# taz.de -- Rolle der Bundesregierung in Afghanistan: Versagen für die Geschic… | |
> Noch könnte die Regierung ihre Fehler wiedergutmachen: jeden ausfliegen, | |
> der vor den Toren des Flughafens steht. | |
Bild: Könnte mal was machen: Angela Merkel, hier bei einer Rede am 16. August … | |
Der letzte Eindruck bleibt oft am längsten hängen. Für Angela Merkel ist | |
das ein unerfreulicher Fakt: Am Mittwoch hält sie im Bundestag nach 16 | |
Jahren Kanzlerschaft ihre wohl letzte Regierungserklärung, außerplanmäßig | |
anberaumt, weil das Parlament das Mandat für die Bundeswehr-Evakuierungen | |
in Kabul genehmigen muss. | |
Der Anlass dieses Auftritts, die vielleicht allerletzte Krise in Merkels | |
Amtszeit, wirft ein verheerendes Licht auf die Kanzlerin und ihre | |
Regierung. Was hängen bleiben könnte: Das [1][unglaubliche moralische | |
Versagen im Umgang mit den ehemaligen Mitarbeiter*innen deutscher | |
Stellen in Afghanistan], das sich bis heute fortsetzt. | |
Es wäre schon schlimm genug, ginge es nur um die Fehler der Vergangenheit. | |
Monatelang wurde die Bundesregierung von verschiedensten Seiten gedrängt, | |
den sogenannten Ortskräften die Einreise nach Deutschland zu ermöglichen. | |
Ein Unterstützungsnetzwerk, das von Pro Asyl-Aktivisten bis zu | |
Bundeswehr-Generälen reicht, schrieb flehende Briefe. | |
Diverse Medien griffen die Forderungen auf. Die Opposition formulierte | |
Lösungswege. Die Bundesregierung? Reagierte mit Ignoranz und brachte damit | |
nicht nur die betroffenen Afghan*innen weiter in Gefahr, sondern | |
nebenbei auch die deutschen Soldat*innen, die jetzt in Kabul in einem | |
belastenden Einsatz stehen. | |
War keine Absicht, könnte man sehr großzügig sagen, die Bundesregierung hat | |
sich eben verschätzt. Mag sein. Nur: Warum unternimmt sie dann nicht alles, | |
um den Fehler so weit wie noch möglich wiedergutzumachen? Noch immer | |
verwehrt sie hunderten Menschen, die durch ihre Arbeit für die Deutschen in | |
Gefahr sind, die Rettung. Falsches Arbeitsverhältnis, falsches Formular, | |
falsches Timing: [2][Zig bürokratische Hürden hat sie rund um ihre | |
Ortskräfte aufgebaut]. Sechs Tage bleiben noch, bis das Ultimatum der | |
Taliban abläuft und die Bundeswehr das Land wohl endgültig verlassen muss. | |
Die Regierung könnte diese Zeit nutzen. Sie könnte die Hürden einreißen. | |
Sie könnte jeden ausfliegen lassen, der vor den Toren des Kabuler | |
Flughafens steht und seine Tätigkeit für deutsche Stellen glaubhaft machen | |
kann. Die politischen Kosten wären gering: Es geht nicht um – moralisch | |
eigentlich ebenfalls gebotene – große Kontingente. Es geht um wenige | |
tausend Menschen, deren Aufnahme in Deutschland einen breiten | |
gesellschaftlichen Rückhalt hätte. | |
Die Kanzlerin würde nichts verlieren, wenn sie zum Ende ihrer Amtszeit ihre | |
Autorität in der Regierung noch einmal nutzen würde. Sie könnte sich am | |
Mittwoch in den Bundestag stellen und sagen: Wir machen das jetzt. Aber, | |
wie bitter: Durchringen kann sie sich dazu wohl nicht. | |
24 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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