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# taz.de -- Regime in Iran: 45 Jahre Terror
> Seit ihrer Gründung 1979 protestieren Menschen gegen die Islamische
> Republik. Der Westen muss endlich aufhören, das Gewaltregime zu
> legitimieren.
Bild: Der iranische Präsident Ebrahim Raisi bei den Feierlichkeiten zum 45. Ja…
Während die Machthaber der Islamischen Republik ihr 45-jähriges Bestehen
mit Feuerwerk feiern, schallen aus Wohngebäuden Rufe der Ablehnung. „Nieder
mit der Islamischen Republik“, „Nieder mit Chamenei“ fordern Menschen in
zahlreichen Städten Irans. Ihnen hat dieser Staat nichts als Armut, Leid
und Tod gebracht.
Das Regime genoss von Anfang an nur wenig Legitimität bei der Bevölkerung
und über die Jahre ist diese immer weiter gesunken. Grund dafür sind einzig
und allein die Machthaber selbst. Allein diesen Januar wurden laut der
Menschenrechtsorganisation Hengaw mindestens 74 Menschen [1][hingerichtet].
Mehr als 800 waren es im vergangenen Jahr. Das Regime rächt sich damit an
den [2][Gefangenen] für die „Frau, Leben, Freiheit“-Proteste nach der
Ermordung von Jina Mahsa Amini. Eine Protestwelle, die sich einreiht in
eine 45-jährige Geschichte des Widerstands gegen die Führung.
Schon am feministischen Kampftag 1979, also wenige Tage nach Ausrufung der
Islamischen Republik Iran vom Februar desselben Jahres, demonstrierten
Tausende Frauen für ihre Rechte. Sie riefen Parolen wie „Freiheit ist weder
westlich noch östlich, sondern universell“. Schon damals interessierten
sich die Machthaber nicht für die Belange der Menschen. Stattdessen
reagierten sie mit aller Härte: Terror und Massenhinrichtungen waren an der
Tagesordnung.
In den 1980er Jahren wurden Abertausende politische Gefangene teils ohne
Gerichtsurteil hingerichtet. Bis heute ist unklar, wie viele ermordet
wurden, bis heute gibt es Massengräber, bis heute bekommen Familien oft
nicht einmal die Leichen ihrer Angehörigen ausgehändigt.
## Ein Verbrecher ist Präsident
Einer der Verbrecher, der an diesen Morden beteiligt war, ist heute
Präsident des Landes. Dieses furchtbare Verbrechen hat die iranische
Zivilgesellschaft bis heute tief traumatisiert. Angesichts der aktuellen
Hinrichtungswelle warnen Menschenrechtsaktivist*innen, dass sich Massaker
auf dem Niveau der 1980er Jahre wiederholen könnten.
Auch in den 1990er Jahren gab es Proteste gegen die Führung. Im Juli 1999
versammelten sich Studierende im ganzen Land. Es gab mehrere Tote und
zahlreiche Verhaftungen. Im Jahr 2009 gingen erneut Tausende auf die Straße
und protestierten gegen die Wahlfälschung. Weil viele von ihnen Stirnbänder
oder andere Accessoires in der Farbe trugen, war die Rede von einer „grünen
Bewegung“.
Dabei erregte ein Video von einer jungen Frau besonderes Aufsehen: Während
die 26-jährige Neda Agha-Soltan die Proteste beobachtete, wurde sie vor der
laufenden Kamera eines Passanten von Regimekräften angeschossen. Die ganze
Welt konnte per Video mitverfolgen, wie sie verblutete. Spätestens danach
war den meisten Menschen in Iran klar: Reformen kann es mit diesem Regime
nicht geben.
## Eines einte die Proteste
Erneut deutlich wurde dies bei den landesweiten Protesten in den Jahren
2017 bis 2020. Mal waren die gestiegenen Lebensmittelpreise der Auslöser,
mal war es die Verdreifachung der Benzinpreise. Doch eines einte die
Proteste: Sie alle wussten, dass das eigentliche Problem die Islamische
Republik ist. Es kann keine Verbesserung geben, solange die Islamische
Republik in Iran die Macht hat. Der Ruf nach dem Sturz des Regimes war
unüberhörbar.
Erneut war die einzige Antwort des Regimes Terror: Mehr als 1.500 Menschen
wurden bei den Novemberprotesten von 2019 innerhalb einer Woche auf offener
Straße getötet. Viele Angehörige der Getöteten sitzen bis heute im
Gefängnis. Trauern ist in den Augen des Regimes kriminell.
Warum sollte eine Mutter, deren Sohn getötet worden ist, noch an dieses
System glauben? Warum sollte ein Kind, dessen Vater im Gefängnis
hingerichtet wurde, noch an eine Zukunft mit diesem System glauben? Auch
deshalb gehen immer weniger Menschen in Iran wählen. Sie wissen, dass die
Abgabe eines Stimmzettels nichts ändern, sondern lediglich das System
legitimieren würde.
Seit einigen Monaten rufen die Menschen dazu auf, die Scheinwahl des
Parlaments Anfang März zu boykottieren. Eine Umfrage des niederländischen
Gamaan-Instituts zeigt, dass 77 Prozent der Wahlberechtigten nicht daran
teilnehmen wollen.
## Diese Gruppe könnte dem Regime gefährlich werden
Vor allem bei der Jugend hat das Regime Legitimität eingebüßt. Junge
Menschen sind aufgewachsen mit Bildern der verblutenden Neda Agha-Soltan,
sie haben die brutale Niederschlagung der Proteste 2020 erlebt. Ihre
Freund*innen wurden bei den „Frau, Leben, Freiheit“-Protesten getötet,
inhaftiert, vergewaltigt, hingerichtet. Sie leiden wegen der Misswirtschaft
der Führung unter Arbeitslosigkeit. Diese Generation kann den Machthabern
gefährlich werden.
Besonders stark von Repression betroffen sind marginalisierte Ethnien,
allen voran die Kurd*innen und die Belutsch*innen. Sie sind es, die in
den letzten 45 Jahren und gerade bei den „Frau, Leben, Freiheit“-Protesten
am lautesten und widerstandsfähigsten waren. Und sie sind es auch, die am
häufigsten verhaftet und hingerichtet werden.
Derzeit werden zahlreiche Kurd*innen hingerichtet. Der haltlose Vorwurf:
„Spionage für Israel“. Für die aktuellen Spannungen und Kriege im Nahen
Osten muss die eigene Bevölkerung den Kopf hinhalten, vor allem trifft das
die ethnisch marginalisierten Gruppen.
Die Islamische Republik konnte sich in den letzten 45 Jahren nur durch
Terror gegen die eigene Bevölkerung und weltweit am Leben erhalten – auch
weil der Westen das Gewaltregime unterstützt hat, etwa [3][durch
Gespräche], Verhandlungen und Handel. Bei der Mehrheit der Bevölkerung
verfügt das Regime über keinerlei Legitimität mehr. Wann hört auch der
Westen endlich auf, dieses Regime zu legitimieren?
45 Jahre Islamische Republik Iran, das heißt: 45 Jahre Terror und Mord. Und
45 Jahre [4][Versagen der westlichen Welt] im Umgang mit diesem Regime.
Daran gibt es rein gar nichts zu feiern.
13 Feb 2024
## LINKS
[1] /Weitere-Exekution/!5984454
[2] /Repression-in-Iran/!5979579
[3] /Bericht-ueber-westliches-Iran-Netzwerk/!5959877
[4] /Rueckfuehrungen-in-den-Iran/!5981856
## AUTOREN
Daniela Sepehri
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