| # taz.de -- SPD schließt Thilo Sarrazin aus: Zu spät | |
| > Die SPD hat Sarrazin ausgeschlossen – zehn Jahre nach seinen | |
| > rassistischen Thesen. Sie hat zu lange gewartet. | |
| Bild: So sieht er sich am liebsten, im Fokus der Aufmerksamkeit: Thilo Sarrazin | |
| Das [1][Ausschlussverfahren der SPD] gegen Thilo Sarrazin zeigt | |
| beispielhaft, welche Flurschäden der Wankelmut einer Führung anrichten | |
| kann. Vor neun Jahren begnügte sich die damalige SPD-Spitze mit einer | |
| wachsweichen Erklärung von Sarrazin und bliesen das Ausschlussverfahren ab. | |
| Vielleicht fürchteten sie das langwierige Prozedere, das Sarrazin immer | |
| wieder neue Aufmerksamkeit bescheren würde, vielleicht, dass der Rauswurf | |
| SPD-Rechte vertreiben würde, vielleicht beides. Die Entscheidung zu | |
| vertagen war jedenfalls fatal. | |
| Sarrazin war schon vor zehn Jahren niemand, der Migration einfach nur | |
| skeptischer sah als Linksliberale. Er war [2][ein Salonrassist]. Und man | |
| musste kein Hellseher sein, um zu sehen, dass der zum Egomanischen neigende | |
| Bestseller-Autor auf einem Radikalisierungstrip war. | |
| Nur wenige Genossen begriffen damals die Tragweite dieser Schummelei. | |
| [3][Sergej Lagondinsky], Jude mit russischen Wurzeln, trat damals aus der | |
| SPD aus, weil er den Angstschweiß der SPD-Oberen vor den Stammtischen roch. | |
| Lagodinsky ist nun Europaabgeordneter der Grünen – und das kann man als | |
| Metapher verstehen. Denn den Autor von „Deutschland schafft sich ab“ in der | |
| SPD zu dulden, war nicht nur moralisch fragwürdig. Es war auch politisch | |
| ein schlechtes Geschäft. Reaktionäre und Islamfeinde an die SPD zu binden, | |
| ist missglückt. Dafür ist die Sozialdemokratie für MigrantInnen, für die | |
| sie mal die erste Adresse war, unattraktiv geworden. Diese Rolle haben die | |
| Grünen übernommen: ein Ergebnis der Halbherzigkeiten der Genossen. | |
| Es stimmt: Die SPD darf nicht grüner sein als die Grünen. Als Volkspartei | |
| muss sie bei Migration anders ticken als die Ökoliberalen, die eine recht | |
| homogene Partei der oberen Mittelschicht sind. In der SPD muss Platz für | |
| Figuren sein, die die Schattenseiten der Migration in den Problemvierteln | |
| zur Sprache bringen – auch mal drastisch. Aber gerade deshalb muss die SPD | |
| einen scharfen, klaren Schnitt setzen zwischen legitimer Migrationskritik | |
| und Sarrazins krudem Biologismus und völkischen Klischees. Diese Linie hat | |
| die SPD jetzt markiert. Spät, zu spät. | |
| 24 Jan 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Stefan Reinecke | |
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