# taz.de -- Opposition in Moskau: Kampfansage an Kreml-Kritiker | |
> Die „Stäbe Nawalnys“ geraten ins Visier der Moskauer Unterdrückung. Wer | |
> mit Putin nicht einverstanden ist, gilt als Extremist und riskiert | |
> Verfolgung. | |
Bild: Moskaus willige Staatsanwälte nehmen die Jagd auf Putins Kritiker auf | |
Russlands Provinz erscheint vielen, die dort wohnen, oft öde. Vor allem die | |
[1][Jugend] träumt sich an Orte, die in ihren Augen mehr zu bieten hätten | |
als stillgelegte Werke, als Erwachsene, die drei Jobs nachgehen müssen und | |
so keine Kraft haben für ihre Sorgen. Orte, die, mehr als Resignation | |
bieten. Weggehen ist für viele von ihnen aber auch keine Option. Sie wollen | |
das bessere Leben vor Ort. Sie wollen mehr Wahlfreiheit, mehr | |
Möglichkeiten. Sie wollen mitbestimmen. | |
Ihre Suche führt viele von ihnen zuweilen in die sogenannten Stäbe des | |
mittlerweile inhaftierten russischen Oppositionellen Alexei Nawalny. Hier | |
erleben sie, dass Politik sie etwas angeht, ja, dass sie sie, vor allem im | |
Kleinen, mitgestalten können. Sie erfahren sich zum ersten Mal als | |
politische Subjekte. | |
Das Netzwerk, das Nawalny im Zuge seiner Kampagne für das Amt des | |
Präsidenten quer durchs Land geschaffen hatte, auch wenn er von vornherein | |
nicht als solcher kandidieren durfte, ist voller solcher EnthusiastInnen, | |
die etwas bewegen wollen in ihrer Stadt, in ihrem Land. All den | |
Durchsuchungen, den drohenden Verfahren, der Brandmarkung als ausländische | |
Agenten zum Trotz. Während ihr Idol in der Strafkolonie um sein Leben | |
kämpft, holt der Staat nun die ganz große Keule heraus: | |
Die „Stäbe“ wie auch die Stiftung Nawalnys sollen als extremistisch | |
eingestuft werden. Die Staatsanwaltschaft der Stadt Moskau hat Klage | |
eingereicht. Russlands willfährige Gerichte dürften sich kaum dagegen | |
auflehnen. Die Einstufung als extremistische Organisation wäre das Ende für | |
die Antikorruptionsrecherchen von Nawalnys Team wie auch für dessen | |
politische Aktivitäten in den Regionen. Oppositionelle Arbeit im Land würde | |
kriminalisiert. | |
Der Vorstoß zeigt, dass das Regime alle, die die offizielle Politik nicht | |
gutheißen, letztlich zu Extremisten macht. Unter dem Deckmantel liberaler | |
Losungen, so heißt es bei der Staatsanwaltschaft, arbeiteten Nawalnys | |
Organisationen an der Destabilisierung der sozialen und gesellschaftlichen | |
Lage im Land. Und damit an einer „farbigen Revolution“ in Russland, dem | |
Schreckgespenst des Kreml. Dem will der Staat mit einem regelrechten | |
Arsenal seiner Strafverfolgung entgegenrücken. | |
FunktionsträgerInnen von Nawalnys Organisationen könnten bis zu zehn Jahre | |
ins Gefängnis kommen, selbst Ehrenamtliche könnten bis zu sechs Jahre | |
inhaftiert werden. Auch SpenderInnen müssten mit einem Freiheitsentzug von | |
bis zu acht Jahren rechnen. Jegliche öffentliche Auftritte einer | |
extremistischen Organisation sind laut russischem Gesetz untersagt. Medien | |
müssten stets darauf verweisen, dass es sich um eine extremistische | |
Organisation handelt, wollten sie über Nawalny und seine Leute schreiben. | |
Sonst machten sie sich strafbar. Russlands Justiz wäre freilich nicht in | |
der Lage, Hunderttausende Fälle vor Gericht zu verhandeln und Tausende | |
Menschen in die [2][Strafkolonien] zu schicken. Das geplante Vorgehen aber | |
schafft Unsicherheit und verbreitet Angst. Und damit hat der Kreml schon | |
viel erreicht. | |
18 Apr 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.youtube.com/watch?v=CdzE3On1PYM | |
[2] /Politische-Gefangene-in-Russland/!5751859 | |
## AUTOREN | |
Inna Hartwich | |
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