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# taz.de -- Notre-Dame feiert Wiederauferstehung: Macron als weltlicher Bauherr…
> Nach nur fünf Jahren wird die von einem Brand 2019 schwer beschädigte
> Pariser Kathedrale am Samstag wieder eröffnet. Das freut besonders
> Emmanuel Macron.
Bild: Zeremonienmeister Macron in Notre Dame
Paris taz | Es geschah am 15. April 2019: Viele waren gerade von der Arbeit
nach Hause gekommen oder noch unterwegs, als sie die schier unglaubliche
Szenen auf ihren Telefon oder im Fernsehen sahen. Ein Großbrand, der die
mitten in Paris auf der Seine-Insel Ile-de-la-Cité gelegene Kathedrale
Notre-Dame zu zerstören drohte. Die Bilder des lodernden Feuers im Dach der
Kathedrale haben sich buchstäblich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt.
Noch Jahre später reden die Augenzeugen davon.
Viele waren eigens gekommen, um dieses spektakuläre Flammeninferno
anzuschauen, als müssten sie sich davon überzeugen, dass es wahr und
wirklich war, weil ihnen die Idee, dass die Notre-Dame, symbolisch die
Mutter der Stadt Paris, einfach so zerstört werden könnte, ganz und gar
unglaublich erschien. Als dann [1][auf dem lichterloh brennenden Dom die
Flèche], der steil in den Himmel ragende Spitzturm wie ein Streichholz in
sich zusammenstürzte, weinten sie.
## Brandursache immer noch unklar
Die Bilder gingen um die Welt. Der Schock war immens, sowohl bei den
Katholiken, die mit ansehen mussten, wie eine ihrer heiligsten Stätten ein
Raub der Flammen wurde, aber auch weltweit über Frankreich hinaus bei
unzähligen Menschen, für die Notre-Dame ein Symbol gotischer Baukunst und
ein unersetzbarer Bestandteil des Kulturerbes darstellt.
Für die Touristen ist und war diese Wahrzeichen der Stadt an der Seine
stets ein Muss. 13 Millionen Besucher pro Jahr, bis zu 45.000 täglich
wurden gezählt, drei Mal so viel beim Eiffelturm.
Die Ursache des Brands ist trotz einer intensiven Untersuchung noch immer
weitgehend ungeklärt. Eine unvorsichtig weggeworfene, aber noch glimmende
Zigarette oder doch eher ein Kurzschluss bei Reparaturen auf dem Dach? Eine
mutwillige Brandstiftung oder gar einen Terroranschlag haben die Behörden
aufgrund ihrer Spurensuche ausgeschlossen. Dass sie dies der Öffentlichkeit
aber schon wenige Stunden nach dem Brand, mitteilten, weckte sogleich
Verdacht in Verschwörerkreisen und förderte wilde Gerüchte.
## Macron hält sein Wiederaufbau-Versprechen
Schon am Tag danach meldete sich Staatspräsident Emmanuel Macron zu Wort,
der von der Brandkatastrophe ebenso betroffen war wie die übrigen
Landsleute. Er gelobte ihnen: „Wir werden die Notre-Dame wieder aufbauen,
noch schöner als bisher. Und ich will, dass dies in fünf Jahren vollendet
wird.“
[2][Eine so kurze Zeit für die Wiederherstellung], das klang angesichts der
enormen Schäden fast wahnwitzig. Aber in diesem Fall hat Macron doch einmal
ein Versprechen gehalten: Fünf Jahre nach dem Brand kann die restaurierte
Kathedrale am Samstagabend mit einer religiösen Feier und einer weltlichen
Show mit prominenten Gästen aus aller Welt und Vertretern aller
Konfessionen wieder eröffnet werden.
Etwa 50 Monarchen sowie Staats- und Regierungschefs wollen mit ihrer
Präsenz zeigen, dass auch in ihrem Land die Notre-Dame ein Begriff ist und
wie sehr ihnen am Wiederaufbau gelegen war. Auch Donald Trump, der
eigentlich gar nicht eingeladen war, will dazu nach Paris kommen. Der noch
amtierende US-Präsident Joe Biden lässt sich durch seine Gattin Jill
vertreten.
## Papst Franziskus kommt nicht zur Wiedereröffnung
Entschuldigen ließ sich Papst Franziskus. Der Grund: Er will ja eine Woche
später die französische Mittelmeerinsel Korsika mit einem Besuch beehren.
Doch die Beziehungen zwischen der betont laizistische Staatsführung und der
Kirche sind nicht erst unter Macron gespannt.
