| # taz.de -- Reaktion auf Smartphone-Spionage: Von Empörung bis Achselzucken | |
| > Nach den Enthüllungen über weltweite Spionageangriffe nimmt Frankreich | |
| > Ermittlungen auf. Ungarns Regierung reagiert wesentlich abgebrühter. | |
| Bild: Mitarbeiter der Kongress-Partei protestieren in Neu Delhi gegen den Einsa… | |
| Die Enthüllungen um Ausspähung von Journalist*Innen, Dissident*innen | |
| und Menschenrechtsaktivist*Innen durch Spionagesoftware haben ein | |
| Nachspiel: In Frankreich hat die Pariser Staatsanwaltschaft Ermittlungen | |
| aufgenommen. | |
| Sie erklärte am Dienstag, zu einer ganzen Reihe möglicher Anklagepunkte zu | |
| ermitteln, darunter Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht, illegale | |
| Nutzung von Daten und illegaler Verkauf von Spionagesoftware. Ausgelöst | |
| wurden die Ermittlungen durch eine Anzeige von zwei Journalist*innen | |
| und der Investigativwebsite Médiapart. | |
| Eine internationale Recherchegruppe unter Beteiligung von Medien aus 10 | |
| Ländern hatte am Sonntag Berichte veröffentlicht, wonach weltweit [1][mehr | |
| als 1.000 Personen in 50 Ländern von Kunden des israelischen Herstellers | |
| NSO Group] für eine mögliche Überwachung ausgesucht worden seien. | |
| NSO bietet ein Spähprogramm namens Pegasus für Handys an – hat es die | |
| Software einmal auf das Mobiltelefon geschafft, kann es dieses in Echtzeit | |
| ausspähen, Messengerdienste trotz Verschlüsselung auslesen, sogar Kamera | |
| und Mikrofon steuern. | |
| ## Klar zum Gegenangriff | |
| In Frankreich waren mehrere Journalist*innen betroffen, unter anderem | |
| die Médiapart-Reporterin Lénaïg Bredoux und der Mitgründer der | |
| Enthüllungsplattform, Edwy Plenel. Médiapart [2][hatte am Montag angegeben, | |
| Anzeige zu erstatten]. | |
| Das Medienunternehmen beschuldigt Marokko, die beiden Mitarbeitenden in den | |
| Jahren 2019 und 2020 ausspioniert zu haben: „Während mehrerer Monate hat | |
| der repressive Apparat des Königreichs Marokko auf diese Weise das | |
| Privatleben zweier Journalisten attackiert, den Beruf des Journalisten und | |
| die Pressefreiheit angetastet, professionelle und private Daten gestohlen | |
| und ausgebeutet“, heißt es auf der Website. | |
| Marokko und NSO wiesen die Vorwürfe zurück. Die Staatsanwaltschaft in Paris | |
| erwähnte in ihrer Mitteilung am Dienstag das Land Marokko nicht. Nach dem | |
| Eingang der Klage habe sie sich entschieden, Ermittlungen aufzunehmen, hieß | |
| es. | |
| Abgestritten hat auch das EU-Land Ungarn die Vorwürfe, Pegasus gezielt zur | |
| Überwachung von Journalist*innen und Aktivist*innen einzusetzen. | |
| Wie die ungarische Recherchegruppe Direkt36 berichtete, soll es in Ungarn | |
| mehr als 300 potenzielle Überwachungsziele gegeben haben. Nachweislich | |
| seien vier ungarische Journalisten und ein Fotograf überwacht worden, | |
| außerdem mehrere Geschäftsleute und Ex-Politiker. | |
| ## Auch Politiker unter den Opfern | |
| Ungarns Außenminister Péter Szijjártó gab nach einem Bericht des | |
| Nachrichtenportals Telex.hu am Montag an, der Direktor des Geheimdienstes | |
| IH habe auf Anfrage bestritten, dass der Dienst die Software einsetze. Der | |
| seinem Ministerium unterstellte Dienst sei bereit, dem Sicherheitsausschuss | |
| des ungarischen Parlaments Auskunft zu geben. Die Opposition will zu den | |
| Vorwürfen eine Sondersitzung einberufen. IH ist einer der fünf ungarischen | |
| Geheimdienste. | |
| Die ungarische Justizministerin Judit Varga sagte in Brüssel: „Seien wir | |
| nicht albern. Jedes Land braucht solche Mittel.“ EU-Kommissionschefin | |
| Ursula von der Leyen hatte am Montag eine Überprüfung der Informationen | |
| gefordert. | |
| Wie weitere Enthüllungen ab Montagabend zeigten, ist das Spionageprogramm | |
| [3][in Mexiko besonders exzessiv] angewendet worden. Das Umfeld des | |
| heutigen mexikanischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador gehört | |
| demnach zu den Opfern. | |
| Die Telefonnummern von López Obradors Ehefrau, seiner Kinder, seines | |
| Bruders und sogar seines Kardiologen seien zwischen 2016 und 2017 zur | |
| Überwachung durch die Pegasus-Software in eine Liste eingetragen worden, | |
| berichtete unter anderem die Nachrichtenwebsite Aristegui Noticias. Zu dem | |
| Zeitpunkt war der linksgerichtete López Obrador Oppositionsführer und | |
| politischer Rivale des damaligen Präsidenten Enrique Peña Nieto. | |
| Eva Oer, mit afp, ap, rtr, dpa | |
| 20 Jul 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Spionagesoftware-Pegasus/!5787443 | |
| [2] https://www.mediapart.fr/journal/international/190721/projet-pegasus-mediap… | |
| [3] https://projekte.sueddeutsche.de/artikel/politik/pegasus-project-wie-pegasu… | |
| ## AUTOREN | |
| Eva Oer | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Pressefreiheit | |
| Cyberspionage | |
| Lauschangriff | |
| Polen | |
| Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
| Schwerpunkt Pressefreiheit | |
| Schwerpunkt Pressefreiheit | |
| Schwerpunkt Pressefreiheit | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Pressefreiheit in Polen: Der letzte Schritt | |
| Die allein regierenden Nationalpopulisten wollen nun auch noch die wenigen | |
| von ihnen nicht gegängelten Medien unter Kontrolle bringen. | |
| Pegasus-Software und Emmanuel Macron: Direkter Draht in den Élysée | |
| Auf der Liste abgehörter Politiker*innen soll auch Frankreichs | |
| Präsident sein. Der marokkanische Geheimdienst soll dahinterstecken. | |
| Israelischer Hacker über Pegasus und NSO: „Sie sind skrupellos“ | |
| Gegen hochentwickelte Cyberwaffen wie Pegasus hat man keine Chance, sagt | |
| Aktivist Yuval Adam. Die Angriffe sind für ihn nicht überraschend. | |
| Spionagesoftware für Unrechtsstaaten: Pegasus ist kein Einzelfall | |
| Pegasus ist der Traum aller Geheimdienstler:innen – und ein Alptraum | |
| für Oppositionelle. | |
| Massenhaft Smartphones ausgespäht: Neue Dimensionen der Überwachung | |
| Hunderte Journalist*innen und Oppositionelle weltweit sind offenbar von | |
| ihren Regierungen ausgespäht worden. Das Unternehmen NSO streitet das ab. |