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# taz.de -- Ruhr-Konzern in Not: Thyssenkrupp verkauft Geldbringer
> Investoren zahlen Milliarden Euro für die Aufzugssparte. Deren
> Beschäftigten winkt Jobgarantie, doch im Stahl droht der Verlust
> tausender Jobs.
Bild: Thyssenkrupp-Testturm bei Rottweil
BOCHUM taz | Mit dem Verkauf der Aufzugssparte „Elevator“ trennt sich
[1][der finanziell angeschlagene Ruhr-Konzern Thyssenkrupp] von seinem
profitabelsten Geschäftsbereich. Für 17,2 Milliarden Euro geht der
Aufzugbau an ein Konsortium aus der britischen Beteiligungsgesellschaft
Cinven, der US-amerikanischen Private-Equity-Fonds Advent und der
gemeinnützigen RAG-Stiftung. Das hat der Aufsichtsrat von Thyssenkrupp am
Donnerstagabend beschlossen. 1,25 Milliarden Euro sollen wieder in die dann
selbstständige Aufzugssparte reinvestiert werden. Thyssenkrupp hielte an
„Elevator“ statt bisher 100 dann noch 7,3 Prozent der Anteile.
Der Essener Industriekonzern mit seinen weltweit 146.000 Mitarbeiter*innen
ist [2][nach massiven Fehlinvestitionen] in Stahlwerke in Brasilien und den
USA hoch verschuldet. In der Bilanz stehen Verbindlichkeiten von rund
sieben Milliarden Euro. Dazu kommen Pensionsverpflichtungen von neun
Milliarden.
Außerdem stecken große Teile von Thyssenkrupp wie die Automobilzulieferung
oder der Stahl in der Krise. Eine lang vorbereitete Fusion mit dem
indischen Stahlriesen Tata hatte die EU-Kommission im Juni 2019 wegen
kartellrechtlicher Bedenken untersagt.
Der Börsenkurs der Essener ist daher seit Jahren auf Talfahrt. Anfang
September war Thyssenkrupp deshalb aus dem Dax-Aktienindex der 30 größten
deutschen Unternehmen geflogen. Ende September musste Vorstandschef Guido
Kerkhoff gehen.
## „Thyssenkrupp entschulden“
Nachfolgerin wurde die bisherige Aufsichtsratschefin Martina Merz. Deren
Wechsel von der Spitze des Kontrollgremiums an die des Vorstands gilt als
völlig unüblich – und verdeutlicht die Probleme der einstige Ikone der
Ruhr-Industrie, die Chefetage überhaupt noch adäquat besetzen zu können.
Die 56-jährige Managerin Merz erklärte, die „Elevator“-Milliarden sollten
weitgehend „im Unternehmen verbleiben“. Ziel sei, „Thyssenkrupp so weit w…
möglich zu entschulden und gleichzeitig sinnvoll in die Entwicklung des
Unternehmens zu investieren“.
Wie bedrohlich die Lage des Restkonzerns ist, zeigt der Börsenwert: Am
Donnerstag kam Thyssenkrupp vor dem „Elevator“-Verkauf nur noch auf eine
Marktkapitalisierung von 5,7 Milliarden Euro. Die Aufzugssparte allein war
ohne potentielle Verlustbringer wie Automotive, Stahl oder Kriegsschiffbau
dagegen drei Mal so viel Wert.
Über Jahre gesichert sind dagegen die rund 53.000 Arbeitsplätze in der
Aufzugssparte. Die IG Metall konnte dem Bieterkonsortium aus Cinven, Advent
und RAG-Stiftung, die die langfristigen Ewigkeitskosten des
Steinkohlebergbaus finanzieren muss, nicht nur eine Beschäftigungsgarantie
von sieben Jahren und einem Monat abringen. Die Käufer haben zugesagt,
„Elevator“ nicht weiter zu zerschlagen und den Konzernsitz in Deutschland
zu halten. Auch alle Tarifverträge, die Altersversorgung und die
weitreichende Montan-Mitbestimmung haben weiter Bestand.
## Gewerkschaft stark bei Thyssenkrupp
„Weder in dieser Detailtiefe noch mit einer solchen Laufzeit gibt es bisher
ähnliche Vereinbarungen, wenn ein Unternehmen an ein
Private-Equity-Konsortium verkauft wurde“, sagte deshalb der Bezirksleiter
der IG Metall in Nordrhein-Westfalen, Knut Giesler.
Dank Mitbestimmung ist die Gewerkschaft bei Thyssenkrupp traditionell
stark: Giesler ist stellvertretender Aufsichtsratschef von „Elevator“ – u…
sein Vorgänger als NRW-Landeschef der IG Metall, Oliver Burkhard, ist heute
Personalvorstand des Gesamtkonzerns.
Im Stahlbereich droht dagegen Arbeitsplatzvernichtung. Mitte Februar hat
der Vorstand von Thyssenkrupp Steel den Wegfall von 2.800 Jobs angekündigt.
Das Grobblechwerk in Duisburg-Hüttenheim steht noch bis Juni zum Verkauf.
Wird bis dahin kein Interessent gefunden, soll der Standort mit 800
Mitarbeiter*innen geschlossen werden. „Der Stahl“, sagt ein Gewerkschafter
deshalb schon jetzt, „wird die nächste Baustelle“.
28 Feb 2020
## LINKS
[1] /Vorstandswechsel-bei-Thyssenkrupp/!5628563
[2] /Traditionskonzern-in-der-Krise/!5620887
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
ThyssenKrupp
Ruhrgebiet
IG Metall
Schwerpunkt Klimawandel
ThyssenKrupp
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