# taz.de -- Schwedisches Fußballmodell: Ungleiches Duell | |
> In Schweden wird die Frauenauswahl gefeiert wie kein anderes Team. Die | |
> DFB-Kickerinnen stehen dagegen immer noch im Schatten der Männer. | |
Bild: Ab in die Kurve! Schwedens Fußballerinnen feiern das Tor zum 3:0 gegen P… | |
Berlin taz | Wenn man die Schwed:innen nach ihrer Lieblingsmannschaft | |
fragt, dann werden die meisten mit „Damlandslaget“, der schwedischen | |
Nationalmannschaft der Frauen, antworten. Die schwedischen Fußballfrauen | |
sind das beliebteste Team des Landes, das stellte das | |
[1][Upplevelseinstitut] in einer Umfrage 2024 fest – und das sogar | |
unabhängig von der Sportart. | |
Es ist eine Situation, von der die deutschen Fußballfrauen nur träumen | |
können. Zwar zählen [2][die DFB-Kickerinnen] zu den besten Teams der Welt | |
und belegen aktuell Platz 3 im Ranking des Internationalen Fußballverbands | |
– die Schwedinnen rangieren auf Platz 6 – doch in den heimischen Stadien | |
und Medien kämpfen sie nach wie vor gegen hartnäckige Klischees und | |
strukturelle Unterschiede. | |
Historisch erklärt sich das Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen | |
leicht. In Schweden wie in Deutschland kann Männerfußball auf eine lange, | |
ununterbrochene Tradition zurückblicken, während Frauenteams sich erst in | |
den 1970er Jahren offiziell formieren durften. In Deutschland verbot der | |
DFB bis 1970 Frauen im Fußball. Die Schwedinnen spielten 1973 bereits ihr | |
erstes offizielles Länderspiel gegen ihre finnischen Nachbarinnen – die | |
deutschen Frauen 1982 – und 1984 gewann das Team um Trainer Ulf Lyfors die | |
erste Frauen-EM der Uefa. | |
Während sich die deutsche Frauen-Bundesliga 1990 entwickelte, kickten die | |
Schwedinnen schon zehn Jahre zuvor in der Damallsvenskan gegeneinander. | |
Parallel dazu setzt der schwedische Fußballverband mit Programmen in | |
Schulen aktiv darauf, Mädchen schon in der Grundschule systematisch an | |
Klubs heranzuführen. Es ist nur eine kleine Vorreiterrolle, die die | |
Schwedinnen haben, und doch wirkt sie sich bis heute aus – nicht auf dem | |
Platz, sondern in den Köpfen. Denn Schweden zeigt die zur nationalen | |
Identität gehörende Gleichstellung in der Praxis. 2019 verzichtete die | |
Männer-Nationalelf öffentlich auf einen Teil ihrer Prämien, um | |
Verhandlungen für eine Prämienangleichung mit den Frauen zu beschleunigen. | |
## Ausgezeichnete Gleichstellung | |
Im vergangenen Jahr bekam der Schwedische Fußballverband für seine steten | |
Bemühungen den schwedischen Gleichstellungspreis verliehen. In Deutschland | |
blieben vergleichbare Signale politischer und gesellschaftlicher | |
Solidarität hingegen bis heute weitgehend aus. | |
Der skandinavische Vorsprung ist sogar messbar – in den Stadien und vor den | |
Fernsehern. Bei der Europameisterschaft 2022 in England erzielte der | |
schwedische Sender SVT im Schnitt 1,2 Millionen Zuschauer pro Frauenspiel, | |
was einem Marktanteil von 61 Prozent entspricht. In Deutschland blieb der | |
durchschnittliche Marktanteil bei der EM deutlich darunter – bei 22,6 | |
Prozent im ZDF. | |
Da passt es, dass ein Redakteur des schwedischen Portals | |
[3][sportbibeln.se] sogar schreibt, er „finde die Damenmannschaft besser | |
als die Herrenmannschaft“. Er ist nicht der Einzige, der solche klaren | |
Worte wählt. Auf der Plattform Reddit diskutierten User:innen schon vor | |
Jahren darüber, warum die schwedische Frauen-Nationalmannschaft besser und | |
beliebter ist als die der Herren. Angreiferin Fridolina Rolfö vermutet: | |
„Wir sind wohl ziemlich offen und zeigen viel von uns, ich glaube, dass | |
viele das mögen.“ | |
Im Vergleich sind die schwedischen Frauen sowieso erfolgreicher als die | |
Männer. Mit einem EM-Titel, drei zweiten und fünf dritten Plätzen sind sie | |
den Männern deutlich überlegen. Die können nur einen dritten Platz | |
vorweisen. Die deutsche Nationalmannschaft der Männer hingegen dominiert | |
die Schlagzeilen, füllt die Stadien und erzielt in Preisgeldern und | |
Einschaltquoten regelmäßig Höchstwerte, während die DFB-Frauen weiterhin um | |
Aufmerksamkeit kämpfen müssen. | |
Sind die Schwedinnen allein wegen ihrer besseren Leistungen angesehener als | |
die Männer? Und beeinflusst ihr Ansehen auch ihre Leistung im Duell gegen | |
andere Frauenteams? Sicher haben die schwedischen Fußballerinnen viele | |
Erfolgsfans, gleichzeitig profitieren sie von der liberalen Politik und der | |
frühen staatlichen Unterstützung, die in Deutschland erst später begann. | |
Im Duell Schweden gegen Deutschland am Samstag in Zürich (21 Uhr, ZDF) | |
treffen also zwei unterschiedliche Fußballverständnisse aufeinander. Die | |
schwedische Abwehrspielerin Jonna Andersson sieht dem Match jedenfalls | |
gespannt entgegen. Sie lobt die Deutschen als „unglaublich gutes Team“ und | |
warnt trotz des Ausfalls von [4][Giulia Gwinn] vor „großem Widerstand.“ | |
Gegen die Deutschen gehen die Schwedinnen dennoch als Favoritinnen ins | |
Spiel. Gegen Dänemark und vor allem gegen Polen wussten die | |
Skandinavierinnen jedenfalls spielerisch zu überzeugen. Das Duell ist aber | |
weit mehr als ein rein sportlicher Vergleich. Es ist auch ein Spiegel | |
dessen, was möglich ist, wenn eine Gesellschaft ihre Fußballerinnen mit | |
derselben Hingabe und denselben Mitteln unterstützt wie ihre Landsmänner. | |
Dieser Text ist im Rahmen eines Workshops der [5][taz Panter Stiftung] für | |
Nachwuchsjournalistinnen im Sport entstanden. | |
12 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://upplevelseinstitutet.se/ | |
[2] /Deutsche-DFB-Auswahl-vor-der-EM/!6094590 | |
[3] https://www.sportbibeln.se/ | |
[4] /Geschockte-DFB-Elf-bezwingt-Polen/!6098492 | |
[5] /taz-panter-stiftung/die-taz-panter-stiftung/!v=e4eb8635-98d1-4a5d-b035-a82… | |
## AUTOREN | |
Carolin Johannsen | |
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