# taz.de -- Notwehr gegen Vergewaltiger im Iran: Studentin droht Hinrichtung | |
> Weil Reyhaneh Jabbari in Notwehr einen Mitarbeiter des Geheimdienstes | |
> erstach, der sie vergewaltigen wollte, wurde sie zum Tode verurteilt. | |
Bild: Immer wieder gibt es weltweit Proteste gegen Hinrichtungen im Iran, so z.… | |
BERLIN taz | Sollte die Familie des Opfers nicht doch noch bereit sein, auf | |
eine Bestrafung zu verzichten, wird das Todesurteil gegen die 26-jährige | |
Reyhaneh Jabbari vollstreckt. Eigentlich sollte die Hinrichtung bereits am | |
30. September erfolgen. Doch offenbar veranlassten Proteste aus dem In- und | |
Ausland Justizchef Sadegh Laridschani, die Vollstreckung um zehn Tage zu | |
verschieben. | |
Die Todesstrafe kann nach dem Gerichtsurteil gemäß „Qessas“ | |
(Vergeltungsgesetz nach dem Prinzip Auge und Auge, Zahn um Zahn) nur | |
ausgesetzt werden, wenn die Familie des Opfers auf eine Bestrafung | |
verzichtet oder der Revolutionsführer die Verurteilte begnadigt. | |
Jabbari wurde mit 19 Jahren wegen Mordverdachts verhaftet. Die | |
Informatik-Studentin war damals neben dem Studium als Dekorateurin tätig. | |
Als sie eines Tages in einer Eisdiele ein Telefongespräch führte, wurde sie | |
anschließend von einem Mann angesprochen, der offenbar aus dem | |
Telefongespräch entnommen hatte, dass sie Dekorateurin war. Er sei Chirurg | |
und gerade dabei eine neue Praxis zu eröffnen, sagte er und fragt, ob sie | |
bereit sei, die Gestaltung der Räume zu übernehmen. | |
Der Mann, Mortesa Sarbandi (47), war verheiratet und Vater von drei | |
Kindern. Wenige Tage nach der Begegnung in der Eisdiele holte er die junge | |
Studentin mit dem Auto ab und fuhr zunächst an einer Apotheke vorbei. Dort | |
kaufte er, wie sich später herausstellte, Kondome. | |
## Sie rief noch den Notarzt | |
Die Wohnung, in die er sie dann brachte, war ziemlich leer. Nichts deutete | |
auf eine Praxis. Jabbari schöpfte Verdacht, wollte schnell aus der Wohnung | |
verschwinden. Doch Sarbandi versucht die Frau zu vergewaltigen. Sie wehrte | |
sich, nahm ein Messer und stach ihm in die Schulter. Dann rannte sie aus | |
dem Haus. Draußen rief sie anonym den Notarzt. Sarbandi wurde ins Hospital | |
gebracht, aber die Hilfe kam zu spät. Er starb durch verbluten. | |
Jabbari wurde festgenommen, gestand die Tat und sagte, sie habe in Notwehr | |
gehandelt. Wie sich herausstellte, war Sarbandi Mitarbeiter des | |
Geheimdienstes. Das zwang offenbar die Justiz zur Rücksichtsnahme. | |
Ein Strafgericht verurteilte Jabbari 2009 wegen Mordes zum Tode, schon bald | |
bestätigte der oberste Gerichtshof das Urteil. | |
Heftige Proteste aus dem In- und Ausland verzögerten die Vollstreckung. | |
Zahlreiche iranische Künstler, Schriftsteller und Filmemacher baten immer | |
wieder die Familie des Getöteten, auf eine Vergeltungsstrafe zu verzichten. | |
## Galgenfrist läuft jetzt ab | |
Auch internationale Menschenrechtsorganisationen forderten die Freilassung | |
der jungen Frau. Die von Justizchef Sadegh Laridschani festgesetzte | |
Galgenfrist läuft bald ab. Noch kann Jabbari gerettet werden. | |
Der Fall, der international Aufsehen erregt, passt nicht zu dem Bild, das | |
die Regierung von Präsident Hassan Rohani von der Islamischen Republik im | |
Ausland präsentieren möchte. Doch die Regierung hat auf die Justiz, die | |
sich in der Hand der Konservativen befindet, keinen Einfluss. | |
Im Gegenteil: Seit Rohanis Wahl 2013 hat die Justiz eine härtere Gangart | |
eingeschlagen. Jabbari könnte jetzt den Rivalitäten zwischen den Gewalten | |
zum Opfer fallen. | |
7 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Bahman Nirumand | |
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