# taz.de -- Prozess gegen KZ-Wachmann: SS-Mitgliedschaft bestritten | |
> Der 101-jährige Angeklagte steht wegen Beihilfe zu tausendfachen Mord vor | |
> Gericht. Er streitet bisher jede Schuld ab. | |
Bild: Der Angeklagte zu Prozessbeginn im Oktober mit seinem Anwalt | |
Brandenburg/Havel epd | Im Prozess wegen [1][Beihilfe zu tausendfachem Mord | |
im KZ Sachsenhausen] hat der Angeklagte vor dem Landgericht Neuruppin | |
bestritten, Mitglied eines SS-Totenkopf-Wachbataillons gewesen zu sein. | |
Laut Anklage soll der mittlerweile 101 Jahre alte Josef S. zwischen Oktober | |
1941 und Februar 1945 im KZ Sachsenhausen als Wachmann gearbeitet haben. | |
Am elften Verhandlungstag am Donnerstag sagte der Angeklagte: „Ich war | |
nicht in der SS“. Auch habe er keine entsprechende Tätowierung zu seiner | |
Blutgruppe am Arm, sagte er auf eine entsprechende Frage des Vorsitzenden | |
Richters Udo Lechtermann. (AZ: 11 Ks 4/21) | |
Wegen des Gesundheitszustandes des Angeklagten wurde die Verhandlung nach | |
Brandenburg an der Havel verlegt, um dessen Anreisezeit zu verringern. Der | |
Hochbetagte ist nur wenige Stunden am Tag verhandlungsfähig. | |
Lechtermann äußerte „erhebliche Zweifel“ an den Äußerungen des Angeklag… | |
in den vorangegangenen Verhandlungstagen. Josef S. streitet eine Schuld | |
bisher ab. Sein Verteidiger, Stefan Waterkamp, stellte am Donnerstag erneut | |
eine Erklärung des Angeklagten im Laufe des Verfahrens in Aussicht. Zudem | |
zeigte sich der Angeklagte mit einer körperlichen Untersuchung wegen einer | |
möglichen Tätowierung einverstanden. | |
Josef S. muss sich laut Anklage wegen Beihilfe zum grausamen und | |
heimtückischen Mord in 3.518 Fällen verantworten. Dazu werteten die | |
Ermittler unter anderem Dokumente aus der Gedenkstätte Sachsenhausen, dem | |
Bundesarchiv Berlin und der Stasi-Unterlagenbehörde aus. Die Tätigkeit von | |
S. ist demnach auf verschiedenen Unterlagen aus der Zeit vermerkt, auch die | |
Beförderung zum SS-Rottenführer. In der Zeit kamen laut Kriminalpolizei | |
nachweislich Zehntausende Häftlinge ums Leben. | |
## Ermordung von Häftlingen durch Giftgas | |
In dem Verfahren geht es unter anderem um die Erschießung sowjetischer | |
Kriegsgefangener, die Ermordung von Häftlingen durch den Einsatz von | |
Giftgas und allgemein um die Tötung von Häftlingen durch die Schaffung und | |
Aufrechterhaltung von lebensfeindlichen Bedingungen. | |
In der Befragung zu seinem Lebenslauf hatte sich der Angeklagte zu Beginn | |
des Verfahrens zwar zu Kindheit und Armeezeit in Litauen, | |
Kriegsgefangenschaft und DDR-Zeit geäußert, jedoch nicht zu den Vorwürfen | |
der Staatsanwaltschaft. Mögliche Hinweise auf die Identität des Angeklagten | |
gibt etwa ein Foto aus dem Bundesarchiv. Es zeigt einen jungen Mann in | |
Zivilkleidung, angeblich den späteren SS-Rottenführer Josef S. bei seiner | |
Einbürgerung im Jahre 1938. Da der Angeklagte in Litauen geboren ist, | |
könnte das Einbürgerungsfoto die Identität belegen. Allerdings will der | |
Angeklagte sich nach Angaben seines Anwalts auf dem Bild nicht wieder | |
erkannt haben. | |
## Fortsetzung des Prozesses am Freitag | |
Als Sachverständiger setzte der Historiker Stefan Hördler am Donnerstag | |
seine Erläuterungen zum KZ-System in der NS-Zeit weiter fort. Dabei | |
beschrieb er detailliert unter anderem Aufgaben und Befehle der | |
Wachmannschaften. Hördler legte auch eine Namensliste der 9. Kompanie des | |
Totenkopfsturmbann Sachsenhausen vor, auf der der Name Josef S. auftaucht. | |
Der Prozess soll am Freitag mit Ausführungen des Historikers fortgesetzt | |
werden. | |
25 Nov 2021 | |
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