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# taz.de -- Selenskis Besuch in den USA: Voller Symbolkraft
> Beim US-Besuch des ukrainischen Präsidenten Selenski geht es um
> Raketenabwehr und Geld. Das seien Investitionen in globale Sicherheit,
> sagt er.
Bild: Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski am 21. Dezember im US-Kongr…
Mit gut einer Woche Vorlauf und unter größter Geheimhaltung war der
[1][Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski in Washington]
geplant worden. Mit der Bahn war Selenski nach Polen gereist, von dort flog
ihn eine Maschine der US-Luftwaffe direkt in die US-Hauptstadt.
Nicht im Anzug mit Krawatte, sondern, wie stets bei öffentlichen Auftritten
seit Beginn des russischen Überfalls, im olivgrünen Pulli, ließ sich
Selenski im Weißen Haus von Präsident Joe Biden begrüßen. Beide setzten
alles daran, Freundschaft und Solidarität zu demonstrieren.
Selenski übergab Biden beim presseöffentlichen Vorgespräch einen
militärischen Orden und berichtete, den habe ihm am Vortag bei einem Besuch
in der umkämpften Stadt Bachmut ein ukrainischer Soldat für den
US-Präsidenten mitgegeben, der sich als Kommandeur einer
Himars-Raketeneinheit auf diese Weise bei Biden bedanken wollte.
„Unverdient, aber sehr geschätzt“, kommentierte Biden bescheiden.
In der Sache brachte der Besuch wenig, was nicht zuvor bereits bekannt
gewesen wäre. Biden versicherte der Ukraine die volle Unterstützung,
„solange dies nötig ist“, und informierte über ein neues, 1,9 Milliarden
US-Dollar schweres militärisches Hilfspaket, das erstmals auch die
hochmodernen Patriot-Luftabwehrraketen beinhaltet.
## Stehender Applaus
Wann genau die in der Ukraine zum Einsatz kommen können und wie lange es
dauert, um ukrainisches Militärpersonal an den Systemen zu schulen, blieb
zunächst offen – Experten sprachen später von einigen Monaten, die das
dauern werde.
Bei den Gesprächen hinter verschlossenen Türen brachte Selenski die
weitergehenden Forderungen der Ukraine zum Ausdruck: Insbesondere schwere
Kampfpanzer und Artillerie sowie Raketen mit größerer Reichweite stehen auf
dem Wunschzettel, um die russischen Truppen auch in ihren zurückgezogenen
Stellungen angreifen zu können, aus denen sie ihrerseits ihre [2][Attacken
auf die zivile Infrastruktur der Ukraine] starten.
Den Wunsch allerdings, auch das war vorher absehbar, erfüllte Biden nicht.
Die militärische Unterstützung einer ukrainischen Offensive bis hinein auf
russisches Territorium würde die Nato spalten, sagte Biden.
Der emotionale Höhepunkt von [3][Selenskis Kurzaufenthalt] in der
US-Hauptstadt war sein Auftritt vor einer erst kurz zuvor einberufenen
gemeinsamen Sitzung beider Kammern des US-Kongresses. Die
Kongressmitglieder, geleitet von der noch amtierenden demokratischen Chefin
des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, und Vizepräsidentin Kamala Harris,
begrüßten Selenski mit stehendem Applaus.
## Bei Republikanern bröckelt die Solidarität
In seiner auf Englisch vorgetragenen Rede – mit dem Finger fuhr Selenski
auf seinem Redemanuskript die Worte entlang, um sich nicht zu verhaspeln –
bedankte er sich für die Unterstützung. Er sagte aber auch, dabei handele
es sich nicht um Almosen: „Ihr Geld ist keine Wohltätigkeit, es ist eine
Investition in die globale Sicherheit und Demokratie, mit der wir auf
höchst verantwortungsvolle Weise umgehen“, sagte Selenski, was die
Vertreter*innen beider Parteien erneut zu stehendem Applaus verleitete.
Symbolisch überreichte er dann an Pelosi und Harris eine von vielen
Soldaten unterschriebene ukrainische Fahne, die ebenfalls am Vortag noch an
der Front geweht habe, wie er berichtete.
In den US-amerikanischen Medien wurde der Auftritt zur besten US-Sendezeit
umgehend als „historisch“ gewertet – und Vergleiche zu einem Besuch des
damaligen britischen Kriegspremiers Winston Churchill im Dezember 1941 in
Washington gezogen.
## Letzte Gelegenheit für Pelosi
Für die Biden-Regierung und die sie stützenden Demokrat*innen war es
darauf angekommen, diesen emotional-politischen Moment noch zu schaffen,
bevor Nancy Pelosi am 3. Januar, wenn sich der Anfang November neu gewählte
Kongress konstituiert, ihr Amt an den Republikaner Kevin McCarthy übergibt.
Zwar spricht niemand aus der republikanischen Führungsriege offen davon,
die Unterstützung für die Ukraine einstellen zu wollen, doch in den Reihen
der neuen Mehrheitsfraktion im Repräsentantenhaus bröckelt die Solidarität.
McCarthy hatte kürzlich davon gesprochen der Ukraine keine „Blankochecks“
mehr ausstellen zu wollen. Radikalere Abgeordnete wie die
Trump-Unterstützerin und QAnon-Anhängerin Marjorie Taylor Greene fordern
offen den Abbruch der Lieferungen an die Ukraine.
22 Dec 2022
## LINKS
[1] /Selenski-reist-in-die-USA/!5904243
[2] /-Nachrichten-im-Ukraine-Krieg-/!5902207
[3] /Selenski-reist-in-die-USA/!5904194
## AUTOREN
Bernd Pickert
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Wolodymyr Selenskij
Joe Biden
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