So wurde gemunkelt, der Vatikan störe sich an der Art und Weise, wie sich
der französische Präsident ins Rampenlicht stellen und den religiösen
Charakter der Feier mit seiner weltlichen Zeremonie in den Hintergrund
drängen wollte. Franziskus ließ daher zu Beginn der Zeremonie, und vor der
Rede des Präsidenten auf dem Platz vor der Kathedrale, eine Grußbotschaft
verlesen.
Auch für die weltweit übertragene Show am Abend scheinen diverse
international bekanntere Stars abgesagt zu haben. Die Teilnahme von Paul
McCartney wurde zunächst im Fernsehen gemeldet, dann wieder dementiert.
## Wiederaufbau durch Spenden finanziert
Dass die Kathedrale in so kurzer Zeit wiederauferstehen kann, stellt eine
außerordentliche Leistung dar, für die der „Bauherr“ Macron alle
verfügbaren Talente einsetzen konnte. Vielleicht fiel es dem Präsidenten
der Republik etwas leichter, so ehrgeizige Versprechen zu machen, weil es
nicht seine Staatskasse war, die finanziell für die aufwändigen Arbeiten
aufkommen musste, mit denen die Kathedrale „identisch“ wiederhergestellt
werden musste.
Unter dem Eindruck des schrecklichen Brands wollten 340.000 Spender aus der
ganzen Welt mit mehr als 800 Millionen Euro den Wiederaufbau finanzieren.
Zu den Unternehmen, die mitmachen und sich so einen Namen als Mäzene machen
wollten, gehörten namentlich die großen französischen Luxuskonzerne mit
besonders großen Beträgen (mit 200 Millionen im Fall von Bernard Arnault
von der Gruppe LVMH Moët Hennessy – Louis Vuitton SE).
Das Vorhaben stellte eine unglaubliche Herausforderung dar. Zwar blieb ein
wesentlicher Teil der Fassade, vor allem die beiden Glockentürme und das
Hauptportal, erhalten, und auch im Inneren konnte Unersetzbares vor der
totalen Zerstörung gerettet werden: Die Hauptorgel, die meisten Statuen und
die historischen Glasfenster.
Das ganze Ausmaß des Schadens musste zuerst erfasst werden, dazu wurde ein
Roboter mit Kamera eingesetzt. Auch musste die ganze Umgebung auf der Ile
de la Cité und jenseits des Seine-Ufers, die bei dem Brand mit Blei
kontaminiert worden war, vor Beginn der Arbeiten zuerst gereinigt werden.
## Chef des Wiederaufbaus war ein ehemaliger Militär
Danach konnten die Gerüste für den Wiederaufbau des Dachs und für die
Renovierung des Innenraums aufgebaut werden. Als Chef des gigantischen
Unterfangens ernannte Macron den früheren Generalstabschef der Armee,
Jean-Louis Georgelin. Er kommandierte zusammen mit dem Chefarchitekten der
Kirche ein Heer von Ingenieuren, Handwerkern, Stein- und Bildhauern,
Designern und Spezialisten für Licht und Innenausstattung.
Er starb 2023 und erlebte so die Einweihung selber nicht. Es war seinem
Stellvertreter und Nachfolger Philippe Jost überlassen, nun in den ersten
Dezembertagen mit berechtigten Stolz einigen Medien das Ergebnis
vorzuführen: eine wiedergeborene Notre-Dame in neuem Glanz und einem so
hellen Inneren, wie man es seit dem Beginn vor acht Jahrhunderten nicht
mehr gesehen hatte.
Rückblickend sagt er, dass es die wohl schwierigste Aufgabe gewesen sei,
die mehr als tausend Eichen zu finden, um aus neu gefertigten Holzbalken
nach den historischen Plänen den Dachstuhl zu konstruieren: „Das ist
stabil, luftig und altert in bewundernswerter Weise. 800 Jahre hat das
gehalten. Und wir haben das in identischer Weise nachgebaut, weil es so
(wieder) auf lange Zeit halten wird. Der Erfindungsgeist der
Kathedralenbauer war außerordentlich.“
Ab Montag ist nach einer ersten öffentlichen Messe die altehrwürdige, aber
völlig renovierte Notre-Dame wieder zu besichtigen. Und dies übrigens
gratis wie bisher.
7 Dec 2024
## LINKS
[1] /Brand-in-der-Kathedrale-Notre-Dame/!5585294
[2] /Nach-Brand-in-Notre-Dame/!5586980
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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