| # taz.de -- „Kurzfristiger Dämpfer“: RWE zieht sich aus Wasserstoffprojekt… | |
| > Der Hoffnungsträger Wasserstoff erleidet eine weitere Niederlage: RWE | |
| > will in Namibia aussteigen. Das sei nicht so schlimm, sagen die | |
| > Projektfirmen. | |
| Bild: Elwin Gaoseb, PR-Beauftragter des Bürgermeisters von Lüderitz, Namibia,… | |
| Freiburg taz | Aufgrund der zähen Entwicklung des europäischen | |
| Wasserstoffmarkts hat [1][der Energiekonzern RWE] die geplante Abnahme von | |
| „grünem Ammoniak“ aus dem künftigen Wasserstoffprojekt Hyphen in Namibia | |
| storniert. Das Unternehmen hatte bereits im vergangenen Jahr angekündigt, | |
| all seine Engagements im Wasserstoffsektor auf den Prüfstand zu stellen. | |
| Ursprünglich wollte der Essener Konzern künftig pro Jahr 300.000 Tonnen | |
| Ammoniak aus der Anlage im südlichen Afrika abnehmen. Eine entsprechende | |
| Absichtserklärung hatte RWE im Jahr 2022 mit dem Konsortium Hyphen Hydrogen | |
| Energy unterzeichnet. | |
| Ammoniak wird unter anderem aus Wasserstoff hergestellt. Wurde der mit | |
| Wind- oder Solarenergie hergestellt statt zum Beispiel aus Erdgas, | |
| bezeichnet man ihn als „grün“. Ammoniak lässt sich leicht verflüssigen u… | |
| transportieren, während das bei Wasserstoff aufwändiger und teurer ist. Ob | |
| RWE den Ammoniak zur direkten Nutzung in der chemischen Industrie – etwa | |
| zur Düngemittelproduktion – vermarkten wollte oder ob am Ende der Kette | |
| auch die Rückgewinnung von Wasserstoff stehen sollte, war noch offen. | |
| An dem Konsortium, das die Anlage plant, ist mit 24 Prozent der Staat | |
| Namibia beteiligt, den Rest teilen sich hälftig die deutsche Firma Enertrag | |
| und die britische Nicholas Holdings. Die Unternehmen hatten sich in einer | |
| Ausschreibung des Staates Namibia gegen fünf Mitbewerber durchgesetzt. | |
| ## Projekt steht noch am Anfang | |
| Ein Sprecher von Enertrag bezeichnete den [2][Rückzug der Firma RWE] | |
| gegenüber das taz nur als einen „kurzfristigen Dämpfer“. Schließlich sei | |
| RWE gar kein Projektpartner gewesen, sondern wäre lediglich als Kunde | |
| aufgetreten. Daher sei das Projekt als solches von dem Rückzug nicht akut | |
| betroffen, aber man suche nach weiteren Abnehmern, zum Beispiel aus der | |
| chemischen Industrie. | |
| Noch steht das Projekt ohnehin am Anfang. Bisher befänden sich am geplanten | |
| Standort in der Wüste lediglich Windmessmasten und es gebe Messbojen in der | |
| nahegelegenen Meeresbucht, weil für die Wasserstoffgewinnung Süßwasser | |
| nötig ist. Das sei vor Ort aber nicht ausreichend verfügbar, deswegen müsse | |
| man zunächst eine Meerwasserentsalzungsanlage bauen, heißt es bei Enertrag. | |
| Derzeit laufe die Umweltverträglichkeitsprüfung. | |
| Die finale Investitionsentscheidung werde erst Ende 2026 fallen. Fällt sie | |
| positiv aus, werde das Konsortium mehr als zehn Milliarden US-Dollar | |
| investieren, um künftig im Tsau/Khaeb Nationalpark auf einer Fläche von | |
| 4.000 Quadratkilometern mit Windkraft und Solarenergie Wasserstoff zu | |
| erzeugen. Dieser werde dann in Form des Wasserstoffprodukts Ammoniak | |
| vermarktet. | |
| Rund eine Million Tonnen Ammoniak – knapp 180.000 Tonnen | |
| Wasserstoff-Äquivalent – sollen pro Jahr produziert und anschließend | |
| verschifft werden. Allerdings verzögert sich das Projekt schon jetzt: Das | |
| ursprüngliche Ziel, im Jahr 2030 bereits 50 Prozent der Kapazitäten | |
| aufgebaut zu haben, sei wohl nicht mehr haltbar, heißt es bei Enertrag. | |
| ## Wasserstoff-Nachfrage reicht noch nicht aus | |
| RWE erklärte auf Anfrage, es gebe keinen konkreten Zusammenhang zwischen | |
| dem eigenen Rückzug aus dem Projekt und der deutschen oder europäischen | |
| Wasserstoffpolitik. Vielmehr hänge im Moment alles „an der Abnehmerseite“, | |
| erklärte der Energiekonzern; die Nachfrage der Industrie nach „grünem | |
| Wasserstoff“ entwickle sich „langsamer als erwartet“. | |
| Dass das Interesse potenzieller Nutzer an „grünem Wasserstoff“ dürftig is… | |
| hatte im September auch der [3][Monitoringbericht im Auftrag des | |
| Bundeswirtschaftsministeriums dargelegt]: „Aktuell gibt es trotz | |
| bestehender Instrumente kaum marktseitige Nachfrage nach Wasserstoff“, | |
| heißt es darin. Schließlich lägen die Bereitstellungskosten von | |
| erneuerbarem Wasserstoff höher als die Zahlungsbereitschaft der | |
| potenziellen Abnehmer. Man habe der „tatsächlichen Zahlungsfähigkeit von | |
| Industrie, Gewerbe und Haushalten“ in der Vergangenheit „zu wenig | |
| Aufmerksamkeit geschenkt“. | |
| Ohne Staatsgeld kommt der Wasserstoff also nicht in den Markt, wobei | |
| allerdings der „öffentliche Finanzbedarf für die Unterstützung der | |
| Transformation“, so das Bundeswirtschaftsministerium, „noch nicht belastbar | |
| berechnet worden“ sei, heißt: Die Kosten sind unklar. | |
| Das geplante Wasserstoffbeschleunigungsgesetz wird an diesem Kernproblem | |
| der hohen Kosten wenig ändern. Das Gesetz soll vor allem einen schnelleren | |
| Ausbau der Infrastruktur ermöglichen – einerseits durch Digitalisierung der | |
| Abläufe, andererseits, indem dem Bau von Anlagen und Leitungen | |
| „überragendes öffentliches Interesse“ bescheinigt wird. Das soll in | |
| politischen Abwägungsprozessen Genehmigungshürden abbauen. | |
| 7 Oct 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Bernward Janzing | |
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