| # taz.de -- Sexistische Beschimpfungen im Netz: Renate Künast scheitert mit Kl… | |
| > Die Grünen-Politikerin wurde im Netz auf üble Art sexistisch beschimpft. | |
| > Das Berliner Landgericht sieht das als „Auseinandersetzung in der Sache“. | |
| Bild: Renate Künast nannte den Beschluss ein „katastrophales Zeichen, insbes… | |
| Berlin dpa | Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Renate Künast ist vor Gericht | |
| mit dem Versuch gescheitert, gegen Beschimpfungen wie „Geisteskranke“ auf | |
| Facebook gegen sie vorzugehen. Laut einem Beschluss des Landgerichts | |
| Berlin, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, stellen entsprechende | |
| Kommentare „keine Diffamierung der Person der Antragstellerin und damit | |
| keine Beleidigungen“ dar. | |
| Unbekannte hatten Künast unter anderem als „Stück Scheisse“ und „altes | |
| grünes Dreckschwein“ bezeichnet und noch drastischere und auch sexistische | |
| Posts geschrieben. Die Berliner Morgenpost berichtete zuerst darüber. Der | |
| Zeitung zufolge habe das Gericht unter anderem argumentiert, der Kommentar | |
| „Drecks Fotze“ bewege sich [1][„haarscharf an der Grenze des von der | |
| Antragsstellerin noch Hinnehmbaren“]. | |
| Künast kündigte an, sie werde gegen den Beschluss vorgehen. „Der Beschluss | |
| des Landgerichts sendet ein katastrophales Zeichen, insbesondere an alle | |
| Frauen im Netz, welchen Umgang Frauen sich dort gefallen lassen sollen“, | |
| sagte sie. | |
| Die Politikerin hatte erreichen wollen, dass Facebook die personenbezogenen | |
| Daten von 22 Nutzern herausgeben darf. Sie wollte zivilrechtliche Schritte | |
| gegen sie einleiten, wie ihr Anwalt Severin Riemenschneider sagte. Laut | |
| Gericht handelt es sich aber um zulässige Meinungsäußerungen. | |
| Hintergrund ist ein Zwischenruf von Künast aus dem Jahr 1986 im Berliner | |
| Abgeordnetenhaus im Zusammenhang mit der damaligen Pädophilie-Debatte bei | |
| den Grünen. Ihr wurde unterstellt, sich hinter Forderungen nach | |
| Straffreiheit für Sex mit Kindern zu stellen. Dies hatte sie | |
| zurückgewiesen. | |
| ## Künast wies Darstellung zurück | |
| In einem Artikel der Welt am Sonntag vom Mai 2015 wurde der Zwischenruf | |
| zitiert. Demnach sprach eine grüne Abgeordnete im Berliner Landesparlament | |
| über häusliche Gewalt. Ein CDU-Abgeordneter stellte die Zwischenfrage, wie | |
| die Rednerin zu einem Beschluss der Grünen in Nordrhein-Westfalen stehe, | |
| die Strafandrohung wegen sexuellen Handlungen an Kindern solle aufgehoben | |
| werden. Künast rief dazwischen: „Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist!“ | |
| Bereits die Welt am Sonntag stellte die Frage: „Klingt das nicht, als wäre | |
| Sex mit Kindern ohne Gewalt okay?“ Künast hatte das als Missverständnis | |
| zurückgewiesen. Auch ihr Anwalt betonte, mit ihrem damaligen Zwischenruf | |
| habe Künast nur die falsche Wiedergabe des NRW-Beschlusses der Grünen | |
| richtigstellen wollen. | |
| Laut Berliner Morgenpost nahm der rechte Netzaktivist Sven Liebich in einem | |
| mittlerweile gelöschten Beitrag Bezug auf den Zwischenruf und postete den | |
| Künast-Zwischenruf mit einer eigenen Ergänzung: „Komma, wenn keine Gewalt | |
| im Spiel ist, ist Sex mit Kindern doch ganz ok. Ist mal gut jetzt.“ | |
| Die weiteren Kommentare mit den Beschimpfungen posteten User auf Liebichs | |
| Seite. Das Berliner Landgericht begründete seinen Beschluss auch damit, | |
| dass die Öffentlichkeit Künasts Einwurf als Zustimmung zu dem Beschluss der | |
| NRW-Grünen wahrgenommen habe. „Von einer Schmähung kann nicht ausgegangen | |
| werden, wenn die Äußerung in dem Kontext einer Sachauseinandersetzung | |
| steht.“ Riemenschneider hingegen sagte, unter den Posts seien „schwerste | |
| Beleidigungen, die jedes Maß überschreiten“. | |
| ## „Wer soll sich noch engagieren?“ | |
| Der Berliner Morgenpost zufolge werden in dem Beschluss Äußerungen wie | |
| „Knatter sie doch mal so richtig durch, bis sie wieder normal wird“ als | |
| „mit dem Stilmittel der Polemik geäußerte Kritik“ gewertet. Die | |
| Unterstellung, dass Künast „vielleicht als Kind ein wenig zu viel gef…“ | |
| wurde, sei laut Beschluss „überspitzt, aber nicht unzulässig“. Die | |
| Forderung, sie als „Sondermüll“ zu entsorgen, habe „Sachbezug“. Attrib… | |
| wie „Stück Scheiße“, „Schlampe“ sowie „Geisteskranke“ wurden als | |
| „Auseinandersetzung in der Sache“ gewertet. | |
| Künast stellte die Frage: „Wohin geht die Gesellschaft, wenn all solche | |
| Äußerungen als zulässige Meinungsäußerung ertragen und erlitten werden | |
| müssen?“ Solche massiven Abwertungen gefährdeten die Demokratie. „Denn wer | |
| soll sich angesichts dessen noch ehrenamtlich oder politisch engagieren?“ | |
| Selbst wenn das nächstzuständige Kammergericht Berlin den Beschluss | |
| aufhebt, heißt das laut Riemenschneider nicht, dass Künast gegen die | |
| Personen vorgehen kann. Denn Facebook könnte die Daten dann lediglich | |
| herausgeben dürfen. Um dies aber zu erzwingen, sei eine weitere Klage mit | |
| einem aufwendigen Verfahren nötig. | |
| 19 Sep 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.morgenpost.de/berlin/article227129109/Renate-Kuenast-bei-Facebo… | |
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