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# taz.de -- Ressource Wasser in Israel: Aus zwei Litern mach einen
> Israel bekämpft seine Trinkwassernot mit hochmodernen Entsalzungsanlagen.
> Doch lohnt sich der technische Aufwand?
Bild: Ohne Salz, frisch und lecker – Technikchef Libermann glaubt an sein Was…
Gan Raveh taz | Es ist ist laut, aber leer in der Sorek Desalination Plant.
„Nur zwei Mitarbeiter können die gesamte Einrichtung überwachen“, sagt
Boris Libermann, Technikchef in Israels größter [1][Entsalzungsanlage für
Meerwasser]. Unter dem wirbelnden Getöse der Turbinen erklärt der
kleingewachsene Ingenieur mit dem weißen Bauhelm die Technik, mit der der
kleine Wüstenstaat den [2][chronischen Wassermangel] bekämpfen will.
1,3 Kilometer vor der Küste saugt die Anlage durch riesige Rohre Salzwasser
aus dem Mittelmeer und leitet es in Dutzende Bassins. Nach einer groben
Filterung wird dieses dann mit 75 Bar horizontal durch eine zylindrische
Membran gepresst, das Salz bleibt dabei hängen. Der physikalische Vorgang
heißt Umkehrosmose. In einem weiteren Schritt wird das Halbmetall Bor
entfernt. 624.000 Kubikmeter Wasser können hier pro Tag gewonnen werden.
„Ganz ohne den Einsatz von Chemikalien“, wie Libermann stolz sagt.
70 Prozent des Trinkwassers in Israel stammt bereits aus Entsalzungsanlagen
– allein Sorek versorgt 1,5 Millionen Menschen. Die Technik ist wegen des
Klimawandels überlebenswichtig geworden. In Israel regnet es seit Jahren
immer seltener und ungleichmäßiger. Der See Genezareth im Norden – der
einzige natürliche Süßwassersee des Landes – hat nach Jahrzehnten des
Abpumpens einen historisch niedrigen Wasserstand erreicht. Die israelische
Zeitung Haaretz schrieb in Anspielung auf einen biblischen Mythos: „Es ist
gar nicht mehr so schwer, über den See Genezareth zu laufen.“
Seit Beginn des neuen Jahrtausends setzt das Land deshalb verstärkt auf
entsalztes Meerwasser. Fünf große Anlagen verteilen sich über die
Mittelmeerküste. Israel exportiert die Technik auch erfolgreich in die
ganze Welt. Allein Marktführer IDE Technologies hat Anlagen in mehr als 40
Ländern gebaut. Die globale Erwärmung steigert die Nachfrage.
## „Wir töten hier nichts“
Dennoch ist die Methode umstritten. Beim Ansaugen des Meerwassers landen
beispielsweise auch Meerestiere in den Bassins. Laut Ingenieur Libermann
ist das aber kein Problem – zumindest für das Werk in Sorek. Sämtliche
aufgesaugten Lebewesen würden wieder zurück ins Meer geleitet. „Wir töten
hier nichts“, sagt er und grinst. Und tatsächlich schwimmen in dem Becken
hinter Libermanns Rücken quicklebendige Fische.
Aus zwei Litern Salzwasser lässt sich aber auch im effizient arbeitenden
Sorek nur ein Liter Trinkwasser gewinnen. Die stark versalzene und durch
den Vorgang leicht erwärmte Restflüssigkeit wird ins Meer geleitet.
Libermann sagt, seinen Erkenntnissen nach habe das keinen negativen Effekt
auf die Umwelt. Sowohl das Unternehmen als auch die Behörden würden das
ständig überprüfen.
Die demonstrative Umweltfreundlichkeit hat IDE sich auf die Fahnen
geschrieben. Sorek, das 15 Kilometer südlich von Tel Aviv liegt, ist das
Vorzeigeprojekt des privatisierten ehemaligen Staatskonzerns. Und deshalb
ausgestattet mit einem Auditorium und vielen bunten Hinweisschildern.
Am Ende des Entsalzungsprozesses produziert die Hightech-Anlage allerdings
destilliertes Wasser ohne natürliche Mineralien. Der dauerhafte Konsum wäre
für Menschen gesundheitsschädigend. Deshalb müssen dem Wasser Mineralien
zugefügt werden. Auch hierfür will IDE aber eine umweltschonende Lösung
gefunden haben. Das Wasser wird durch Kalkstein geleitet und so „natürlich“
mineralisiert, wie Libermann sagt.
## Umkehrosmose ist teuer
Doch das modifizierte Wasser hat seinen Preis. Zwischen 44 und 51 Eurocent
berechnet IDE für einen Kubikmeter. Natürliches Oberflächen- oder
Grundwasser kostet dagegen nur 18 bis 26 Cent – aber davon gibt es eben
nicht mehr viel. Der Abnahmepreis ist für weitere zwanzig Jahre festgelegt.
Einsparungen durch technische Fortschritte dürften also nicht zu
günstigeren Preisen führen.
Ein Grund für den hohen Preis ist der Energieaufwand der Umkehrosmose. Für
die Herstellung von 1.000 Litern (ein Kubikmeter) Wasser werden in Sorek
3,5 Kilowattstunden Strom verbraucht. Das ist so viel, wie ein Kühlschrank
in einer Woche benötigt. Und die Energie in Israel kommt überwiegend aus
fossilen Brennstoffen wie Erdgas und Diesel – weniger als 3 Prozent stammen
aus erneuerbaren Energien.
Die Trinkwasserherstellung führt also im Nebeneffekt zu einem hohen
CO2-Ausstoß. Das Kraftwerk in Sorek verfügt über ein eigenes
Erdgaskraftwerk, um den Energiehunger zu stillen.Seinen eigenen Durst
stillt Boris Libermann am Wasserspender kurz vor Ende des Rundgangs – mit
leicht eingeübt wirkendem glückseligem Gesichtsausdruck. Das Wasser
schmeckt zwar ein wenig unnatürlich, ist aber genießbar.
Doch nicht nur dem Gaumen soll das entsalzte Meerwasser schmeicheln. Die
israelische Regierung will die Effekte des Klimawandels sogar teilweise
rückgängig machen und ab 2025 den austrocknenden See Genezareth wieder
auffüllen. Damit wird der Spaziergang auf dem Wasser künftig zumindest für
Normalsterbliche wieder schwerer.
2 Jan 2019
## LINKS
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[2] /Trinkwasser-Mangel-im-Gazastreifen/!5129835
## AUTOREN
Jörg Wimalasena
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Israel
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