# taz.de -- Pränataltests auf Downsyndrom: Es geht nicht um Behindertenrechte | |
> Abgeordnete wollen die Folgen der Kassenzulassung des Trisomien-Bluttests | |
> untersuchen lassen. Sie glauben, es fehle an Beratung. Das ist falsch. | |
Bild: Schwangere können ihr Ungeborenes seit 2022 kostenlos auf Trisomien test… | |
In die falsche Richtung zielt ein Antrag zu nicht invasiven pränatalen | |
Bluttests (NIPT) auf das Downsyndrom und andere Gendefekte, über den am | |
Mittwoch im Bundestag abgestimmt wird. Dieser fordert die Bundesregierung | |
dazu auf, die [1][Folgen der Kassenzulassung des Tests] untersuchen zu | |
lassen. | |
An sich ist das sinnvoll, denn die Kostenübernahme ist nicht an eine | |
Indikation geknüpft. So kann jede Schwangere einen solchen Test machen | |
lassen. Medizinisch ergibt das keinen Sinn, weil die Falsch-positiv-Rate | |
bei Jüngeren hoch ist und ein positives Ergebnis invasive Untersuchungen | |
wie eine Punktion von Fruchtblase oder Plazenta zur weiteren Abklärung nach | |
sich zieht. Zudem warnen Pränatalmediziner:innen, dass sich | |
Schwangere nach einem negativen Ergebnis in falscher Sicherheit wiegen und | |
andere Fehlbildungen erst sehr spät entdeckt werden. | |
Doch darum geht es den Antragsteller:innen nicht. Sie fokussieren auf | |
Beratung – für die Schwangeren, noch bevor sie den Test machen lassen und | |
für den Fall, dass dieser positiv ausfällt. Dahinter steckt die | |
Überzeugung, dass sich dann mehr Eltern für das Leben mit einem behinderten | |
Kind entscheiden. Das erinnert nicht von ungefähr an die in Paragraf 218 | |
festgeschriebene [2][Zwangsberatung vor Schwangerschaftsabbrüchen] bis zur | |
zwölften Woche nach Empfängnis: Ein Teil der Abgeordneten, die den Antrag | |
unterzeichnet haben, verknüpft den Einsatz für Behindertenrechte mit dem | |
[3][Kampf gegen Abtreibung]. | |
Doch werdende Eltern können selbst entscheiden, ob sie sich das Leben mit | |
einem Kind zutrauen. Im Fall einer vor der Geburt diagnostizierten | |
Behinderung wissen sie, dass sie einen [4][lebenslangen Kampf um Inklusion] | |
vor sich haben. Deshalb versuchen sich viele möglichst früh in der | |
Schwangerschaft abzusichern. Das war auch schon so, bevor der Bluttest | |
eingeführt wurde. | |
Dass man das Kind nicht „gesund testen“ kann, sagen ihnen Ärzt:innen, die | |
mehrheitlich verantwortungsvoller handeln, als ihnen der Antrag | |
unterstellt. Es gibt Schwangere, die hin- und hergerissen sind. Für diese | |
existieren bereits Beratungsangebote. Sie würden nur wenig nachgefragt, | |
sagen die Beratungsstellen. Wer die Probleme lösen will, die die | |
Kassenzulassung geschaffen hat, sollte den Blick nicht auf | |
Behindertenrechte verengen. | |
24 Apr 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Debatte-ueber-Praenataltests-im-Bundestag/!6003386 | |
[2] /Debatte-um-Paragraf-218/!5912487 | |
[3] https://www.bundestag.de/abgeordnete/biografien/H/hueppe_hubert-860964 | |
[4] /Scheiternde-Inklusion/!5971775 | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
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