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# taz.de -- Reisen in Zeiten von Instagram: Und ewig grüßt der böse Tourist
> Mal wieder wird das alte Fass vom bösen Reisebusiness aufgemacht: Jetzt
> steht Instagram am Pranger – und diese jungen Leute haben Schuld.
Bild: Ohne Touristen – keine Geld für Gondolieri
Was ist genauso alt wie der Tourismus? Richtig – die Klage über die
Touristen. Neuester Dreh in dieser reichlich abgestanden Jeremiade ist die
[1][sogenannte Instagramability]. Das soziale Netzwerk, auf dem Fotos
geteilt werden, ruiniere ganze, bislang von den wilden Horden unbefleckte
Orte, heißt es in einem von zahlreichen Redaktionen übernommen dpa-Feature
zum Thema. „Es hat sich ein neuer, junger Massentourismus entwickelt. Junge
Leute reisen, um Fotos für die sozialen Medien zu machen. Nur um zu zeigen:
Ich war hier“, analysiert dort messerscharf die italienische Fotografin und
Reise-Bloggerin Sara Melotti.
Nun ja, die jungen Leute eben – wirklich unverschämt. Während die guten,
kariert-behemdeten Reisegruppen in der Glocke ihrer Ausdünstungen
Bergkuppen sanft besteigen, kommen die fiesen Rein-raus-Touristen
einmarschiert und nehmen anschließend nicht mal den Müll mit runter. Die
überfallenen Destinationen stehen dem Phänomen machtlos gegenüber, soweit
sie eben nicht einfach ihre Preise erhöhen, ihre Internetauftritte
abschalten oder – was bei Städten wie Venedig ja durchaus möglich wäre –
einfach den Zugang beschränken.
Tun sie aber nicht oder eben nur höchst selten. Die Mehrheit der Venezianer
zum Beispiel ist – legt man ihr politisches Wahlverhalten zugrunde – völlig
damit einverstanden, dass sich ihre Stadt in ein Disneyland verwandelt hat,
[2][über das von Land wie Meer die Massen abgekippt werden]. Ihre
ehemaligen Wohnungen haben sie in Ferienbehausungen umgestaltet und
verdienen so genug, um sich auf dem Festland hässliche Häuser bauen zu
können und in den Ferien noch idyllische Landschaften heimzusuchen, noch:
Bis eben die Einwohner auch dort auf den Trichter gekommen sind, dass sich
in der weltweit drittgrößten Dienstleistungsindustrie gutes Geld verdienen
lässt.
Im Grunde aber können alle Beteiligten sich wieder beruhigen: Der moderne
Tourismus, ob im Selfie oder der Ansichtskarte abgebildet, hängt an
Vollbeschäftigung und Sozialstaat. Wenn es keinen Urlaubsanspruch und keine
Renten mehr gibt, sind wir nicht nur die Instagramer, sondern auch die
Reisegruppen in ihren Khaki-Westen los. Dann wird Ruhe einkehren – und die
Venezianer werden sich in ihren dank Klimawandel halb im Hochwasser
versunkenen Palazzi an die schönen Zeiten erinnern, als sie noch wohlhabend
waren.
18 Oct 2018
## LINKS
[1] /Streit-um-werbliche-Posts-bei-Instagram/!5540485
[2] /Unerwuenschte-Folgen-des-Reisens/!5516458
## AUTOREN
Ambros Waibel
## TAGS
Tourismus
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Lesestück Meinung und Analyse
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