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# taz.de -- Repräsentation bei Extinction Rebellion: Ausschluss garantiert
> Die Organisation Extinction Rebellion will eine globale Bewegung sein.
> Doch sie schließt Betroffene der Klimakrise aus – und lässt Raum für
> Rassisten.
Bild: Hand in Hand: So inszeniert sich die Klimabewegung
Seit dem Wochenende sorgt die [1][Klimabewegung Extinction Rebellion]
weltweit mit Blockaden und Demonstrationen für Aufmerksamkeit. Und wenn
etwas von AfD, CDU und FDP kritisiert wird, wenn international berichtet
wird und die Bild davor warnt, dann könnte man erst einmal denken: Alles
richtig gemacht.
Ja, die bisherige Umweltpolitik muss kritisiert werden, es braucht radikale
Ansätze. Leider hat Extinction Rebellion ein Grundproblem: ihr Prinzip der
Gewaltfreiheit ist eine Illusion. Eine, an der der globale Anspruch der
Bewegung scheitern könnte.
Die Umweltbewegung aus Großbritannien zeigt sich gerne als offen. „Wir
rufen alle auf, sich der Rebellion für das Überleben anzuschließen,
unabhängig von Religion, Herkunft, Klasse, Alter, Sexualität, Geschlecht
sowie politischer Neigung“, heißt es auf der Internetseite. Das „alle“
nimmt man bei Extinction Rebellion wörtlich: „Anders als klassische linke
Bewegungen schließen wir niemanden aus, auch jemand, der ein bisschen
sexistisch oder rassistisch denkt, kann bei uns mitmachen“, sagt der
Mitbegründer [2][Roger Hallam in der Zeit.] Hallam erklärt den Umweltschutz
zum obersten Ziel – was lobenswert wäre, wenn er es nicht für größer als
die Demokratie hielte: „Wenn eine Gesellschaft so unmoralisch handelt, wird
Demokratie irrelevant.“
Derweil teilte, wie der Telegraph im April berichtete, einer der führenden
Köpfe bei Extinction Rebellion, [3][Robin Boardman-Pattinson, in sozialen
Netzwerken antisemitische Verschwörungstheorien]. Bei Extinction Rebellion
redet man nicht nur mit Rechten, man rebelliert auch mit ihnen.
## Naives Verständnis von Gewalt
Womit wir bei der Frage wären, wie rebellisch der zivile Ungehorsam von
Extinction Rebellion überhaupt ist. Man sei ein gewaltfreies Netzwerk,
[4][heißt es online unter Punkt neun auf der Liste der Prinzipien und
Werte].
Auf der Straße sieht das dann so aus: Als am Montag die Polizei in London
eine Blockade auflöste, sangen die Demonstrierenden „Polizei, wir lieben
euch, wir tun das auch für eure Kinder“. Und nachdem die Berliner Behörde
am Dienstag den besetzten Potsdamer Platz räumte, applaudierten die
Aktivist*innen und bedankten sich – bei der Polizei. Das muss wohl dieser
zivile Ungehorsam sein.
[5][Extinction Rebellion zeigt ein naives Verständnis von Gewalt]. Gewalt
lässt sich nicht einfach ablegen, Gewaltformen haben sich historisch
entwickelt und sind mit gesellschaftlichen Strukturen verflochten – es gibt
keine gewaltfreien Räume. Die Gewalt, das ist eine Erkenntnis der
postkolonialen Theorie, ist immer schon da.
## Betroffene der Klimakrise
Wenn Extinction Rebellion dazu aufruft, sich von der Polizei festnehmen und
wegtragen zu lassen, dann schließt man dadurch alle Menschen aus, die das
nicht tun können – wegen ihrer Hautfarbe, wegen ihres Arbeitsverhältnisses
oder ihres Aufenthaltsstatus. Das ist bei anderen linken Bewegungen
ähnlich, nur geben die sich nicht der Illusion hin, Festnahmen könnten
gewaltfrei sein.
Möchte man gewaltvolle Strukturen vermeiden, muss man sich zunächst
überlegen, welche Rolle man selber darin einnimmt. Dass Extinction
Rebellion gerade das nicht tut, das kritisieren andere Umweltbewegungen
schon länger.
Bereits im Mai hatte das britische Umweltkollektiv „The Wretched of The
Earth“, ein Zusammenschluss aus People of Color, sich in einem offenen
Brief [6][an die Bewegung gewandt]: „Für viele von uns brennt das Haus
schon lange: wann immer die ökologische Gewalt zunimmt, sind unsere
Communities, vor allem im Globalen Süden, zuerst betroffen. Wir sind stets
die Ersten, die Hunger, Gesundheitskrisen, Dürre, Überflutungen und
Verdrängung erleben.“ Extinction Rebellion müsse die komplexen Realitäten
aller von der Klimakrise Betroffenen berücksichtigen, statt sich ihre
Kämpfe anzueignen.
## Fehlende Repräsentation
Die mangelnde Sensibilität hierfür könnte daher rühren, dass Extinction
Rebellion wie so viele Klimabewegungen vor allem eines ist: weiß.
Eine Klimabewegung, die sich selbst ernst nimmt, muss intersektional
denken. Sie muss Rassismus und Sexismus ablehnen, sie muss den Kapitalismus
kritisieren. Statt sich gut gelaunt von Polizisten festnehmen zu lassen,
müsste man anprangern, dass vor allem Schwarze Menschen von Polizeigewalt
betroffen sind.
Statt zu sagen man sei „offen für alle“, müsste man sich fragen, weshalb
trotzdem nicht alle repräsentiert werden – und Barrieren abbauen, die das
verhindern. Statt sich von Kämpfen abzukapseln, die Marginalisierte längst
führen, müsste man sich mit ihnen solidarisieren und sie schützen. Statt
für andere zu sprechen, könnte man sie zu Wort kommen lassen.
9 Oct 2019
## LINKS
[1] /Aktionen-von-Extinction-Rebellion/!5632180
[2] https://www.zeit.de/2019/37/roger-hallam-extinction-rebellion-umweltbewegun…
[3] https://www.telegraph.co.uk/news/2019/04/17/extinction-rebellion-leaders-je…
[4] https://extinctionrebellion.de/wer-wir-sind/prinzipien-und-werte/
[5] /Klimarettung-und-Proteste/!5627081
[6] https://www.redpepper.org.uk/an-open-letter-to-extinction-rebellion/
## AUTOREN
Simon Sales Prado
## TAGS
Polizei Berlin
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