# taz.de -- Referendum zu US-Militär in Japan: Tokio ignoriert Volkswillen | |
> Japans Premier Abe will sich dem Ergebnis eines Referendums auf Okinawa | |
> nicht beugen. Die Verlegung einer US-Militärbasis soll weitergehen. | |
Bild: Die Bewohner von Okinawa sind gegen die US-Basis auf Okinawa | |
TOKIO taz | Japans rechtskonservative Regierung hat das eindeutige Ergebnis | |
eines Volksentscheids gegen eine US-Militärbasis auf der Insel Okinawa | |
ignoriert. Über 70 Prozent der Wähler hatten beim Referendum am Sonntag | |
dagegen gestimmt, den US-Truppenstützpunkt Futenma innerhalb von Okinawa zu | |
verlegen, nämlich aus dem Zentrum der Stadt Ginowan in die abgelegene | |
US-Basis Henoko. Die Bewohner fordern, dass die Basis ganz von Okinawa | |
verschwindet. | |
Darauf erklärte Premierminister Shinzo Abe, er akzeptiere das Ergebnis | |
„aufrichtig“ und setze sich weiter für eine Entlastung Okinawas vom | |
US-Militär ein, doch die Verlegung könne nicht weiter aufgeschoben werden. | |
Daher gingen die Bauarbeiten an der neuen Start- und Landebahn im | |
US-Stützpunkt Henoko im nordöstlichen Okinawa am Montag einfach weiter. Der | |
Umzug soll eigentlich bis 2023 abgeschlossen sein, aber eine Verzögerung | |
gilt als wahrscheinlich. | |
Japanische Analysten malten nach Abes Reaktion ein düsteres Zukunftsbild | |
für die Regierung. Ihr Umgang mit dem Referendum sei typisch dafür, wie sie | |
ihre Politik ohne ausreichende Erklärung und Beratung einfach durchdrücke, | |
sagte etwa der Politologe Etsushi Tanifuji von der Universität Waseda in | |
Tokio. | |
Im April stehen Lokalwahlen und im Juli Oberhauswahlen an. Dabei muss | |
Premier Abe seine Zweidrittelmehrheit im Parlament verteidigen, um die | |
geplante Verfassungsreform für eine Einschränkung des Pazifismus nicht zu | |
gefährden. Abe setzt darauf, dass die Nöte der Bürger von Okinawa die | |
übrigen Japaner nicht weiter interessieren. | |
## Frust über US-Militär | |
In Okinawa dürfte er vorerst keinen Blumentopf mehr gewinnen. Die Bewegung | |
gegen die US-Militärbasis wird von Gouverneur Denny Tamaki persönlich | |
angeführt, der im Oktober mit überwältigender Mehrheit gewählt wurde. Sein | |
im Amt verstorbener Vorgänger hatte einen Baustopp gegen die neue Start- | |
und Landebahn verhängt und dies damit begründet, dass beim Bau der | |
Lebensraum der seltenen Dugong-Seekuh zerstört wird. | |
Doch es liegt weniger an der Naturliebe der Menschen auf Okinawa als an | |
ihrer großen Frustration über die massive Präsenz des US-Militärs, dass das | |
Referendum so eindeutig ausgegangen ist. Rund 15 Prozent der Fläche von | |
Okinawa werden vom US-Militär und seinen 30.000 Soldaten beansprucht. Immer | |
wieder haben Soldaten teilweise tödliche Verkehrsunfälle verursacht oder | |
auch Verbrechen an der Zivilbevölkerung begangen. | |
Die US-Truppenstützpunkte stehen unter der Jurisdiktion der Tokioter | |
Zentralregierung. Daher kann Gouverneur Tamaki das Ergebnis des Referendums | |
auch nicht umsetzen, sondern der Fortsetzung der Bauarbeiten nur ohnmächtig | |
zusehen. | |
Die harte Haltung von Abe lässt sich auch mit der zeitlichen Nähe zum | |
[1][Nordkorea-Gipfel zwischen US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas | |
Führer Kim Jong Un] erklären. Seit Jahren betont Abe, dass die | |
Sicherheitspartnerschaft zwischen Japan und den USA „stärker denn je“ sei. | |
Ohne Unterstützung aus Washington kann sich Japan nämlich nicht gegen China | |
und Nordkorea verteidigen. Dafür bleibt die Präsenz von US-Truppen in | |
Okinawa ein wichtiges Faustpfand. | |
Zugleich fürchtet Tokio eine Abmachung zwischen Trump und Kim, die | |
japanische Interessen ausblendet. [2][Zum Beispiel verlangt Japan | |
Aufklärung] über das Schicksal von nach Nordkorea verschleppten Japanern. | |
Mit der Entscheidung zum Referendum will Abe Trump womöglich beweisen, wie | |
loyal Japan den USA gegenüber sein kann. | |
25 Feb 2019 | |
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## AUTOREN | |
Martin Fritz | |
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