# taz.de -- Palästinensische Gruppen in Gaza: Irans langer Arm | |
> Der Islamische Dschihad Palästina (PIJ) gilt als Konkurrent der Hamas. | |
> Die Organisation hat weniger Mitglieder, aber mehr Waffen und Geld. | |
Bild: Trauernde bei der Beerdigung des PIJ-Anführers Khaled Mansour in Rahaf i… | |
TEL AVIV taz | „Die Kräfte, die wir bisher genutzt haben, sind nur ein | |
kleiner Teil dessen, was wir vorbereitet haben“, verkündete der | |
militärische Sprecher Abu Hamza von den Al-Quds-Brigaden, dem militärischen | |
Arm des Islamischen Dschihad Palästina (PIJ), am Sonntagnachmittag, dem | |
dritten Tag der [1][Kampfhandlungen zwischen Gaza und Israel.] | |
Der Islamische Dschihad ist die kleinere der beiden palästinensischen | |
Hauptgruppen im Gazastreifen. Der regierenden Organisation Hamas ist sie | |
zahlenmäßig weit unterlegen – die geschätzten Zahlen rangieren von 1.000 | |
Mitgliedern zu einigen Tausend – doch an Waffen und Geld mangelt es ihnen | |
nicht. Denn die eng mit dem Iran verbundene militante Organisation bezieht | |
ihre Ressourcen aus ebendieser Republik. | |
Der Islamische Dschihad Palästina (PIJ) wurde 1981 formell von ehemaligen | |
[2][Muslimbrüdern] gegründet, allen voran Fatih Shakaki und Abd al-Aziz | |
Awda. Bis Ende der 1970er Jahre waren die beiden palästinensischen | |
Studenten in Ägypten Mitglieder der Muslimbrüderschaft. Von dieser | |
Organisation wandten sie sich jedoch enttäuscht ab. Zu moderat wurde sie in | |
ihren Augen, engagierte sich nicht ausreichend für die palästinensische | |
Sache. Stattdessen rückten die beiden mit der Gründung der PIJ die Idee des | |
Dschihadismus ins Zentrum, inspiriert von Ajatollah Chomeini und seiner | |
islamischen Revolution im Iran Ende der 1970er Jahre. | |
„Sie stellten den Dschihad an die erste Stelle“, erklärt der Nahostexperte | |
am Harry-S.-Truman-Institut für Friedensentwicklung in Jerusalem, Roni | |
Shaked: „Daraus sollte die Befreiung Palästinas folgen. Nachdem Palästina | |
befreit sein würde, würde dies die Fackel sein, die den ganzen Nahen Osten | |
erleuchten würde.“ | |
1984, während der ersten Intifada, wurde Shakaki zum ersten Mal von Israel | |
verhaftet und schließlich mit der gesamten Gruppe 1988 in den Libanon | |
exiliert. Während ihres Aufenthalts im Libanon pflegte die PIJ-Führung | |
Beziehungen zur Hisbollah und wurde von den iranischen Revolutionsgarden | |
geschult. 1995 wurde Shakaki in Malta – vermutlich durch den israelischen | |
Geheimdienst Mossad – vor einem Hotel getötet. Der PIJ war für einige der | |
größeren Terroranschläge in Israel verantwortlich, darunter der | |
Selbstmordanschlag in einem großen Einkaufszentrum in Tel Aviv im Jahr | |
1996, bei dem 13 Israelis getötet und 130 verletzt wurden. | |
Geld und Waffen aus dem Iran | |
Seit der Gründung der islamistischen Organisation Hamas im Jahr 1987 sind | |
die beiden Gruppierungen politische Konkurrenten, sie beide werben um | |
Unterstützung der gleichen Klientel: religiöse Palästinenser:innen. Eine | |
Zusammenarbeit zwischen Hamas und PIJ gibt es nicht, dabei haben sie | |
zahlreiche Gemeinsamkeiten. Sowohl die Hamas als auch die PIJ werden vom | |
Westen als „terroristische Organisationen“ geführt. Beide erhalten Gelder | |
und Waffen aus dem Iran. | |
Doch während die Hamas auch als politische Bewegung zu verstehen ist, | |
soziale und politische Aktivitäten verfolgt und in Bezug auf Israel | |
pragmatische Ansätze zeigt, ist der PIJ ausschließlich ideologisch | |
motiviert und hat keine Ambitionen, eine Regierung im Gazastreifen oder im | |
Westjordanland zu bilden. Ihre Ideologie zielt darauf ab, den | |
israelisch-palästinensischen Friedensprozess zum Scheitern zu bringen und | |
Israel aus der Region zu eliminieren. | |
Verhandlungen mit Israel, auch Waffenstillstandsverhandlungen, die gerade | |
von Ägypten angestoßen werden, sind in ihrer Ideologie nicht vorgesehen. | |
Die Hamas, die sich bislang aus den derzeitigen Kampfhandlungen heraushält, | |
könnte also bei den kommenden Waffenstillstandsverhandlungen eine | |
ungewohnte Rolle spielen – die der Vermittlerin, zwischen Islamischem | |
Dschihad auf der einen und Ägypten und Israel auf der anderen Seite. | |
8 Aug 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Israel-Palaestina-Konflikt/!5870199 | |
[2] /Buch-ueber-Muslimbruederschaft/!5841119 | |
## AUTOREN | |
Judith Poppe | |
## TAGS | |
Gaza | |
Hamas | |
Muslimbrüder | |
Schwerpunkt Islamistischer Terror | |
Dschihad | |
GNS | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Gaza | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Politisches Buch | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Militanter im Westjordanland getötet: Ende des „Löwen von Nablus“ | |
Israels Militär tötet einen Anführer des militärischen Arms der Fatah, die | |
das Westjordanland regiert. Anhänger:innen rufen zu Protesten auf. | |
Eskalation zwischen Israel und Gaza: „Morgengrauen“ endet in Waffenruhe | |
Im palästinensischen Gaza und in Israel hält der Waffenstillstand. Israels | |
Zivilgesellschaft debattiert über den Kriegsauslöser. | |
Israel-Palästina-Konflikt: Raketen auf Gaza, Hamas in Deckung | |
Bei einer israelischen Militäraktion gegen den Islamischen Dschihad sterben | |
in Gaza 30 Menschen. Es sind die schwersten Kämpfe seit einem Jahr. | |
Familie stirbt im Gaza-Krieg: Warten auf Gerechtigkeit | |
Im Juli 2014 stirbt eine deutsch-palästinensische Familie bei einem | |
israelischen Luftschlag in Gaza. Ein Kriegsverbrechen? | |
Buch über Muslimbrüderschaft: Der Dschihad ist ihr Weg | |
Vordenker des Islamismus: Gudrun Krämer legt eine Biografie des Gründers | |
der Muslimbruderschaft Hasan al-Banna vor. |