| # taz.de -- Protest gegen Staatsakt: Japan will anders trauern | |
| > Ein Mann zündet sich in Tokio an, aus Protest gegen den Staatsakt für den | |
| > Ex-Premier Abe und gegen die engen Verbindung der Regierung zur | |
| > Moon-Sekte. | |
| Bild: Mordswütend: Protest in Tokio gegen das Staatsbegräbnis für den frühe… | |
| Tokio taz | Aus Protest gegen das bevorstehende Staatsbegräbnis für den | |
| konservativen Ex-Regierungschef [1][Shinzo Abe] hat sich ein Japaner mit Öl | |
| übergossen und angezündet. Der 70-Jährige wurde mit schweren Verbrennungen | |
| ins Krankenhaus eingeliefert. Der Vorfall ereignete sich am frühen | |
| Mittwochmorgen nahe dem Amts- und Wohnsitz von Premier Fumio Kishida. Auf | |
| einem Zettel, der in der Nähe gefunden wurde, sprach sich der Mann | |
| „entschieden gegen“ die Trauerfeier aus. An diesem Mittwoch wäre Abe 68 | |
| Jahre alt geworden, doch er starb im Juli bei einem Attentat. | |
| Der Widerstand gegen den Staatsakt am 27. September ist stark angewachsen, | |
| weil Abes Tod die engen Verbindungen zwischen seiner Liberaldemokratischen | |
| Partei (LDP) und der Vereinigungskirche bekannt gemacht hat. Von den 379 | |
| LDP-Abgeordneten unterhielt fast die Hälfte mit der oft Moon-Sekte | |
| genannten Kirche Kontakte. | |
| Tetsuya Yamagami, der Abe am 8. Juli mit einem selbstgebauten Gewehr | |
| erschoss, wählte den Politiker wegen seiner Unterstützung der Sekte als | |
| Ziel aus. Er sei in die Armut gestürzt, weil seine Mutter der Sekte das | |
| gesamte Familienvermögen gespendet habe, sagte Yamagami den Ermittlern. | |
| Abe war kein Mitglied der Sekte, schickte aber 2021 eine | |
| Glückwunschbotschaft zu einer Veranstaltung einer Mitgliedsorganisation. | |
| Abes Großvater, der Nachkriegspremier Nobusuke Kishi, hatte Sektengründer | |
| Moon zum Missionieren in Japan ermutigt, um Kommunismus und Gewerkschaften | |
| zu bekämpfen. Die Gläubigen halfen LDP-Abgeordneten kostenlos im Wahlkampf | |
| und gaben ihnen ihre Stimme. Die Behörden duldeten das teilweise aggressive | |
| Eintreiben von Spenden, obwohl betroffene Familien deswegen zahlreiche | |
| Entschädigungsprozesse gegen die Sekte führten. | |
| ## Staatsakt kostet 12 Millionen Euro Steuergelder | |
| Regierungschef Kishida hatte den extrem seltenen Staatsakt kurz nach dem | |
| Attentat angesetzt, um die LDP-Rechtsnationalisten für sich zu gewinnen. | |
| Nicht wenige Japaner hegen inzwischen Sympathie für das Motiv des | |
| Attentäters. Zugleich sorgen die hohen Veranstaltungskosten von umgerechnet | |
| 12 Millionen Euro für Ärger. Vor dem Regierungssitz kam es zu | |
| Demonstrationen. Eine Gruppe von Anwälten reichte Klage ein, weil dem | |
| Staatsakt die notwendige gesetzliche Grundlage fehle. | |
| Zwar reagierte Kishida auf den Widerstand mit einer Kabinettsumbildung, | |
| alle Minister mit Sektennähe mussten gehen. Aber die Verbindungen von LDP | |
| und Kirche reichten tiefer, als von Kishida zugegeben. Daher fiel in der | |
| neuesten Umfrage der Zeitung Mainichi seine Unterstützungsrate auf 29 | |
| Prozent. Ein Rücktritt nach der Trauerfeier scheint nicht mehr | |
| ausgeschlossen. | |
| 21 Sep 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Martin Fritz | |
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