# taz.de -- Reform von Netzentgelten: Entlastung für Klimavorreiter | |
> Die regionalen Strompreise weisen enorme Unterschiede auf – eine Ursache | |
> ist die Umsetzung der Energiewende. Windkraftregionen sind benachteiligt. | |
Bild: Ungleich verteilt: Windkraftregionen befördern die Energiewende, aber za… | |
FREIBURG taz | In der deutschen Stromversorgung variieren die Netzentgelte | |
je nach Region erheblich – und die Differenzen nehmen zu. Deswegen will | |
Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur (BNetzA), jetzt einschreiten. | |
In einem Interview kündigte er eine Strompreisreform an, die „faire | |
Netzentgelte“, also einen Ausgleich für jene Regionen schaffen soll, die | |
[1][aufgrund der Energiewende] höhere Netzkosten tragen müssen. | |
Die Höhe der Netzentgelte in einem Versorgungsgebiet ist stets von vielen | |
Faktoren abhängig, etwa von der regionalen Struktur, also der Besiedelung, | |
vom Verbrauch der örtlichen Industrie und natürlich auch von der | |
Komplexität der Topografie. Daher hat es schon immer Preisunterschiede bei | |
der Stromversorgung gegeben. | |
Doch nun verschärft der massive Ausbau der erneuerbaren Energien die | |
Unterschiede, weil nach der heutigen Regelung eine Verstärkung der | |
örtlichen Netze – zum Beispiel für die Einspeisung von Windstrom – jeweils | |
von den Stromkunden vor Ort getragen werden muss. Viel Windkraft im lokalen | |
Netz hat daher tendenziell höhere Netzentgelte zur Folge. | |
Der jüngste [2][Monitoringbericht der BNetzA] dokumentiert die enorme | |
Spreizung der Netzentgelte: Der niedrigste Wert in Deutschland liegt | |
derzeit bei 3,48 Cent je Kilowattstunde, die ein Netzbetreiber in | |
Nordrhein-Westfalen erzielt. Der höchste Wert liegt unterdessen bei 20,15 | |
Cent und betrifft einen Netzbetreiber im Saarland. Im Mittel belaufen sich | |
die Netzentgelte für Haushaltskunden in Deutschland auf rund acht Cent je | |
Kilowattstunde und machen damit etwa ein Viertel des Strompreises aus. | |
## Innerhalb der Flächenländer sind Preisunterschiede groß | |
Bezogen auf die Bundesländer liegt Schleswig-Holstein mit einem Mittelwert | |
von 9,79 Cent am höchsten, Bremen mit 5,85 Cent am niedrigsten. Auch die | |
Windkraftländer Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern liegen weit vorne. | |
Mehrere Bundesländer aus dem Norden und Osten hatten daher bereits im Juni | |
[3][eine faire bundesweite Verteilung jener Netzkosten gefordert,] die | |
durch den Ausbau der Erneuerbaren anfallen. | |
Aber auch innerhalb der Flächenländer sind die Preisunterschiede groß. Die | |
Debatte lässt sich also nicht auf einen schlichten Nord-Süd-Konflikt | |
reduzieren. Auch in Bayern kommt der teuerste Verteilnetzbetreiber auf mehr | |
als 12 Cent Netzentgelt je Kilowattstunde, in Baden-Württemberg gar auf | |
mehr als 18 Cent. | |
BNetzA-Chef Müller sagte, im Bundestag liege bereits ein Gesetzentwurf, der | |
seine Behörde autorisieren würde, die Netzentgelte neu zu regeln. Sobald | |
das Gesetz verabschiedet sei, werde man einen Vorschlag für eine Reform | |
machen. | |
Ein Muster für einen bundesweiten Ausgleich von Netzentgelten gibt es | |
bereits: Im Übertragungsnetz – also quasi den „Stromautobahnen“ – sind… | |
Netzentgelte seit diesem Jahr erstmals komplett harmonisiert. | |
## Ausgleich zur Finanzierung von Stromtrassen gibt es | |
Dort gibt es inzwischen einen Ausgleich zwischen den vier deutschen | |
Übertragungsnetzbetreibern. Jede neu Stromtrasse quer durch Deutschland | |
wird damit von den Stromkunden in allen Teilen Deutschlands gleichermaßen | |
über die Stromrechnung bezahlt. | |
Ein ähnlicher Ausgleich wäre auch auf Ebene des Verteilnetzes grundsätzlich | |
möglich. Die Netze sind schließlich ein natürliches Monopol und die | |
Entgelte daher staatlich reguliert. Schon heute müssen die | |
Verteilnetzbetreiber ihre Netzentgelte auf Basis ihrer Investitionen von | |
der BNetzA genehmigen lassen. | |
Mit entsprechender Gesetzgebung könnten künftig jene Ausgaben, die nicht | |
speziell den Verbrauchern im eigenen Netzgebiet zugutekommen, auf die | |
Netzentgelte deutschlandweit umgelegt werden. | |
15 Aug 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Energiewende/!5933343 | |
[2] https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Mediathek/Monitoringberichte/Mo… | |
[3] /Nord-Sued-Konflikt-bei-Energiekosten/!5935112 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
## TAGS | |
Erneuerbare Energien | |
Energiewende | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Strompreis | |
Erneuerbare Energien | |
Windkraft | |
Erneuerbare Energien | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ausbau der Windenergie: Erneuerbare Energien kommen voran | |
In Deutschland wurden bis September mehr Windräder gebaut als im gesamten | |
Vorjahr. Spitzenreiter beim Ausbau ist Schleswig-Holstein, Bayern schneidet | |
schlecht ab. | |
Windkraft wird zum lukrativen Geschäft: Energiemultis kaufen Seegebiete | |
BP und TotalEnergies bezahlen Milliardenbeträge, um Offshore-Windparks in | |
Nord- und Ostsee bauen zu dürfen. Droht demnächst ein Oligopol? | |
Nord-Süd-Konflikt bei Energiekosten: Billiger Strom für Söder | |
Die Bundesländer im Norden produzieren erneuerbaren Strom und halten das | |
Preismodell für unsolidarisch. Die im Süden sehen das natürlich anders. | |
Deutsche Vorschriften für Windenergie: Energiewende auf Abstand | |
Es gäbe genug Platz für Windräder. Dass sie nicht gebaut werden, liegt auch | |
am Regelwerk. Eine interaktive Karte zeigt Unterschiede. |