nennt sich nun Sukini | |
> und veröffentlicht das Album „Schmetterlingskacke“. | |
Bild: Sukinis Themen: Liebe, Freude, Ärger, Schmerz | |
Von dem, was den Deutschrap einmal stark gemacht hat, ist gegenwärtig wenig | |
geblieben. Widersprüche zum Sprechen und Gefühle zum Ausdruck bringen, ohne | |
dabei auf Ambivalenzen verzichten zu müssen, gelingt dem Genre immer | |
seltener. Hoffnung kommt nun ausgerechnet aus einer Ecke, von der man es | |
vielleicht nicht erwartet hätte: Im HipHop für Kinder und Jugendliche gab | |
es zuletzt etliche Veröffentlichungen, etwa von [1][Deine Freunde] oder D!e | |
Gäng. | |
In diese Reihe fügt sich nun auch die feministische Berliner Rapperin | |
Sookee. Unter dem Namen [2][Sukini] veröffentlicht sie jetzt das Album | |
„Schmetterlingskacke“ und will damit einer Zielgruppe einen anderen | |
HipHop-Zugang eröffnen, die fortwährend Gangsta-Rap auf den Schulhöfen | |
hört, ohne die emotionalen Potenziale von Rap auch nur zu erahnen. Sukinis | |
Tracks adressieren zwar primär Kinder im Grundschulalter, die Themen | |
reichen aber weit darüber hinaus. | |
„Schmetterlingskacke“ ist weich, zart und mitfühlend, die Stücke changier… | |
zwischen Liebesliedern und Battlerap, musikalisch umfasst das Repertoire | |
damit den Sound, den jugendliche Rap-Hörer*innen kennen. Sukini gibt jenen | |
in ihren Liedern mit auf den Weg: es sind nicht nur die harten Gefühle, | |
sondern auch die weichen, die – mit Kontrabass- und Gitarrensound – zum | |
Klingen gebracht werden können. | |
Sie beschäftigt sich mit all jenem, das nicht nur Kinder, sondern Menschen | |
allen Alters bewegt – von der Liebe und Freude bis hin zum Ärger und | |
Schmerz: „Du und ich, wir wachsen zusammen/ du und ich, wie lachen und | |
dann/ sind wir im Herzchen ganz aufgeregt, ganz aufgeregt.“ | |
Manche Lines von Sukini werden Kinder vielleicht überfordern, die meisten | |
Verse aber werden sie herausfordern, mehr verstehen zu wollen, dazu | |
anregen, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. So etwa in dem Track „Alle | |
Menschen“, der – aus Erwachsenensicht – an die Idee von Norbert Elias | |
erinnert, nach der jedes Individuum die Menschheitsgeschichte in | |
komprimierter Form noch einmal durchlaufe und der individuelle | |
Lebensgeschichten zum Anlass nimmt, um große Fragen kindgerecht zu | |
formulieren: „Scheint die Sonne denn nicht für alle?“ Sukini schließt mit | |
der Forderung an: „Jeder Mensch soll leben können, wo und wie er mag / | |
Atmen, schlafen, lernen, lieben, jeden Tag.“ | |
## Mobbingerfahrungen | |
Es gibt unter den zwölf Tracks solche, die davon erzählen, wie Kinder still | |
gestellt werden, wie ihre Neugier von Erwachsenen vertröstet, abgewehrt, | |
aufgeschoben wird: „Das verstehst du noch nicht / das ist zu kompliziert / | |
ich kann jetzt nicht / ich muss mich konzentrieren.“ | |
Dann solche, die Mobbingerfahrungen thematisieren und davon handeln, wie | |
leidvoll diese sind und wie arg sie am Selbstbewusstsein nagen: „Ich | |
schlich durchs Zimmer / wollte in den Kleiderschrank / öffnete ihn und | |
darin / saß ein kleiner Mann// Er schaute mich ängstlich an / und sagte tu | |
mir nix / Dann erklär mir mal / warum du in unserer Bude sitzt? // Er | |
antwortete mit errötetem Gesicht / Hier bin ich sicher / draußen mögen sie | |
mich nicht“. Daran anschließend betont Sukini, wie wichtig der Schutz durch | |
Freunde ist, um am Mobbing nicht zu zerbrechen, um zu begreifen: „So wie | |
ich bin, macht es Sinn“. | |
Oder Sukini erzählt von „Prinzessin Peach“, die von Super-Mario stets in | |
eine passive Rolle gedrängt wird, obgleich sie es in echt „faustdick | |
hintern Ohren“ hat und eine Prinzessin eben nicht geboren sei, um gerettet | |
zu werden. Ein Song, der die binäre Geschlechterordnung infragestellt. | |
Auch das Stück „Glitzer“ handelt vom Aufbegehren gegen die gesellschaftlich | |
vorgegebene Dichotomie aus „blau“ und „rosa“. Sukini spinnt darin hymni… | |
und witzig den „Pizza“-Song der Antilopen Gang fort, sampelt deren Beats | |
und paraphrasiert den Refrain: „Oh ich glaube fest daran, dass uns Glitzer | |
retten kann / jeder Revolutionär, braucht nur Glitzer ungefähr.“ Man kann | |
dieses Stück als eine Ode an die kindliche Fantasie lesen, die die Welt und | |
den Alltag bunter und erträglicher machen kann. | |
Und wenn das Album dann mit dem Track „Gute Nacht mein Kind“ schließt, | |
wünscht man sich, man hätte schon in der eigenen Kindheit ein solches | |
Schlaflied hören können. Liebevoll erzählt es vom Tag eines Kindes, von | |
Glück und Ärger, von kleinen Erfolgen und Misserfolgen, von dem, was das | |
Kinderherz am Abend bewegt. | |
Es ist voller Anerkennung und Liebe: „Schlaf recht tief / schön, dass es | |
dich gibt.“ In dem Song schwingt die Hoffnung mit, dass die Welt ein | |
bisschen weniger schlecht sein möge, wenn sich in zwanzig Jahren diejenigen | |
an Sukinis Kinderlieder erinnern, die ihre Songs dieser Tage hören. Ein | |
bisschen mehr Glitzer, im Deutschrap und anderswo, könnte auf dem Weg dahin | |
helfen. | |
28 Sep 2019 | |
## LINKS | |
[1] /HipHop-fuer-Kinder/!5486145/ | |
[2] https://www.facebook.com/Sukini.Musik/ | |
## AUTOREN | |
Samuel Salzborn | |
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