# taz.de -- Signa in der Krise: Es könnte auch anders kommen | |
> Die nächste Insolvenz Galeria-Karstadt-Kaufhofs scheint nur eine Frage | |
> der Zeit. Initiativen drängen auf alternative Nutzungen für die | |
> Warenhäuser. | |
Bild: Der Hermannplatz hat auch eine Zukunft ohne Signa-Neubau | |
Berlin taz Mit der Krise des Immobilien- und Einzelhandelskonzerns Signa | |
steht die Signa-Tochter Galeria-Karstadt-Kaufhof mal wieder vor dem | |
Ungewissen. Und die Frage, was mit Galeria passiert, wenn Signa pleitegeht, | |
erhitzt die Gemüter: Während der Senat bekannte Schreckensszenarien von | |
sterbenden Innenstädten und Arbeitsplatzverlust an die Wand malt und an | |
einer Kooperation mit Signa festhält, fordern Opposition und | |
Zivilgesellschaft neue Konzepte für die Warenhausstandorte. | |
Der wohl prominenteste Streitfall dieser Debatte ist der Hermannplatz. Hier | |
plante Signa eigentlich eine komplette Entkernung und umfassende | |
Erweiterung des Karstadt-Gebäudes, mit einer Rekonstruktion der | |
historischen Art-déco-Fassade des Vorgängerbaus von 1929. | |
Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey warnte [1][in der Parlamentsdebatte | |
am Donnerstag] vor einem Scheitern des Projekts: „Jeder, der glaubt, der | |
Hermannplatz könne so bleiben, wie er ist, sollte mal da hingehen.“ | |
Die Initiative Hermannplatz fordert hingegen, endgültig mit Signa zu | |
brechen und Warenhausimmobilien wie am Hermannplatz zu vergesellschaften. | |
Der Initiative geht es nicht um Stillstand, sondern um | |
gemeinwohlorientierte Alternativen: Statt eines Warenhauses könne dort ein | |
„Andershaus“ entstehen, sagt Niloufar Tajeri, Architektin und Aktivistin | |
der Initiative. „Es ist eine Utopie, in der man die Nahversorgung anders | |
organisiert – ohne Konzerne, aber mit dem Wohl der Gemeinheit im Sinn.“ | |
Das „Andershaus“ wäre genossenschaftlich organisiert, die | |
Galeria-Beschäftigten würden bei dem Konzept das Warenhaus selbst | |
betreiben. „Jeder Mitarbeitende weiß, welche Abteilung gut läuft und welche | |
nicht und wie Logistikketten funktionieren“, erklärt Tajeri. Dieses Wissen | |
werde bei Signas derzeitigen Top-down-Management kaum beachtet, einer der | |
vielen Gründe für die Krise. Auch wäre das „Andershaus“ nicht nur auf | |
Konsum, sondern auch auf Nachhaltigkeit ausgelegt: So könne man Angebote | |
für Verleih und Reparatur schaffen, schlägt Tajeri vor. | |
## Signa braucht dringend Kapital | |
Mit ihrer Idee der gemeinwohlorientierten Nutzung der Warenhäuser ist die | |
Initiative nicht allein. Auch die Opposition forderte in ihrem gemeinsamen | |
Antrag am Donnerstag eine Vergesellschaftung und gemeinwohlorientierte | |
Nutzung als Alternative. | |
Die Stadtentwicklungspolitikerin Katalin Gennburg (Linke) wirbt schon seit | |
der letzten Galeria-Pleite im März für das Konzept der „Sorgezentren“, das | |
viele Ähnlichkeiten mit dem „Andershaus“ besitzt: Nahversorgung ohne | |
Profitorientierung, dazu einfachen Zugang zu Betreuungsangeboten wie Kitas | |
und Altenpflege. | |
Utopisch blieben solche Ideen vor allem aufgrund der Eigentumsfrage: | |
Eigentümer:innen wie Signa waren nur selten an dieser wenig Profit | |
versprechenden Nutzung ihrer Immobilien interessiert. Doch nun könnte die | |
Krise des Konzerns eine realistische Chance zur Umsetzung bieten. | |
Um die drohende Insolvenz abzuwenden, braucht Signa dringend frisches | |
Kapital und verkauft daher, was geht. Der Ausverkauf des Unternehmens | |
betrifft auch die Galeria-Standorte. Erwartbar ist, dass Signa auch das | |
Karstadt-Projekt am Hermannplatz verkaufen wird, sobald der Senat dort | |
Baurecht geschaffen hat. | |
## Umstrittener Deal | |
Das aktuell laufende Bebauungsplanverfahren basiert auf dem „Letter of | |
Intent“ (LOI) genannten Deal aus dem Jahr 2020. Im Zuge der ersten | |
Galeria-Insolvenz gab Signa mehrjährige Bestandsgarantien für vier | |
schließungsbedrohte Filialen. Im Gegenzug sicherte der damals rot-grün-rote | |
Senat zu, die Planungen für die umstrittenen Bauprojekte an den Standorten | |
Hermannplatz, Alexanderplatz und Kurfürstendamm voranzutreiben. | |
„Wenn ein neuer Investor kommt, wissen wir nicht, was daraus wird“, | |
kritisiert Tajeri. Auch wäre dieser nicht an die Abmachungen des LOI | |
gebunden und hätte kaum Anreize, bei einem Neubauprojekt die Filiale eines | |
Warenhauskonzerns mit einzuplanen, der seit Jahren von einer Insolvenz in | |
die nächste rutscht. | |
Mit der Aufkündigung des LOI und [2][dem Stopp des Bebauungsplanverfahrens] | |
könnte Signa nicht bauen, und es bliebe dem Konzern kaum etwas anderes | |
übrig, als an den Senat zu verkaufen, sagt Tajeri: „Die Senatsverwaltung | |
hat einen Hebel in der Hand, aber sie nutzt ihn nicht.“ [3][Der Senat hält | |
weiterhin an den Vereinbarungen des LOI fes]t, mit der Begründung, alles | |
tun zu wollen, um die Kaufhäuser samt Arbeitsplätzen zu erhalten. | |
Wie einfach es gehen kann, zeigte Cottbus im Juli: Die Stadt übernahm die | |
dortige Galeria-Filiale, nun ziehen dort das Stadtarchiv, der | |
Bürgerservice und Einzelhändler ein. | |
16 Nov 2023 | |
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## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
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